Derivate

Derivate und der Handel mit ihnen haben sich in den letzten Jahren vor allem in Deutschland und Frankreich etabliert. Doch was genau versteht man darunter und wie wird damit gehandelt?
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Inhaltsverzeichnis

Derivate und ihre Funktionsweise

Der Handel mit Derivaten ist im modernen Finanzwesen wichtiger denn je. In den letzten zehn Jahren verzehnfachte sich der Nominalwert aller ausstehenden außerbörslichen Derivatkontrakte. Die Bedeutung von Derivaten als Finanzinstrument nimmt zu und damit die Frage nach der Definition, dem Nutzen, den Einsatzmöglichkeiten, aber auch den Risiken.

Vorteile von Derivaten:

  • verschiedenste Basiswerte stehen zur Auswahl
  • hohe Gewinne möglich
  • Möglichkeit, auch bei fallenden Kursen zu profitieren
  • auch mit geringem Kapitaleinsatz möglich

Nachteile von Derivaten:

  • schnelllebige Finanzprodukte für erfahrene Trader
  • auch hohe Verluste binnen kurzer Zeit möglich
  • hohes Maß an Arbeitseinsatz und Know-how notwendig
  • anfällig für unvorhersehbare Schwankungen
  • anders als bei Aktien keine Teilhabe am Unternehmen
  • wenig transparent

Schaubild: Derivate im Überblick

Definition: Was sind Derivate?

Unter dem Begriff Derivate versteht man als Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängig ist vom Börsen- und / oder Marktpreis des zugrundeliegenden Underlyings. Im wertpapieraufsichtsrechtlichen Sinne gemäß § 2 II im WpHG (im Vergleich dazu bankaufsichtsrechtliche Aspekte gemäß § 1 XI KWG) handelt es sich um Derivate, wenn der Preis mittelbar oder unmittelbar von folgenden Faktoren abhängig ist:

  • Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren
  • Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten
  • Zinssätzen oder anderen Erträgen
  • Börsen- oder Marktpreis von Waren
  • Preis von Devisen

Das Wort Derivat stammt aus dem Lateinischen, genauer von „derivare“ ab, was zu Deutsch so viel bedeutet wie „ableiten“. Derivate leiten sich also ab – und zwar von einem Basiswert. Dieser Basiswert können Rohstoffe oder Lebensmittel sein, aber auch andere Vermögensgegenstände wie Anleihen oder andere Wertpapiere. Auch für Zinssätze oder Indizes gibt es Derivate. Mit Hilfe des abgeleiteten Papieres kann man auf die Kursentwicklung des zu Grunde liegenden Wertes spekulieren.

Daher wird der Begriff Derivat oftmals als Sammelbegriff für alle möglichen Termingeschäfte verwendet. Man kann Derivate daher auch als eine Art Wette bezeichnen, die darauf ausgelegt ist, den Basiswert in der Zukunft zu steigern. Liegt der Derivaten-Händler mit seiner Wette richtig, winken hohe Gewinne. Wie in der Folge sichtbar wird, bringen Derivatgeschäfte hohe Gewinnchanen, aber auch große Risiken mit sich.

Wofür sind Derivate sinnvoll?

Der Derivatemarkt bietet dem Anleger eine große Vielfalt an Investitionsmöglichkeiten außerhalb des „normalen“ Marktes. Er kann beispielsweise seine positive oder negative Meinung zu einem Underlying vielfältig in ein Investment umsetzen. Durch die Möglichkeit des Kaufs und auch Verkaufs von Calls und Puts, der freien Wahl des Basispreises, der freien Wahl der Laufzeit und der Kombination von mehreren dieser Instrumente ist es dem Anleger möglich, gezielt eine individuelle Strategie und eigenem Risiko zu konstruieren.

Um am Derivatemarkt agieren zu können, muss der Anleger die Termingeschäftsfähigkeit besitzen. Diese entsprechende Voraussetzung gilt für Kaufleute im Sinne des HGB uneingeschränkt als gegeben. Nicht-Kaufleute müssen über ein Informationsblatt zu den Risiken informiert werden und dieses zum Erhalt der Termingeschäftsfähigkeit unterzeichnen.

Welche Derivate gibt es?

Als wichtigste und gebräuchlichste Form von Derivaten sind Zertifikate, Futures, Optionen und Swaps zu nennen. Sie werden an einer der weltweit größten Terminbörsen für Finanzderivate (Eurex) gehandelt.

Die verschiedenen Arten von Derivaten unterscheiden sich je nach Hauptleistungspflicht im Vertrag.

Festgeschäfte

Unter einem  Festgeschäft versteht man eine Variante des Börsentermingeschäfts, welches nicht innerhalb einer bestimmten Frist zu erfüllen ist. Bei dieser Form des Börsengeschäfts wird zu einem beliebigen Börsentag eine bestimmte Zahl an Aktien gekauft oder verkauft. Käufer und Verkäufer stehen hier gleichberechtigt gegenüber. Der beiderseitige Zwang zur Erfüllung macht diese Art von Geschäften besonders risikoreich. Hohen Gewinnmöglichkeiten stehen hohe Verlustpotenziale gegenüber.

Swapgeschäfte

Ein Swap ist ein Sammelbegriff für derivative Finanzinstrumente, deren Ziel ein Austausch von zukünftigen Zahlungsströmen (Cash Flows) ist. Sie gehören zu den außerbörslichen Geschäften, welche es ermöglichen, Zahlungsströme beliebiger Natur zu tauschen und so gezielt finanzielle Risiken in Finanzierung, Bilanz oder Absicherung von Portfolios zu verringern. Zu den häufigsten Swapgeschäften zählen Asset-Swap, Credit Default Swap, Devisenswap, Equity Swap und Währungs- sowie Zinsswap.

Optionsgeschäfte

Ein Optionsgeschäft ist ein bedingtes Termingeschäft, welches dem Käufer einer Option die Möglichkeit gibt, innerhalb einer bestimmten Frist oder eines zukünftigen Zeitraums zu einem vorab festgelegten Kurs Vermögensgegenstände zu verkaufen.

Gängige Derivate im Überblick

Zertifikate

Hierbei handelt es sich um ein relativ neues Finanzprodukt. Beispiele für diese Art von Derivaten sind Indexzertifikate, Discountzertifikate und Aktienanleihen.

Futures

Von Futures spricht man bei börsengehandelten, standardisierten Terminverträgen, bei welchem sich Verkäufer und Käufer vorab auf den Handel eines Basiswerts mit festgelegten Konditionen einigen.

Forwards

Im Grunde sind dies nichts anderes als außerbörslich gehandelte Futures.

Forex

Hierbei handelt es sich um Devisenhandel, bei welchem Derivate genutzt werden, um von Kursschwankungen zu profitieren

Hebel

Hebelprodukte sind Finanzderivate, die überproportional an den Kursschwankungen des Basiswerts orientiert sind. Die Investition erfolgt nicht in den Basiswert, sondern das Derivat als abgeleitetes Papier.

CFDs

CFD steht für Contracts of Difference (zu Deutsch: Differenzkontrakte). Für eine Aktie wird nur ein Bruchteil des tatsächlichen Preises bezahlt, Gewinne können trotzdem vollständig eingestrichen werden. Sie ermöglichen große Spekulationsgewinne mit nur sehr geringen Investitionen.

FRA

Die Forward Rate Agreements und Forward Deposits stehen für außerbörsliche Zinstermingeschäfte.

Exkurs: Unterschied zwischen amerikanischen und europäischen Optionen

Der Unterscheid zwischen amerikanischen und europäischen Optionen ist nicht geographischer, sondern zeitlicher Natur. Eine amerikanische Option kann bis zur Fälligkeit während der gesamten Laufzeit jederzeit ausgeführt werden. Amerikanische Optionen werden auch als American Style bezeichnet. Sie gehören zu den am häufigsten gehandelten Optionen.

Eine europäische Option hingegen kann nur am Verfallstag vor Ablauf der Vertragsfrist ausgeübt werden. Optionen sind im Gegensatz zu anderen Derivaten auch für kleinere, private Investments geeignet. Die unbedingten Termingeschäfte müssen bei Fälligkeit erfüllt werden, wohingegen bei dem bedingten Termingeschäft die Option auf einen Kauf oder Verkauf auch hinfällig werden kann.

Optionen: Bedingte Termingeschäfte

Optionen beinhalten das Recht, per Kauf- oder Verkaufswahlrecht zu entscheiden, ob eine vorher definierte Sache zu einem bestimmten Zeitpunkt realisiert wird oder nicht. Hierbei besteht keine Pflicht zum Kauf oder Verkauf, sondern nur eine Option, die auch verfallen kann. Optionen werden zum Beispiel auf Aktien, Indizes, Währungen oder Rohstoffe gehandelt.

Derivathandel in Deutschland

Derivate können börslich oder außerbörslich gehandelt werden. Werden sie außerbörslich gehandelt, spricht man von OTC-Derivaten (Over the Counter). In Deutschland gibt es zwei Börsenplätze, die sich auf Derivate spezialisiert haben: Stuttgart und Frankfurt.

Überblick über die weltweit größten Derivatbörsen

  • Eurex (Fusion aus SOFFEX und DTB)
  • Chicago Mercantile Exchange (CME)
  • Korea Exchange (KRX)
  • NYSE Liffe
  • Chicago Board of Trade (CBOT)
  • ICE Futures U.S.
  • New York Mercantile Exchange (NYMEX)

Beide deutschen Börsen stehen im direkten Wettbewerb und haben daher ähnliche Konditionen. Anders als bei Aktien ist die Börse Stuttgart im Bereich der Derivate führend.

Das Handelssegment Euwax (European Warrant Exchange) wurde 1999 an der Börse Stuttgart als Plattform für den Handel mit verbrieften Derivaten (Optionsscheine, Zertifikate) eingerichtet. Mit weit über 100.000 gelisteten Zertifikaten und Optionsscheinen ist die Euwax zurzeit das größte europäische Handelssegment für Derivate.

Stärken der Euwax

  • große Anzahl an handelbaren Derivaten
  • viele freiwillige Serviceleistungen für Anleger

Der Emittent, also die Bank, die ein Wertpapier ausgegeben hat, verpflichtet sich gegenüber der Euwax, laufend handelbare An- und Verkaufspreise zu stellen. Beim Handel mit Zertifikaten und Optionsscheinen ist es daher nicht erforderlich, dass Ihnen ein anderer Anleger Wertpapiere verkauft oder abkauft.

Der Emittent tritt als Handelspartner auf und ist verpflichtet, ständig aktuelle Kurse zu stellen. Die Emittenten, die in Stuttgart handeln wollen, verpflichten sich, pro Transaktion ein Mindestvolumen zu stellen, um die Liquidität des Wertpapiers zu garantieren. Dieses Handelsvolumen muss bei Hebelprodukten (Optionsscheine, Hebel-Zertifikate) mindestens 3.000 Euro betragen.

Handel mit Derivaten: Tipps für Einsteiger

Obwohl der Einstieg scheinbar einfach ist, gilt es zu beachten, dass der Unterschied zum Aktienhandel erheblich ist. Anleger sollten Erfahrung mitbringen und die Besonderheiten beim Handel mit Derivaten beachten. Für Anlageprodukte (Strategiezertifikate, Aktienanleihen etc.) gilt sogar ein Mindestvolumen von 10.000 Euro oder mindestens 10.000 Stück des Wertpapiers (der Emittent hat hier das Wahlrecht).

In der Praxis heißt das: Wenn Sie Optionsscheine im Wert von bis zu 3.000 Euro kaufen oder verkaufen möchten, muss der Emittent Ihnen aktuell angemessene Kurse stellen und auch als Handelspartner auftreten. Die Volumina von 3.000 und 10.000 Euro sind nur Mindestbeträge. Die Emittenten können auf freiwilliger Basis deutlich mehr anbieten.

Ausnahmen:

  1. besondere Umstände wie technische Störungen
  2. besondere Marktsituationen (z. B. Terroranschläge)
  3. vorübergehender Ausverkauf der Emission (dann stellt der Emittent nur einen Rückkaufkurs)

An der Euwax gilt das „Best-Price-Prinzip“: Wenn Wertpapiere an einem Referenzmarkt (z. B. Börse Frankfurt) günstiger angeboten werden, dürfen die Wertpapiere in Stuttgart nicht teuer als in Frankfurt gehandelt werden.

Damit Sie kontrollieren können, ob Sie tatsächlich den besten Preis erhalten haben, stellt die Euwax kostenlos ein Archiv mit den Ankaufs- und Verkaufspreisen rückwirkend bis November 1999 zur Verfügung. Die Internet-Adresse hierfür lautet: www.boerse-stuttgart.de. Für alle Streitfälle gibt es an der Stuttgarter Börse eine unabhängige Prüfstelle.

Worauf man als Einsteiger beim Handel mit Derivaten achten sollte

Tipp 1: Nicht jeder Basiswert eignet sich

Märkte, in denen sich regelmäßig Bewegungen abzeichnen (volatile Märkte), eignen sich am besten. So sind als Basiswerte beispielsweise Wirtschaftsgüter wie Öl, Gold und andere Rohstoffe interessant.

Tipp 2: Nie ohne Kenntnis der Basiswerte

Um sich vor Verlusten so gut wie möglich zu schützen, gibt es nur einen Weg: Solide Kenntnis der Basiswerte. Aktienderivate beispielsweise erfordern mindestens so viel Kenntnis über das jeweilige Unternehmen und seine Kennzahlen wie beim traditionellen Handel mit Aktien. Nur, wer den Aktienhandel beherrscht, sollte sich an Derivate wagen. Und das bestenfalls anfänglich nur mit einem Demo-Konto. Denn auch die Terminbörse hat ihre Eigenheiten. Die Eurex etwa funktioniert in vielen Bereichen anders als andere reine Aktienbörsen. Der Unterschied liegt vor allem in der hohen Anforderung an das Verrechnen von Termingeschäften.

Tipp 3: Anfänger sollten nur geringe Summen riskieren

Zum Start sollte man aufgrund der Schnelllebigkeit und dem hohen Risiko nur mit geringen Summen handeln und so herausfinden, ob der Derivatehandel die richtige Option ist.

Tipp 4: Erfahrung, Sachverstand und Arbeitseinsatz

Der besondere Reiz liegt natürlich darin, mit Derivaten zu spekulieren und binnen kürzester Zeit mit geringem Investitionsaufwand hohe Gewinne einzustreichen. Allerdings birgt der Handel mit Derivaten auch Risiken und verlangt einiges an Erfahrung. Mehr noch als bei Aktien erfordern Derivate Übung, Sachverstand und einen kühlen Kopf. Das Universum der Derivate ist äußerst vielfältig und umfasst unter anderem Futures, Optionsscheine, Optionen oder Zertifikate.

Tipp 5: Als Anfänger an der Börse handeln

Derivate können außerbörslich oder an der Börse gehandelt werden. Zahlreiche Online-Broker machen den Zugang zum Derivatehandel leicht. Für ungeübte Privatanleger empfiehlt sich auf jeden Fall zuerst der Weg über die Börse wie etwa die Terminbörse Eurex. Hier ist das Sicherheitsniveau mit standardisierten Produkten und Regeln ungleich höher. Der Grund für diese Entscheidung ist weniger das allgemeine Verlustrisiko, als vielmehr das Kontrahentenrisiko, also die Frage, wer Vertragspartner ist.

Tipp 6: Börsennotierung

Wer beispielsweise mit Aktienderivaten handeln will, sollte unbedingt Folgendes beachten: Nur wenn sie an einer Börse notiert sind, können sie auch jederzeit garantiert wiederverkauft werden. Darüber hinaus gewinnt man als Spekulant nur, wenn sich der Kurs deutlich in die gewünschte Richtung entwickelt hat. Die Wahrscheinlichkeit beträgt eins zu drei: Entweder der Kurs fällt oder er steigt oder er bleibt gleich. Die Gewinnchancen sind genauso hoch wie die Verluste.

Tipp 7: Clearingstelle garantiert Vertragserfüllung

Werden Derivate an einer Börse gehandelt, steht deren Clearingstelle für die Bonität ein und haftet als koordinierender Vertragspartner für die Vertragserfüllung beider Seiten. Das bedeutet auch, dass der Anleger bei Bedarf Kapital nachschießen muss. Das allerdings ist nicht einheitlich. Es gibt Derivate mit und ohne Nachschusspflicht. Notfalls wird die Position glattgestellt. Der Einsatz ist verloren.

Tipp 8: Üben, üben, üben…

Einsteiger sollten daher zunächst auf einem Testkonto bei einem Online-Broker üben, bevor sie sich an den Finanzinstrumenten der Derivate die Finger verbrennen und hohe Verluste einstreichen.

Beispiel für das Trading mit Derivaten

DTB / EUREX

An der DTB, die 1998 mit der schweizerischen SOFFEX zur Eurex wurde, gibt es beispielsweise Calls und Puts auf die Dax30-Titel, die MDax-Titel, den Dax-Index, den MDax-Index, dem Bundfuture, auf verschiedene Zinsfutures, auf den EURO-STOXX50, auf Aktien des EURO-STOXX50 und dem SMI. Anleger haben hier die Möglichkeit, sich mit derivativen Instrumenten abzusichern oder individuelle spekulative Anlagestrategien zu konstruieren.

Kauf Put Dax 6700 Dezember 2012

Der Investor kauft einen Put auf den Dax-Index mit der Basis 6.700. Er will sich damit gegen fallende Kurse absichern. Entweder er sichert damit seine bestehenden Aktienpositionen ab oder er spekuliert auf fallende Kurse. Preis zurzeit etwa 520 Euro. Der Investor kann also sicher sein, dass er bei einem Crash ab Daxstand 6180 Euro am 21.12.2012 einen Profit macht. Wenn er nur eine spezielle Aktie absichern will, so bietet der Derivatemarkt auch Instrumente für eine einzelne Aktie. Im Grunde genommen stehen Absicherung und Spekulation im Vordergrund des Derivatemarktes.

Risiken beim Handeln mit Derivaten

Der weitgehend ungeregelte Markt des Handels mit Derivaten hat beträchtliche Ausmaße. Sein Volumen wird laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Juni 2019 auf rund 640 Billionen US-Dollar geschätzt. Das ist ein Vielfaches der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung aller Staaten der Welt. Seit 1998 hat sich das Volumen des außerbörslichen Derivatemarktes damit verzehnfacht: Er ist das dynamischste Wachstumssegment an den globalen Finanzmärkten.

Zugleich schlummern im Derivatemarkt aber auch ebenso mächtige Risiken für das globale Finanzsystem, wie die Krise nach 2008 zeigte. Dabei liegt das Problem dieses Marktes wohl weniger in seinem Volumen als darin, dass er weitgehend unreguliert abläuft. Allerdings lässt sich nicht pauschal sagen, dass Derivate per se riskanter sind als Kassageschäfte.

Risiko 1: Intransparenz

Während die Preise am Kassamarkt, also beim direkten Handel mit Basiswerten aller Art, durch Angebot und Nachfrage zu Stande kommen, ist die Preisbildung bei Derivaten weniger transparent. Dies gilt insbesondere aus der Sicht von Klein- und Privatanlegern. Denn neben dem Preis des Basiswertes spielen bei Derivaten auch andere Faktoren wie beispielsweise etwa die Restlaufzeit eine Rolle.

Risiko 2: Rechtliche Risiken wie das Kreditrisiko

Besonders bei Derivaten gilt es, das Kleingedruckte zu beachten. Denn es kann durchaus sein, dass bei Fälligkeit eines Derivats noch über das investierte Geld hinaus Zahlungen fällig werden. Dies bedeutet, dass Anleger sogar damit rechnen müssen, einen Verlust über das anfänglich investierte Kapital hinnehmen zu müssen.

Risiko 3: Insolvenz des Brokers

Die Brokerinsolvenz ist ein Fall, der zwar selten auftreten mag, um den man aber wissen muss, wenn man mit Derivaten handelt. Denn Einlagen bei Brokern sind in der Regel nur bis zu einem bestimmten Betrag abgesichert. Wenn der Broker Insolvenz anmelden muss, müssen Privatanleger im Zweifel herbe Verluste hinnehmen. Das war etwa bei der Pleite des US-amerikanischen Brokers Refco der Fall. Teilweise sind die dort eingelegten Gelder heute noch eingefroren. Dagegen helfen abgesicherte Konten. Dafür allerdings sind in der Regel Mindesteinlagen erforderlich. In den USA betragen die 25.000 Euro.

Risiko 4: Hebelwirkung

Die Hebelwirkung, welche dafür sorgt, dass mit geringem Einsatz auch hohe Gewinne erzielt werden können, birgt allerdings auch Risiken. So gilt hier natürlicherweise auch das Gegenteil. Der Hebel lässt den Anleger auch überproportional an Kursverlusten des Basiswerts teilhaben. Das kann zu einem Totalverlust (teilweise über das Investment) führen.

Absichern oder riskieren mit Derivaten

Derivate sind also Finanzinstrumente oder Verträge, deren eigener Wert sich stark an künftigen Kursen und Preisen anderer Handelsgüter und Investments orientiert. Sie können auch abhängig von Ereignissen wie einem Staatsbankrott oder einer Firmeninsolvenz sein. Oftmals werden Derivate auch als Finanztermingeschäfte bezeichnet. Sie sind in der Lage, Preisschwankungen der Anlagenobjekte zu erfassen und dann darauf zu reagieren. Deswegen kann man sie zum Absichern bestimmter Positionen einsetzen, man kann sich mit ihnen also gegen Wertverluste schützen.

Zum Anderen aber dienen sie der Spekulation auf Kursveränderungen des Basiswerts. Zu den häufigsten anzutreffenden Derivaten zählen Zertifikate, Optionen, Futures und Swaps. Mit Derivaten lassen sich also Entwicklungen zigfach überzeichnen. Mit kleinem Einsatz kann ein Investor daher riesige Gewinne oder enorme Verluste machen.

Derivate zur Absicherung

Derivate können dazu verwendet werden, sich gegen die Entwicklung des ihnen zu Grunde liegenden Basiswertes abzusichern. Das können beispielsweise unvorhersehbare Preisentwicklungen bei Rohstoffen sein. Das ist sinnvoll, wenn man von der Entwicklung eines solchen Rohstoffes abhängig ist. Früher dienten Termingeschäfte etwa Produzenten dazu, sich unabhängig von den Schwankungen der Rohstoffpreise am Weltmarkt zu machen. So konnten Bauern etwa ihre Ernte zu einem vorher festgelegten Preis absichern. Auch Fluggesellschaften können sich mit Derivaten auf Kerosin gegen Preisanstiege von Öl absichern.

Beispiel Erdölunternehmen



Ein Erdölunternehmen möchte sich gegen sinkende Erdölpreise absichern, um sich in diesem Fall gegen die zu erwartenden Umsatzrückgänge abzusichern. Es verkauft aus diesem Grund auf Termin eine bestimmte Menge an Öl zu einem festgelegten Preis. Fällt der Ölpreis, kann das Unternehmen dennoch zum vorher festgelegten Preis verkaufen. Das Unternehmen macht durch das Termingeschäft einen Gewinn. Würde der Ölpreis steigen, würde der Verkauf einen Verlust einstreichen. Allerdings erhält das Unternehmen durch das Termingeschäft eine gewisse Sicherheit.

Derivate zur Spekulation

Andererseits kann man Derivate auch dazu verwenden, auf die Entwicklung von Preisen zu spekulieren und dabei beträchtliche Gewinne oder Verluste realisieren. Denn Derivaten wohnt aufgrund ihrer Konstruktion ein Hebeleffekt inne. Dieser bewirkt, dass Derivate sich im Vergleich zu ihrem Basiswert überproportional entwickeln.

Sie können sich auch auf mögliche zukünftige Ereignisse beziehen, etwa den Fall eines Staatsbankrotts oder der Insolvenz eines Unternehmens. Und schließlich gibt es auch noch Derivate, die ihrerseits von Derivaten abgeleitet sind.

Kreditausfallsswaps: Unbedingte Termingeschäfte

Sie stellen eine vertragliche Vereinbarung zweier Vertragspartner über den Tausch von Zahlungsströmen dar. Da es sich hierbei um sehr große Zahlungsströme handelt, ist diese Kategorie für private Investoren meist eher nicht geeignet. Unter einem Credit Default Swap (zu Deutsch „Kreditausfall-Swap“) versteht man ein Kreditderivat, das den Handel mit Ausfallrisiken von Krediten oder Anleihen ermöglicht. Die beiden Vertragspartner einigen sich auf einen Referenzschuldner als Basiswert. Hierzu eignen sich große Gesellschaften. Eine Vertragspartei, der Sicherungsnehmer, zahlt dem Sicherungsgeber eine Anfangs- sowie eine fortlaufende Prämie.

Der Sicherungsgeber garantiert dafür eine Ausgleichszahlung sobald der Referenzschuldner ausfällt, zum Beispiel durch Insolvenz oder Nichtzahlung. Der Unterschied zu einer gängigen Kreditversicherung besteht in der Tatsache, dass die Ausgleichszahlung unabhängig vom Schaden ausgezahlt wird. Zudem muss kein Vertragspartner das Kreditpapier wirklich besitzen und kann sich jederzeit von ihr lossagen. Dies macht ein CDS so risikoanfällig.

Risiken des CDS-Marktes

Die Gefahr des CDS-Marktes liegt in seiner Verselbstständigung und Entfernung von seinen ursprünglichen Zielen. Banken bedienen sich dieser Art von Derivaten, um mit ihnen auf steigende und fallende Kurse zu spekulieren. Zudem wird auch auf die Entwicklung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen oder auf Markttrends gewettet.

CDS sind grenzenlos verfügbar, jedoch stehen ihnen keine Realwerte gegenüber. Die Spekulation auf Kreditausfälle übersteigt deutlich das tatsächliche Risiko. Hinzu kommt die nicht gegebene Transparenz der Banken, die im Geheimen den Handel mit CDS-Derivaten vorantreiben.

Fazit

Der Nutzen von Derivaten liegt in der Absicherung, der Spekulation und der Arbitrage. Eine Absicherung gegen einen Preisverfall ist zum Beispiel mittels einer Option möglich. Auch können Kalkulationen erleichtert werden, indem Verkaufspreise von Gütern im Vorhinein festgelegt werden. Auch Spekulationen auf Änderungen beim Basispreis sind durchführbar. Bei Arbitrage-Gewinnen werden Preisunterscheide ausgenutzt. Trotz aller positiven Aspekte sind die Risiken von Derivaten nicht zu unterschätzen. Für Anleger ergibt sich die Schwierigkeit der Transparenz bei der Preisbildung. Zudem unterliegen auch die Preise von Derivaten Schwankungen und Unsicherheiten.