Aktien vererben: So funktioniert das Übertragen von Wertpapieren im Todesfall
Was passiert mit Geldanlagen im Todesfall? Diese Frage stellen sich in Deutschland unter anderem über zwölf Millionen Anleger, die Wertpapiere wie Aktien, ETFs und Fonds besitzen. Wer seine Wertpapiere später vererben möchte, sollte sich vorab über einige Aspekte informieren.
In unserem Beitrag erfahren Sie, wer ein Depot erbt und was mit den Wertpapieren passiert. Wir gehen ferner darauf ein, wie vererbte Aktien versteuert werden, wie hoch die Erbschaftsteuer ausfällt und zu welchem Stichtag die Bewertung des Depots erfolgt. Zudem nennen wir die Besonderheiten einer Erbengemeinschaft und beantworten die Frage, wie Erben ihre Stellung belegen können.
Was passiert mit einem Depot, wenn man stirbt?
Wenn die depotführende Bank vom Tod eines Depotinhabers erfährt, wird der Bestand (Wertpapiere) in der Regel im ersten Schritt gesperrt. Das soll vor unberechtigten Verfügungen schützen, bis zum Beispiel die Erbberechtigten bekannt sind. Darüber hinaus sendet das Kreditinstitut eine Meldung an das Finanzamt, da grundsätzlich auch beim Vererben eines Depots Erbschaftssteuer anfallen kann.
Fernab dieser Formalitäten gehen die im Depot verwahrten Wertpapiere im Zuge der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge an die Erben über. Das gilt für den Fall, dass keine abweichenden Regelungen in einem Testament getroffen wurden. Anschließend können die Erben entscheiden, wie sie weiter mit dem Depot vorgehen möchten.
Wer erbt ein Depot?
Wer ein Depot erbt, hängt von den Verfügungen des Erblassers über den Nachlass ab. In der Praxis gibt es in aller Regel folgende Optionen:
- Person erbt aufgrund testamentarischer Verfügung
- Es gilt die gesetzliche Erbfolge
- Alleinerbe
- Erbengemeinschaft
Gibt es einen Alleinerben, zum Beispiel aufgrund der gesetzlichen Erbfolge, darf dieser eigenständig festlegen, was mit dem Depot passieren soll. Er kann die Wertpapieren im Bestand halten oder sie veräußern. Existieren mehrere Erben, findet in aller Regel die Verwaltung des Vermögens durch eine Erbengemeinschaft statt. Nach dem Todesfall müssen sich die Erben einigen, wie mit den Aktien, Fonds oder anderen Wertpapieren im Wertpapierdepot verfahren wird.
Sind geerbte Aktien steuerfrei?
Wenn Sie Aktien erben, müssen Sie diese grundsätzlich im Rahmen der Erbschaftsteuer versteuern. Steuerfrei sind die Wertpapiere also nicht. Allerdings dürfen Sie Ihren persönlichen Steuerfreibetrag nutzen, der Ihnen im Rahmen der Erbschaftsteuer zusteht. Der Freibetrag kann dazu führen, dass effektiv keine Steuer für die geerbten Aktien zu zahlen ist.
Wie werden vererbte Aktien versteuert?
Wie ein Erbe in Form von einem Depot mit Aktien und anderen Wertpapieren versteuert wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Vor allem bei größeren Vermögenswerten im Aktiendepot findet häufiger eine Doppelbesteuerung statt. Zum einen greift die Erbschaftsteuer, zum anderen müssen ebenso aus dem Verkauf resultierende Kursgewinne im Rahmen der Abgeltungssteuer versteuert werden.
Bei den Steuern wird nicht differenziert, ob es sich um Aktien, Anleihen, Fonds oder sonstige Wertpapiere handelt, die im Wertpapierdepot des Erblassers verwahrt werden. Insofern kann es bei einem Aktiendepot als Nachlass zu folgender Besteuerung kommen:
- Erbschaftssteuer (Höhe je nach Gegenwert und Steuerklasse)
- Abgeltungssteuer (25 Prozent plus eventuell Kirchensteuer und Soli)
Wie hoch ist die Erbschaftsteuer bei Aktien?
Wie hoch die Erbschaftssteuer für die Erben bei Aktien und anderen Wertpapieren im Depot des Erblassers ausfällt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst wird differenziert, in welcher Steuerklasse sich die Erben befinden. Das sind im Überblick in erster Linie:
- Steuerklasse I: Ehepartner und eingetragene Lebenspartner, Kinder und Stiefkinder
- Steuerklasse II: Geschwister, Kinder der Geschwister (Neffen, Nichten), Stiefeltern, Schwiegereltern und Schwiegerkinder
- Steuerklasse III: Onkel, Tante, Cousin und Cousine sowie alle anderen Erben
Neben der Steuerklasse spielt ebenfalls der Wert des Erbes eine Rolle, also zum Beispiel der Kurswert der Aktien im Depot. Dort wird nach dem vererbten Vermögen differenziert. Beläuft sich dieses zum Beispiel auf 250.000 Euro und ist der Erbe in Steuerklasse I eingruppiert, läge der Steuersatz bei 11 Prozent. Dabei ist zu beachten, dass den Erben ein persönlicher Steuerfreibetrag zusteht. Dieser reicht von 500.000 Euro für Ehepartner bis 20.000 Euro für entfernte Erben oder Nicht-Verwandte.
Beispiel zur Höhe der Erbschaftssteuer
Lassen Sie uns an einem Beispiel verdeutlichen, wie hoch die Erbschaftssteuer ausfallen kann. Dazu nehmen wir an, dass der Sohn des Erblassers Alleinerbe ist, da er seine Mutter vor einigen Jahren bei einem Autounfall verloren hat. Die Aktien im Wertpapierdepot des Erblassers haben einen Gegenwert von 580.000 Euro. Der Sohn wird der Steuerklasse I zugeordnet und bei diesem Vermögen gilt ein Steuersatz von 15 %. Somit fällt die zu zahlende Erbschaftssteuer wie folgt aus:
- Gegenwert der vererbten Aktien: 580.000 Euro
- Persönlicher Freibetrag des Sohnes: 400.000 Euro
- Zu versteuernder Erbteil: 180.000 Euro
- Steuersatz: 15 Prozent
- Erbschaftssteuer: 27.000 Euro
Wann wird die Bewertung eines Wertpapierdepots vorgenommen?
Da der Gegenwert der vererbten Wertpapiere auch für die Höhe der Erbschaftsteuer von großer Bedeutung ist, gibt es im Hinblick auf den Zeitpunkt feste Vorgaben. Nach Paragraph 11 ErbStG (Erbschaftssteuergesetz) ist für die Ermittlung des Wertes der Aktien und sonstiger Wertpapiere der Zeitpunkt des Todes des Erblassers entscheidend. Es wird dementsprechend in der Regel der Wert des Depots am Todestag herangezogen.
In der Praxis kommt es allerdings häufiger vor, dass die Banken dem Finanzamt den Kurs der Wertpapiere mitteilen, wie er am Tag vor dem Tod des Erblassers gewesen ist. An der Stelle kann es für Erben sinnvoll sein, zu überprüfen, ob der Kurs der Aktien eventuell am Tag des Todes niedriger notierte. Das wäre ein finanzieller Vorteil, weil die Erbschaftssteuer in dem Fall geringer ausfallen würde.
Wie kann ich meine Stellung als Erbe belegen?
Damit Erben über das Depot des Erblassers Verfügungen vornehmen dürfen, müssen sie sich zwingend gegenüber der depotführenden Bank legitimieren. Es geht um den Nachweis, dass die entsprechende Person Anspruch auf die Wertpapiere im Depot des Erblassers hat. In der Regel kann die Stellung als Erbe mit folgenden Dokumenten belegt werden:
- Erbschein
- Notariell eröffnetes Testament
- Notariell beglaubigter Erbvertrag
Bei der Vorlage eines Erbvertrages kann es allerdings unter Umständen Probleme geben, da die Bank nicht ausschließen kann, dass nicht anschließend ein abweichendes Testament verfasst wurde. Daher sind es vor allen Dingen der Erbschein und ein vom Notar eröffnetes Testament, die als Dokumente die einfachste Form des Nachweises der Erbberechtigung darstellen.
Was sind die Besonderheiten einer Erbengemeinschaft?
Immer dann, wenn mehr als eine Person erbt, bildet sich eine Erbengemeinschaft. Das gilt ebenfalls für ein vererbtes Wertpapierdepot, sodass dieses in der Praxis auf die Erbengemeinschaft umgeschrieben wird. Die Besonderheit besteht darin, dass Verfügungen vom Depot ausschließlich dann zulässig sind, wenn sämtliche Erben als Teil der Erbengemeinschaft zustimmen.
Exkurs: Wie kann ich meine Aktien vererben?
Aktien und andere Wertpapiere zählen wie alle Vermögenswerte im Todesfall zum Nachlass des Erblassers. Wenn Sie also Ihre Wertpapiere vererben möchten, können Sie entweder die gesetzliche Erbfolge wirken lassen oder ein abweichendes Testament verfassen. Dort führen Sie auf, wer zum Beispiel das gesamte Depot oder bestimmte Wertpapiere erben soll.
Hilfreich ist es, wenn Sie bereits zu Lebzeiten für den Erbfall eindeutige Regelungen treffen. Ansonsten ist meistens die Handlungsfähigkeit der Erben im Hinblick auf das Aktiendepot sehr eingeschränkt. Eine solche Regelung enthält entweder das Testament oder eine Vollmacht für das Wertpapierdepot, die über den Tod hinaus gilt.
Steueroptimierung beim Vererben eines Aktiendepots
Da es beim Vererben von Aktien und anderen Wertpapieren oft um größere Vermögen geht, sollte sich der Erblasser im Sinne seiner späteren Erben Gedanken um eine mögliche Steueroptimierung machen. Das gilt sowohl für die Erbschaftssteuer als auch für eine eventuell ebenfalls zu zahlende Abgeltungssteuer. Für Käufe von Wertpapieren, die vor 2009 erfolgten, sind die entstandenen Kursgewinne für die Erben im Rahmen der Abgeltungssteuer nicht steuerpflichtig.
Eine beliebte Möglichkeit der Steueroptimierung und gleichzeitige Alternative zum Vererben sind Schenkungen zu Lebzeiten. Selbstverständlich haben spätere Erblasser das Recht, auch Aktien, Anleihen oder Fonds zu Lebzeiten an beliebige Personen zu verschenken. Zwar fällt in diesem Fall die Schenkungssteuer an, die ähnlich wie die Erbschaftssteuer ausfällt.
Der Vorteil ist allerdings, dass die den Beschenkten zustehenden Freibeträge alle zehn Jahre erneut ausgeschöpft werden können. Daher kann die mehrfache Schenkung zu Lebzeiten vor allem bei sehr großen Wertpapiervermögen zum Steuern sparen beitragen, falls der persönliche Erbschaftssteuerfreibetrag später seitens der Erben nicht ausreichen würde.