Unterschiede zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien
Viele Anleger wissen nicht, dass es zwei unterschiedliche Formen von Aktien gibt, nämlich einerseits Stammaktien und zum anderen Vorzugsaktien. Doch was versteht man unter diesen Aktienarten und worin unterscheiden sie sich? Der folgende Beitrag erklärt, welche Merkmale die jeweilige Aktienart aufweist und welche Unterschiede zwischen den Vorzugs- und den Stammaktien bestehen.
Was sind Stammaktien?
Stammaktien sind Aktien, die dem jeweiligen Aktionär die herkömmlichen Aktionärsrechte einräumt und somit ein Miteigentumsrecht an der jeweiligen Aktiengesellschaft verbrieft. Charakteristisch für Stammaktien sind die folgenden zwei Aktionärsrechte:
- Stimmrecht auf der Hauptversammlung und
- Beteiligung an einer Dividendenausschüttung/ Dividendenzahlung.
Welche Rechte inkludieren Stammaktien?
Stammaktien beinhalten immer ein Stimmrecht, das der jeweilige Aktionär auf der jährlich stattfindenden Hauptversammlung ausüben kann. Hierbei gilt gemäß Aktiengesetz (AktG): Pro Aktie gibt es eine Stimme. Sogenannte Mehrstimmrechte, welche in anderen Staaten teilweise möglich sind, sind nach dem deutschen Aktiengesetz (AktG) verboten.
Ebenfalls im AktG die ist das zweite Hauptrecht aller Stammaktionäre festgehalten, nämlich dass diese an einer stattfindenden Dividendenzahlung beteiligt werden.
Welche Arten von Stammaktien werden unterschieden?
Was die Ausgabe von Stammaktien angeht, so kann diese in unterschiedlichen Arten im Hinblick auf die Eigenschaft der Aktie erfolgen, nämlich:
- Stückaktien: Aktien, bei denen – innerhalb der Satzung der Aktiengesellschaft – festgelegt ist, welchen Anteil diese auf Grundlage des Grundkapitals an dem Unternehmen darstellen. Der Anteil der jeweiligen Aktie ist dabei stets gleich.
- Nennwertaktien: Aktien, bei denen jedes Wertpapier einen fest zugeordneten Nennwert hat, der gleichzeitig die Beteiligung bzw. den Anteil am Grundkapital widerspiegelt.
Stammaktien lassen sich ebenfalls nach ihrer Übertragbarkeit in verschiedene Gruppen einteilen.
- Inhaberaktien: Bei Inhaberaktien ist jeder Inhaber der Aktie dazu berechtigt, die entsprechenden Aktionärsrechte auszuüben, wie eben das Stimmrecht auf der Hauptversammlung.
- Namensaktien: Bei Namensaktien hingegen findet ein Eintrag des Aktionärs ins Aktionärsregister statt, eben mit dessen Namen und Anschrift. Das wiederum führt dazu, dass bei einem Verkauf der Aktien der neue Eigentümer wiederum ins Aktionärsregister eingetragen werden muss, damit er seine Rechte wahrnehmen kann.
Was sind Vorzugsaktien?
Vorzugsaktien sind grundsätzlich Aktien, die kein Stimmrecht bei der Hauptversammlung verbriefen. Der Anleger kann also weder an der Aktionärsversammlung teilnehmen, noch hat der Vorzugsaktionär das Recht, durch seine Stimme Entscheidungen des Unternehmens bzw. der Aktiengesellschaft zu beeinflussen.
Da natürlich kein Aktionär eine Vorzugsaktie kaufen würde, wenn er durch das nicht vorhandene Stimmrecht ausschließlich Nachteile hat, gibt es eine zweite, ebenfalls wesentliche Eigenschaft bei Vorzugsaktien: Die Vorzugsaktionäre erhalten eine höhere Dividende als Anleger, die sich für die Stammaktien entscheiden.
Was sind die Vor- und Nachteile von Stammaktien?
Bevor Sie sich für den Kauf von Stammaktien entscheiden, sollten Sie einen Blick auf die Vor- und Nachteile – insbesondere im Vergleich zu Vorzugsaktien – werfen. Deshalb möchten wir gerne im Folgenden die wichtigsten Vor- und Nachteile nennen, die im Zusammenhang mit Stammaktien von Interesse sind.
Was sind die Vorteile von Stammaktien für Anleger?
- Sie haben je Aktie ein Stimmrecht auf der Hauptversammlung
- Sie können relevante Entscheidungen selbst durch Ihr Stimmrecht beeinflussen
- Stammaktien sind öfter in größeren Indizes vertreten und sind somit häufiger Ziel institutioneller Investoren
- Dividendenrendite lässt sich leicht kalkulieren, denn es gibt je Stammaktien eine Dividende
Was sind die Nachteile von Stammaktien für Aktionäre?
- Tatsächliche Beeinflussung der Entscheidungen seitens der AG ohnehin nur bei sehr vielen Stammaktien möglich
- Geringere Dividendenrendite als bei Vorzugsaktien
Was sind die Vor- und Nachteile von Vorzugsaktien?
Auch für die Vorzugsaktien möchten wir Ihnen gerne die wichtigsten Vor- und Nachteile nennen, die Sie beim Erwerb dieser Aktiengattung kennen sollten.
Was sind die Vorteile von Vorzugsaktien für Aktionäre?
- Höhere Dividende als bei Stammaktien
- Oft enthalten Vorzugsaktien eine garantierte Dividende auch bei Verlust des Unternehmens
- Bevorzugte Behandlung bei Auflösung der Aktiengesellschaft
Was sind die Nachteile von Vorzugsaktien für Anleger?
- Kein Stimmrecht auf den Aktionärsversammlungen
- Keine Beeinflussung der Entscheidungen seitens der Aktiengesellschaft möglich
- Vorzugsaktien können in Stammaktien umgewandelt werden, was dann ein Totalverlustrisiko bei Insolvenz des Unternehmens beinhaltet
Was sind die Unterschiede zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien?
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Stamm- und Vorzugsaktien werden in der folgenden Tabelle noch einmal übersichtlich dargestellt:
Eigenschaft | Stammaktien | Vorzugsaktien |
Stimmrecht | Ja | Nein |
Dividenden | Ja, laut Beschluss der Hauptversammlung | Höhere Dividende |
Übertragung | Je nach Art der Aktie | Je nach Art der Aktie |
Hauptvorteil | Stimmrecht | Höhere Dividende |
Hauptnachteil | Normale Dividende | Kein Stimmrecht |
Geeignet für Anleger, die | bei der Aktiengesellschaft mitwirken wollen | ertragsorientiert handeln |
Können Vorzugsaktien in Stammaktien umgewandelt werden?
Die Aktiengesellschaft hat die Möglichkeit, ausgegebenen Vorzugsaktien jederzeit in Stammaktien umwandeln zu lassen. Dazu ist allerdings sowohl ein Beschluss des Vorstandes als auch des Aufsichtsrates notwendig. Darüber hinaus ist es nach dem Aktiengesetz (AktG) vorgeschrieben, dass ferner die Vorzugsaktionäre mehrheitlich dieser Umwandlung zustimmen müssen.
Wann sollten Anleger in Stammaktien oder Vorzugsaktien investieren?
Wann Anleger in Stammaktion und wann in Vorzugsaktien investieren sollten, lässt sich nicht pauschal für alle Anleger und Aktionäre beantworten. Ob sich Stammaktien oder Vorzugsaktien besser eignen, hängt im Wesentlichen von der Anlagestrategie und den Anlagezielen ab.
Wann sollten Anleger Stammaktien kaufen?
Stammaktien sollten Anleger kaufen, wenn sie tatsächlich an einer Hauptversammlung teilnehmen und dort ihr Stimmrecht ausüben möchten. Stammaktien sind daher für Anleger unverzichtbar, die tatsächlich einen gewissen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens nehmen möchten – was ausschließlich durch ein Stimmrecht möglich ist. Da Vorzugsaktien kein Stimmrecht enthalten, wären diese in diesem Fall für Sie nicht die richtige Wahl.
Ebenfalls interessant sind Stammaktien unter der Voraussetzung, dass eine eventuelle Übernahme der Aktiengesellschaft ansteht. In solchen Fällen erwerben die teilnehmenden Unternehmen nämlich in aller Regel vor allem Stammaktien und weniger Vorzugsaktien, sodass die Chance auf Kurssteigerungen bei Stammaktien entsprechend erhöht ist. Eine solche Überlegung macht natürlich nur bei sogenannten Übernahmekandidaten Sinn, wenn Anleger entsprechend auf Kursgewinne spekulieren.
Wann sollten Anleger Vorzugsaktien kaufen?
Vorzugsaktien sollten Anleger kaufen, die vorrangig auf eine möglichst hohe Dividende als Ertrag setzen. Da die Vorzugsaktien gegenüber den Stammaktien mit einer höheren Dividende versehen sind, sind Vorzugsaktien deshalb für Aktionäre sehr gut geeignet, die sich auf Dividendentitel konzentrieren.
Doch auch nach einer Firmenübernahme beziehungsweise in der Endphase einer Firmenübernahme können Vorzugsaktien interessant sein – und zwar, wenn der neue Mehrheitsaktionär mindestens 95 Prozent der Stammaktien des Unternehmens besitzt. In diesem Fall versucht die übernehmende Firma, die restlichen Aktionäre zum Verkauf zu bewegen, indem ein besonders guter Preis geboten wird. Dabei gilt die Regel, dass dieser angebotene Preis bei Vorzugsaktien nicht geringer als bei Stammaktien sein darf.
Ein weiteres Entscheidungskriterium für Vorzugs- oder Stammaktien kann ebenfalls darin bestehen, dass eine Aktiengesellschaft entweder nur mit Stamm- oder nur mit Vorzugsaktien in einem Aktienindex (z.B. im DAX) vertreten ist. Da die Aktien aus einem großen Index wie dem DAX vor allem von institutionellen Investoren bevorzugt gekauft werden, sollten Sie vor diesem Hintergrund die Aktiengattung wählen, die seitens des Unternehmens im entsprechenden Leitindex vertreten ist.
Gibt es Unterschiede zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien bei den Chancen und Risiken?
Größere Unterschiede im Hinblick auf Chancen und Risiken gibt es zwischen Stamm- und Vorzugsaktien nicht. Bei beiden Varianten erhalten Sie den gleichen Eigentumsanteil am jeweiligen Unternehmen. Zudem entstehen die Kurse sowohl bei den Stamm- als auch den Vorzugsaktien auf Grundlage von Angebot und Nachfrage.
Manchmal weichen die Kurse einer Aktiengesellschaft, die sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien rausgibt, jedoch auch voneinander ab. Dies erscheint zunächst unlogisch, da Stamm- und Vorzugsaktien die gleichen Eigentumsrechte an der AG verbriefen.
Ein typisches Beispiel sind in dem Zusammenhang die Aktien der Volkswagen AG, die es sowohl als Stamm- als auch als Vorzugsaktien gibt. Die Kurse am 12. Juli 2022 sehen wie folgt aus:
- VW Stammaktien: 178,85 Euro
- VW Vorzugsaktien: 126,88 Euro
Der Unterschied beträgt über 50 Euro. Zu erklären ist das ausschließlich aufgrund eines unterschiedlichen Angebotes im Zusammenhang mit der Nachfrage. Warum in dem Fall die Stammaktien deutlich höher als die Vorzugsaktien bewertet werden, lässt sich prinzipiell nicht erklären.
Die grundsätzliche Gefahr von Verlusten ist davon allerdings unberührt. Wenn die AG im schlimmsten Fall insolvent wird, haben Stammaktionäre die gleichen Risiken und müssen Kursverluste hinzunehmen, wie es bei den Vorzugsaktionären der Fall ist.
Welche Unternehmen bieten Stammaktien und Vorzugsaktien an?
Es gibt in Deutschland eine Reihe von Unternehmen, die beide Aktienarten, sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien ausgegeben haben. Die bekanntesten Beispiele sind einige Aktiengesellschaften, die sich im DAX befinden, nämlich:
- BMW
- Metro
- RWE
- Volkswagen
Werden Vorzugs- oder Stammaktien häufiger herausgegeben?
In den meisten Fällen geben Aktiengesellschaften Stammaktien aus, wenn sie sich für die Emission von Aktien und Wertpapieren entscheiden. Vorzugsaktien sind gegenüber den Stammaktien also noch in der Minderheit. Trotzdem entscheiden sich immer mehr Unternehmen dafür, – meistens neben den Stammaktien – zusätzlich Vorzugsaktien an den Markt zu geben.
Warum geben Aktiengesellschaften Vorzugsaktien heraus?
Aktiengesellschaften geben Vorzugsaktien heraus, da auf diese Weise leicht frisches Kapital besorgt werden kann, ohne dass noch mehr Aktionäre ein entsprechendes Stimmrecht erhalten.
Zu beachten ist für die Aktiengesellschaften allerdings, dass maximal 50 Prozent aller Aktien, die bisher emittiert wurden, Vorzugsaktien sein dürfen.