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Overweight: So lesen Sie Aktienempfehlungen richtig

Inhaltsverzeichnis

In der Finanzwelt geben Analysten und Banken den Ton an, und das ist wörtlich gemeint. Hier herrschen ganz eigene Sprachgewohnheiten, etwa wenn es um die Einschätzung von Aktien geht. Deutsche wechseln sich mit englischen Begriffen ab – Overweight-Aktien sind ein typisches Beispiel.

Overweight: Aktien mit Übergewicht?

Die Botschaft bei Overweight: Aktien übergewichten! Die Bewertung: Das Papier entwickelt sich besser als der Markt. So jedenfalls hält es die Investmentbank Morgan Stanley, seitdem sie ihr Bewertungssystem von vier auf drei Einstufungen reduziert hat.

Die anderen sind Equal-weight, was eine gleichlaufende Entwicklung mit dem Markt bedeutet und dann Underweight. Das heißt: Untergewichten, die Aktie entwickelt sich schlechter als der Markt. Eine ähnliche Einstufung findet sich beispielsweise bei der HSBC-Bank. Auch hier gibt es Overweight genauso wie Underweight. Dazwischen allerdings wird von Neutral gesprochen, was jedoch aufs Gleiche hinausläuft.

Die Frage, warum gerade das englische Wort Overweight verwendet wird, erklärt sich zum einen mit der ohnehin von Anglizismen durchtränkten Finanzsprache. Zum anderen mag manchem die deutsche Übersetzung Übergewicht zu plump und doppeldeutig erscheinen.

Was ist der Benchmark?

Was Overweight, Neutral und Underweight von kaufen, halten und verkaufen unterscheidet: Sie sind keine absolute Empfehlung, sondern stehen im Kontext wie sich die Aktie relativ zum Markt entwickelt. Hierfür allerdings gibt es auch andere Bezeichnungen wie Outperformer, Market Performer und Underperformer, die deutlicher rein auf die Performance abzielen.

In dem Fall braucht es zum Abgleich einen Index oder Branche: Outperformer im Dax oder unter den Pharmawerten beispielsweise. Als Abweichungswert vom Markt werden je nach Bank zwischen 10% und 20% angesetzt.

Der Begriff Overweight-Aktie indes zielt bei genauer Betrachtung eher auf eine Übergewichtung im Portfolio bzw. Depot eines Anlegers ab. Dabei kann zukaufen und übergewichten ohnehin auch Teil der Anlegerstrategie sein. Abhängig von Konjunktur und Marktumfeld wären das beispielsweise antizyklische Aktien.

Aus Sicht der Banken und Analysten jedenfalls haben bei der Einstufung Overweight Aktien eine gute Wertsteigerungschance. Over- und Underweight werden auch auf ganze Branchen angewendet, etwa wenn der Energiesektor auf- oder abgewertet wird.

Unterschiedliche Zeitspannen und Kriterien

Die absoluten Empfehlungen sind klassischerweise kaufen halten und verkaufen. Auch hier ist der Sprachgebrauch nicht einheitlich. Einige haben Zusätze wie Klarer Kauf bzw. Verkauf, auf englisch Strong Buy und Strong Sell. Andere zeigen Zeitzusammenhänge auf wie Kurzfristig: halten oder Langfristig: verkaufen.

Eine genaue Zeitspanne findet sich meist im Anhang. Gleiches gilt für Overweight oder Outperformer. Viele gehen von 6 Monaten aus, die meisten von 12 und Morgan Stanley bezieht sich auf 18 Monate. Bei der Bayern LB wiederum sind es 24 Monate. Das alles ist höchst unterschiedlich und hängt zudem von relativen oder absoluten Empfehlungen ab.

Bei letzteren wie kaufen gibt es Erklärungsbedarf auch in anderer Hinsicht: Welche Zahlen liegen denn da zugrunde? Weil Kriterien wie der Abgleich eines Outperformers zum Markt fehlen, kann sich auch hier der Blick in den teils umfangreichen Erklärungsanhang lohnen.

Unicredit zum Beispiel gibt Kaufempfehlungen nur, wenn die erwartete Gesamtrendite inklusive Dividenden in den nächsten 12 Monaten die Eigenkapitalkosten der Aktie übersteigt. Liegt sie knapp darunter, heißt es halten, verkaufen wiederum, wenn die Gesamtrendite negativ ausfällt.

Kein Ersatz für Eigenrecherche

Gleich ob Overweight, Outperformer oder kaufen, als Anleger sollte man sich nicht nur von den begrifflich und inhaltlich höchst unterschiedlichen Bewertungen leiten lassen.

Sie können eine Anregung sein, aber letztlich muss man sich selbst mit den Bilanzen und Kennzahlen der Unternehmen beschäftigen. Banken und Broker wollen Geld verdienen. Ein Anleger jedoch tut sich keinen Gefallen, wenn dauerndes Kaufen und Verkaufen die Gesamtrendite frisst.