Leverage-Effekt: Formel, Berechnung und Beispiele
Was ist der Leverage-Effekt?
Der Leverage-Effekt (auch als „Hebelwirkung“ bezeichnet) besagt, dass die Eigenkapitalrendite durch die Aufnahme von Fremdkapital verändert werden kann. Die Eigenkapitalrentabilität kann verbessert werden, wenn sie größer ist, als die Gesamtkapitalrentabilität bzw. wenn die Gesamtkapitalrendite größer ist, als die Zinsen für das Fremdkapital. Man spricht dann von einem positiven Leverage-Effekt. Es werden also gezielt Schulden gemacht, um einen größeren Gewinn zu erzielen.
Ist die Eigenkapitalrendite hingegen niedriger als die Gesamtkapitalrendite bzw. sind die Zinsen für das aufgenommene Fremdkapital größer als die Gesamtkapitalrendite, so erzielt man einen negativen Leverage-Effekt. In diesem Fall ist der Einsatz von Fremdkapital für eine Investition nicht sinnvoll, da man mehr Geld für die Aufnahme von Fremdkapital bezahlt, als man durch eine Investition verdient.
Der Leverage-Effekt wird von Unternehmen genutzt, um das optimale Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital zu schaffen und eine maximale Eigenkapitalrendite zu berechnen und zu erzielen.
Mit welcher Formel kann man den Leverage-Effekt berechnen?
Um den Leverage-Effekt zu ermitteln, muss die Eigenkapitalrentabilität einer Investition berechnet werden. Dazu benötigt man die folgenden Variablen:
- Gesamtkapitalrentabilität
- Fremdkapitalzins
- Eigenkapital
- Fremdkapital
Der Leverage-Effekt lässt sich dann mit der folgenden Formel berechnen:
Eigenkapitalrentabilität = Gesamtkapitalrentabilität + (Gesamtkapitalrentabilität – Fremdkapitalzins) * (Fremdkapital / Eigenkapital)
Leverage Effekt berechnen
$$\bo\text"Rendite"↙\text"(Eingenkapital)" = \text"Rendite"↙\text"(Gesamtkapital)" + ( \text"Rendite"↙\text" (Gesamtkapital)" – \text"Zins"↙\text" (Fremdkapital)" ) * (\text"Fremdkapital" / \text"Eigenkapital")$$
Im Folgenden erhalten Sie eine kurze Erläuterung zu den Kennzahlen, die Sie benötigen, um den Leverage-Effekt schnell und einfach zu berechnen.
Die wichtigsten Kennzahlen zur Berechnung des Leverage-Effekts
Eigenkapitalrentabilität
Die Eigenkapitalrentabilität ist der Gewinn in Prozent, den ein Unternehmen aus seinem Eigenkapital erwirtschaftet. Sie drückt aus, in welchem Ausmaß sich das eingesetzte Eigenkapital über einen bestimmten Zeitraum verzinst hat. Sie ist letztlich jene Variable, mit der die Wirkung des Leverage-Effektes überprüft wird.
Beispiel zur Berechnung der Eigenkapitalrentabilität:
Eine Investition in der Höhe von 100.000 € erbringt einen Gewinn von 10.000 €. Die Eigenkapitalrentabilität beträgt somit 10 Prozent (10.000 € / 100.000 € x 100)
Gesamtkapitalrentabilität
Die Gesamtkapitalrentabilität wird auch als Unternehmensrentabilität oder Return on Assets (ROA) bezeichnet. Sie zeigt den Anstieg des Kapitals durch eine Investition in Prozent und gibt Investoren somit einen umfassenden Einblick in die Gesamteffizienz der Kapitalnutzung (Eigenkapital + Fremdkapital).
Beispiel zur Berechnung der Gesamtkapitalrentabilität:
Es wird eine Investition in der Höhe von 300.000 € getätigt, die sich aus 100.000 € Eigenkapital und 200.000 € Fremdkapital zusammensetzt und einen Ertrag von 15.000 € erzielt.
Die Gesamtkapitalrentabilität beträgt somit 5 Prozent und lässt sich aus 15.000 € / 300.000 € x 100 berechnen.
Fremdkapitalzins
Für die Aufnahme von Fremdkapital müssen Zinsen bezahlt werden. Dieser Prozentsatz wird als Fremdkapitalzins bezeichnet.
Eigenkapital und Fremdkapital
Die Variablen Eigenkapital und Fremdkapital sind selbsterklärend. Das Eigenkapital stellt die eigenen finanziellen Mittel dar, die für eine Investition aufgewendet werden, das Fremdkapital hingegen jene finanziellen Mittel, die in Form von Krediten aufgenommen werden und für die ein entsprechender Fremdkapitalzins zu bezahlen ist.
Das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital wird auch als Verschuldungsgrad bezeichnet.
Beispiel zur Berechnung des Verschuldungsgrades:
Für eine Investition werden 100.000 € an Eigenkapital und 200.000 € an Fremdkapital aufgebracht. Die Investition weist somit einen Verschuldungsgrad von 2 auf (200.000 € / 100.000 €).
Beispiele zur Berechnung des Leverage-Effekts
Die folgenden Beispiele zeigen verschiedene Investmentsituationen auf, mit denen die Wirkung des Leverage-Effekts verdeutlicht wird.
Beispiel 1: Investition von Eigenkapital
Eine Investition verspricht 10 Prozent Rendite und es werden 100.000 € aus Eigenkapital investiert. Es wird kein zusätzliches Fremdkapital aufgenommen, weshalb auch kein Fremdkapitalzins fällig wird. Der Verschuldungsgrad beträgt 0.
Die Eigenkapitalrentabilität lässt sich anhand der Formel von oben berechnen:
Eigenkapitalrentabilität = Gesamtkapitalrentabilität + (Gesamtkapitalrentabilität – Fremdkapitalzins) * (Fremdkapital / Eigenkapital)
Eigenkapitalrentabilität = 0,1 + (0,1 – 0) * (0 / 100.000) = 10 Prozent
Die Eigenkapitalrentabilität der Investition beträgt 10 Prozent. In diesem Beispiel wird kein Fremdkapital investiert und somit gibt es auch keinen Leverage-Effekt.
Beispiel 2: Positiver Leverage-Effekt durch die Investition von Eigenkapital und Fremdkapital
Neben der Investition von 100.000 € aus Eigenkapital werden nun zusätzlich 200.000 € aus Fremdkapital investiert. Für das Fremdkapital müssen Zinsen in der Höhe von 7 Prozent bezahlt werden. Die Rendite der Investition wird weiterhin mit 10 Prozent angenommen.
Die Eigenkapitalrentabilität wird wieder anhand der Formel von oben berechnet:
Eigenkapitalrentabilität = Gesamtkapitalrentabilität + (Gesamtkapitalrentabilität – Fremdkapitalzins) * (Fremdkapital / Eigenkapital)
Eigenkapitalrentabilität = 0,1 + (0,1 – 0,07) * (200.000 / 100.000) = 16 Prozent
Die Eigenkapitalrentabilität beträgt nun 16 Prozent und konnte somit im Vergleich zu Beispiel 1 durch die Aufnahme von Fremdkapital gesteigert werden, da die Gesamtkapitalrendite höher ist, als der Fremdkapitalzins. Es handelt sich somit um einen positiven Leverage-Effekt.
Beispiel 3: Negativer Leverage-Effekt durch die Investition von Eigenkapital und Fremdkapital
Wir übernehmen die Ausgangsbasis von Beispiel 2 und nehmen an, dass neben der Investition von 100.000 € aus Eigenkapital zusätzlich 200.000 € aus Fremdkapital investiert werden. Die Kreditkonditionen sind nun jedoch schlechter, denn für das Fremdkapital müssen nun 13 Prozent Zinsen bezahlt werden.
Wir setzen wieder in die Formel von oben ein und berechnen die Eigenkapitalrentabilität unter den neuen, schlechteren Kreditkonditionen:
Eigenkapitalrentabilität = Gesamtkapitalrentabilität + (Gesamtkapitalrentabilität – Fremdkapitalzins) * (Fremdkapital / Eigenkapital)
Eigenkapitalrentabilität = 0,1 + (0,1 – 0,13) * (200.000 / 100.000) = 4 Prozent
Die Eigenkapitalrentabilität beträgt nun 4 Prozent und ist somit nicht nur deutlich gesunken, sondern auch deutlich niedriger als eine Investition ohne Fremdkapital (siehe Beispiel 1). Der Zinssatz für das Fremdkapital ist höher als die Gesamtkapitalrentabilität, wodurch auch die Eigenkapitalrendite sinkt, und zwar zunehmend mit dem Ausmaß an Verschuldung. Es kommt in diesem Beispiel also zu einem negativen Leverage-Effekt.
Welche Risiken und Gefahren sind mit dem Leverage-Effekt verbunden?
Wie aus den drei Berechnungsbeispielen ersichtlich wurde, bedeutet die Aufnahme von mehr Fremdkapital nicht automatisch höhere Gewinne. Der Leverage-Effekt kann zwar die Rendite einer Investition deutlich erhöhen, er birgt aber auch einige Risiken und Gefahren, die man vor der Anwendung beachten sollte:
Schlechtere Kreditkonditionen oder Kreditabsage: Je höher der Verschuldungsgrad, desto schwieriger wird es, Kredite zu bekommen und umso schlechter werden in der Regel die Konditionen sein. Erreicht der Verschuldungsgrad eine bestimmte Grenze, so steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Kreditabsagen. Das Risiko für schlechtere Kreditkonditionen und Kreditabsagen steigt mit zunehmendem Verschuldungsgrad.
Sinkende Gesamtkapitalrendite: Wie man anhand von Beispiel 3 erkennen kann, wirkt sich der Leverage-Effekt negativ aus, wenn die Rendite der Investition geringer ist, als die Zinsen für das Fremdkapital. In diesem Fall werden die Verluste umso höher, je größer der Anteil an Fremdkapital ist.
Nichtlineare Skalierung: Der Erfolg einer Investition steigt nicht immer proportional zur eingesetzten Summe. So kann es sein, dass sich die Rendite mit einem verdoppelten Kapitaleinsatz nicht ebenfalls verdoppelt.
Unerwartete Verluste: Selbst wenn die Investition gut durchdacht war, können unerwartete Ereignisse zu Verlusten führen. Diese Verluste müssen trotzdem aus dem Eigenkapital gedeckt werden, auch wenn die Investition mit Fremdkapital finanziert wurde.
Steigende Zinsen: Werden Kredite variable verzinst, so besteht die Gefahr einer Zinsanhebung nach der Aufnahme von Fremdkapital. Steigen die Zinsen für Fremdkapital, so erhöht sich die Zinslast für den Kreditnehmer. Dies kann die Rentabilität der Investition schmälern und im schlimmsten Fall sogar zu Verlusten führen.
Aktieninvestitionen mit Kredit hebeln – ist das sinnvoll?
Privatanleger stellen sich häufig die Frage, ob es sinnvoll ist, Aktieninvestments mit zusätzlichem Fremdkapital zu hebeln. Der Gedanke ist durchaus nachvollziehbar. Für die allermeisten Privatanleger kommt Leveraging von Aktien jedoch nicht in Frage, da dies zu risikoreich, zu arbeitsaufwendig und zu komplex ist.
Die Chancen auf höhere Gewinne werden in der Regel deutlich überschätzt und die Möglichkeit höherer Verluste durch das Hebeln deutlich unterschätzt. Wissenschaftliche Untersuchungen legen sehr stark nahe, dass Leveraging die risikobereinigten Renditen von Privatanlegerdepots im Schnitt eher senkt, als erhöht.
Wenn überhaupt, sollte das Hebeln von Aktieninvestments nur dann in Frage kommen, wenn die Investitionen sehr breit gestreut sind, was die Volatilität und den maximalen Drawdown reduzieren kann, und das Verhältnis von Fremdkapital zu Gesamtkapital 20 Prozent nicht überschreitet. Jedenfalls sollte Leveraging nur von sehr erfahrenen und risikoaffinen Anlegern in Erwägung gezogen werden.
Übrigens gibt es auch für Unternehmen, bei denen Leveraging eine gängige wirtschaftliche Praxis darstellt, aus wissenschaftlicher Sicht keinen eindeutigen positiven Effekt auf die Eigenkapitalrendite. Dasselbe gilt auch für private und gewerbliche Immobilieninvestments.
Fazit: Risiko und Nutzen des Leverage-Effekts
Der Leverage-Effekt, auch Hebelwirkung genannt, beschreibt den Einfluss von Fremdkapital auf die Eigenkapitalrendite. Durch die Aufnahme von Fremdkapital kann die Eigenkapitalrendite erhöht werden, wenn die Gesamtkapitalrendite der Investition höher ist als der Fremdkapitalzins. Dies wird als positiver Leverage-Effekt bezeichnet.
Die Vorteile von Leveraging liegen auf der Hand:
- Höhere Eigenkapitalrendite durch die Aufnahme von Fremdkapital
- Geringerer Eigenkapitalbedarf für Investitionen
Jedoch sollten die Chancen im Verhältnis zu den Risiken betrachtet werden:
- Erhöhtes Risiko und die Möglichkeit höherer Verluste
- Schlechtere Kreditkonditionen
- Unerwartete Verluste, die aus Eigenkapital gedeckt werden müssen
- Risiko steigender Zinsen
Der Leverage-Effekt kann ein nützliches Instrument sein, um die Rendite von Investitionen zu erhöhen. Es ist jedoch wichtig, die damit verbundenen Risiken zu kennen und den Leverage-Effekt nur dann zu nutzen, wenn man die Risiken auch tragen kann.
Für Privatanleger ist der Leverage-Effekt in der Regel nicht empfehlenswert. Die Chancen auf höhere Gewinne werden oft überschätzt und die Risiken unterschätzt.
Unternehmen und erfahrene Anleger können unter Einhaltung wichtiger Investmentprinzipien den Leverage-Effekt nutzen, um ihre Rendite zu optimieren. Sie sollten dabei jedoch immer die Risiken im Auge behalten.