Antizyklisch investieren – spezielle Anlagestrategie mit Aktien
Antizyklisch investieren ist eine spezielle Anlagestrategie. Entgegen einem zyklischen Investment wählen Anleger zum Beispiel eine Aktie aus, die sie hingegen den Trend der Börse handeln. Mit einem antizyklischen Investment stellen Sie sich also gegen den Markt. In unserem Beitrag erfahren Sie, was antizyklisches Investieren bedeutet. Wie gehen darauf ein, welche Strategien es in diesem Bereich gibt, wie vielversprechend antizyklisches Investieren ist und welche Risiken bestehen.
Was bedeutet antizyklisches Investieren?
Antizyklisches Investieren meint, dass Sie zum Beispiel eine Aktie oder andere Wertpapiere gegen den vorherrschenden Trend am Markt an der Börse kaufen bzw. verkaufen. Ein antizyklisches Investment nehmen Sie beispielsweise vor, wenn Sie eine Aktie an der Börse erwerben, während die meisten Anleger stattdessen das Wertpapier veräußern. Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn Sie also ein Wertpapier verkaufen, während die meisten anderen Marktakteure diese Aktie erwerben.
Grundlage für die Idee des antizyklischen Investierens ist es, dass zum Beispiel der Wert einer Aktie an der Börse nicht dem realen Wert des Unternehmens entspricht. Gründe sind unter anderem, dass es im Hinblick auf das Wertpapier einen Hype gab, sodass eine Überbewertung eingetreten ist. Die antizyklische Anlagestrategie basiert darauf, einzelne Werte genauer unter die Lupe zu nehmen.
Was bedeutet antizyklisch Handeln?
Mit antizyklisch Handeln ist im Allgemeinen antizyklisches Investieren gemeint. Allerdings gibt es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Handel und einem Investment. Der Handel, auch als Trading bezeichnet, ist für gewöhnlich kurzfristig orientiert. Ein Investment hingegen beinhaltet in der Regel einen längerfristigen Anlagehorizont von mindestens mehreren Jahren. Im Kern bedeutet antizyklisch Handeln jedoch das Gleiche wie antizyklisches Investieren, nämlich gegen den Trend am Markt zu agieren.
Wie funktioniert antizyklisch investieren?
Antizyklisch investieren funktioniert so, dass Sie sich als Anleger zunächst eine bestimmte Aktie oder einen Fonds auswählen. Sie führen vorab zum Beispiel eine Fundamentalanalyse für ein Unternehmen durch, um so festzustellen, ob die Aktie unter- oder überbewertet ist. Zusätzlich gibt es weitere Methoden, an denen Sie antizyklische Werte festmachen können. Die meisten Anleger entscheiden sich dafür, zum Beispiel unterbewertete Aktien zu kaufen oder überbewertete Wertpapiere zu veräußern und damit gegen den Trend zu handeln.
Nehmen wir als Beispiel an, dass der Kurs der Aktie A in den letzten Wochen und Monaten nahezu durchgängig gefallen ist. Mittlerweile hat das Unternehmen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 9. Das ist ein sehr niedriger Wert und zeugt davon, dass diese Aktie mittlerweile unterbewertet ist. Während andere Anleger das Wertpapier nach wie vor verkaufen, entscheiden Sie sich für ein antizyklisches Investment. In dem Fall würde Sie die Aktie kaufen, weil sie von zukünftig steigenden Kursen ausgehen.
Welche antizyklischen Strategien gibt es?
Am Markt gibt es mehrere Anlagestrategien, die in die Gruppe der antizyklischen Strategien fallen. Das sind insbesondere:
- Value Strategie
- Rebalancing
- Anti-Momentum-Strategie
- Turnaround Investing
Value Strategie
Am bekanntesten und gleichsam häufigsten genutzt wird die Value Strategie als antizyklische Anlagestrategie. Die Grundidee ist, dass unterbewertet Aktien gekauft werden, während überbewertete Wertpapiere veräußert werden. Die Handelsstrategie basiert also vor allem darauf, ob ein Titel unter- oder überbewertet ist. Es geht daher um den inneren Wert der Aktie, der mit dem aktuellen Kurswert verglichen wird. Parameter, die für den Value Ansatz zur Analyse wichtig sind, sind zum Beispiel:
- Kapitalrendite
- Liquiditätsgrad
- Kurs-Gewinn-Verhältnis
- Dividendenrendite
Rebalancing
Eine andere, ebenfalls antizyklische Strategie, ist das sogenannte Rebalancing. In dem Fall stellen Sie in regelmäßigen Abständen die ursprüngliche Gewichtung innerhalb Ihres Portfolios wieder her. Hat beispielsweise eine Aktie aufgrund eines deutlichen Kursanstiegs einen höheren Anteil in Ihrem Depot als noch vor einigen Monaten, würden Sie das Wertpapier (in Teilen) veräußern. So stellen Sie in regelmäßigen Abständen die ursprüngliche Zusammensetzung wieder her und investieren damit automatisch antizyklisch.
Anti-Momentum-Strategie
Ebenfalls zu den antizyklischen Strategien zählt die sogenannte Anti-Momentum-Strategie. In dem Fall kaufen Sie im Rahmen der „Stock Selektion“ (Aktienauswahl) solche Wertpapiere, die im vergangenen Jahr am stärksten gefallen sind. Im Gegenzug veräußern Sie solche Aktientitel, die innerhalb des gleichen Zeitraums am stärksten gestiegen sind. Diese Strategie ist wohl die risikoreichste, denn oft sind eben stark gestiegene Aktien weiterhin beliebt und werden daher weiter gekauft.
Turnaround Investing
Bei dieser antizyklischen Strategie stehen Unternehmen im Fokus, die einen Turnaround brauchen. Gelingt dieser, führt das in aller Regel bei den Aktienkursen zu einem starken Anstieg. Oft sind die Aktien zuvor aufgrund der schlechten Lage des Unternehmens erheblich gefallen. Auch das Turnaround Investing fällt somit in den Bereich des antizyklischen Investments.
Wie erfolgreich ist antizyklisches Investieren?
Antizyklisches Investieren kann eine erfolgreiche Anlagestrategie sein. Auf der einen Seite gibt es erhöhte Risiken, worauf wir gleich näher eingehen. Verglichen mit einigen anderen Strategien fällt das antizyklische Investieren jedoch häufiger nicht so erfolgreich aus. Wenn wir zum Beispiel im Vergleich die Trendfolgestrategie betrachten, ist die statistische Wahrscheinlichkeit höher, damit erfolgreich zu sein. Das liegt daran, dass die Mehrzahl der Anleger mit statt gegen den Trend handeln, wie es bei einer antizyklischen Anlagestrategie der Fall ist. Trotzdem beinhaltet antizyklisch zu investieren mehrere Vorteile und Chancen, insbesondere:
- Kauf zu relativ niedrigen Kursen
- Verkauf zu vergleichsweise hohen Kursen
- Durchschnittlich höhere Renditen möglich
- Investment in hochwertige Vermögenswerte und damit Reduzierung des Risikos
- Diversifikation des Portfolios
- Disziplinierte Herangehensweise der Investors
Welche Risiken gibt es für Investoren bei der antizyklischen Anlage?
Neben den Chancen und Vorteilen beinhaltet antizyklisch zu investieren ebenfalls einige Risiken und Nachteile. Das sind im Wesentlichen:
- Falsches Timing
- Liquiditätsrisiko
- Umfangreiches Wissen erforderlich
- Risiko von Kursverlusten
- Opportunitätskosten
Da Sie antizyklischen investieren agieren Sie gegen den Trend und laufen die Gefahr, dass der Kurs der gekauften Aktie im Trend weiter fällt, statt den erhofften Trendwechsel zu schaffen. Damit wäre es das falsche Timing gewesen, die Wertpapiere zu diesem Zeitpunkt zu kaufen.
Ebenfalls ein Risiko gibt es im Hinblick auf die Liquidität. Diese kann vor allem in Phasen einer Rezession fehlen, sodass Sie eventuell Ihre Wertpapiere nicht wie gewünscht zeitig veräußern können. Mit Opportunitätskosten ist gemeint, dass Sie in Vorbereitung auf den geplanten Einstieg in den Markt längere Zeit Geld vorhalten müssen, welches Sie stattdessen rentabler investieren könnten.
Für wen eignet sich das antizyklische Investieren?
Antizyklisches Investieren ist keineswegs für alle Anleger geeignet. Es besteht immer die Gefahr, dass das gegen den Trend handeln nicht den erwünschten Erfolg bringt, sondern mit Verlusten endet. Deshalb sollten Anleger folgende Eigenschaften mitbringen, die sich für das antizyklische Investieren entscheiden:
- Starke Nerven
- Umfangreiches Wissen zu Aktien und Analysen
- Disziplin
- Nicht leicht in Panik geraten
- Willensstärke
- Geduld
Disziplin, Willensstärke und Geduld sind wichtige Eigenschaften, denn beim antizyklischen Investieren kann es oft einen längeren Zeitraum beanspruchen, bis der erwünschte Erfolg eintritt.
Was sind antizyklische Aktien?
Antizyklische Aktien sind Wertpapiere, bei denen die Entwicklung des Kurses abgekoppelt von der allgemeinen Entwicklung der Märkte und der Börsen stattfindet. Antizyklisch sind insbesondere solche Aktienwerte, bei denen die Unternehmen Güter produzieren oder Dienstleistungen offerieren, die von Kunden zu jedem Zeitpunkt benötigt werden. Somit sind die Angebote komplett unabhängig von der konjunkturellen Lage.
Das Gegenteil sind entsprechend zyklische Aktien, die sich in Branchen beheimatet sind, bei denen Umsätze abhängig von der Wirtschaftslage sind. Antizyklische, auch als defensive Aktien bezeichnete Wertpapiere, finden sich insbesondere in den folgenden Branchen, die ihrerseits als antizyklisch gelten:
- Nahrungsmittel
- Pharma
- Konsumgüter (für den täglichen Bedarf)
- Versicherungen
- Telekommunikation
In all diese und weitere Branchen sind die Umsätze in schlechten Wirtschaftszeiten, also bei einer schwachen Konjunktur, meistens kaum geringer als innerhalb eines Booms.
Top 5 antizyklische Aktien
Es gibt eine Reihe defensiver und somit antizyklischer Aktien, die in der Vergangenheit eine sehr gute Performance gegen den Trend erreichen konnten. Allerdings kann sich der Kurs jederzeit ändern, sodass es keine Garantien für die Zukunft gibt, dass die entsprechenden Werte ebenfalls erfolgreich für den antizyklischen Investor laufen. In der Vergangenheit gab es unter anderem die folgenden Aktientitel, die als antizyklische Aktien erfolgreich waren:
- Allianz SE – DE0008404005
- Unilever PLC – GB00B10RZP78
- Deutsche Telekom – DE0005557508
- Münchener Rück – DE0008430026
- Novartis – CH0012005267
Wenn Sie antizyklisch in Aktien investieren möchten, sollten Sie am besten Wertpapiere auf Grundlage eines niedrigen KGV auswählen. Dieser Aktien sind unterbewertet und Sie würden entsprechend Ihrer Strategie durch den Kauf antizyklisch agieren.