Ertragswert in der Landwirtschaft: Im Erbfall wichtig
Da es sich bei einem Landgut, Hof und ähnlichem um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, gibt es wie bei Unternehmen oder Immobilien verschiedene Möglichkeiten, um dessen Wert zu bestimmen. Während es im Falle von Unternehmen und Immobilien jedoch häufig vor allem bei anstehenden Verkäufen zur Schätzung des Wertes kommt, geschieht dies in der Landwirtschaft zumeist im Erbfall.
Denn landwirtschaftliche Betriebe werden in der Regel nicht wie andere Betriebe verkauft und sind nur sehr selten als Investition attraktiv. Bei der Vererbung an die nächste Generation kommt dem Ertragswert in der Landwirtschaft eine besondere Rolle zu. Dies hat strukturpolitische Gründe.
Bestimmungen zur Vererbung von landwirtschaftlichen Betrieben
Allgemein ist die gesetzliche Lage in Deutschland so, dass die Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe im Erbfall gefördert wird und deren Zerschlagung vermieden werden soll. Von daher wird die Übernahme der Landwirtschaft von nur einem statt mehreren Erben gefördert.
Das heißt konkret: Hat ein Landwirt beispielsweise 3 Kinder, so soll nur eines der 3 die Landwirtschaft übernehmen und weiterbetreiben. Die anderen beiden erhalten als Ausgleich einen finanziellen (Pflicht-)Anteil des Erbes. Hierdurch wie die Zerstückelung einer bestehenden und funktionierenden Landwirtschaft in mehrere kleine, wirtschaftlich vielleicht unrentable Ländereien vermieden.
Ertragswert in der Landwirtschaft spielt besondere Rolle bei Erbschaft
Unterstützt wird diese Vorgehensweise auch durch Gesetze hinsichtlich des anzusetzenden Wertes im Erbfall. Grundsätzlich gibt es hierzu in Deutschland unterschiedliche Bestimmungen, die in den einzelnen Bundesländern variieren.
So gibt es bestimmte Höfeordnungen, die im Erbfall angewendet werden können, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Ansonsten dient das BGB zur juristischen Regelung. Und das BGB gibt in § 2049 Abs. 1 vor, dass im Erbfall nicht der Verkehrswert, sondern der Ertragswert einer Landwirtschaft zur Bemessung des (Pflicht-)Erbanteils der übrigen Erben anzuwenden ist.
Die Ermittlung des Ertragswerts in der Landwirtschaft
Für die Ermittlung des Ertragswerts einer Landwirtschaft gilt § 2049 Abs. 2 BGB:
„Der Ertragswert bestimmt sich nach dem Reinertrag, den das Landgut nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann.“
Anschließend wird der ermittelte Reinertrag mit einem bestimmten Faktor multipliziert, um schließlich den Ertragswert zu erhalten. Wie hoch diese Faktor ist, hängt vom Bundesland ab und kann stark variieren. Grundsätzlich wird der Ertragswert einer Landwirtschaft immer deutlich geringer als deren Verkehrswert sein.
Dies hat zur Folge, dass der Erbe, der den landwirtschaftlichen Betrieb übernimmt, an die weiteren Erben eine geringere Summe auszahlen muss, als wenn der Verkehrswert als Maßstab genommen werden würde.
Beim Verkehrswert als Maßstab (was auch möglich ist) könnte dies für den Erben bedeuten, dass ihm nach Auszahlung der (Pflicht-)Anteile an die weiteren Erben zu wenig Kapital verbleibt, um den Betrieb weiter bewirtschaften zu können.
Fazit: Die gesetzlichen Regelungen für Erbfälle in der Landwirtschaft und der bevorzugten Anwendung des Ertragswerts kann also praktisch auch als indirekte Subvention von landwirtschaftlichen Betrieben interpretiert werden.