Ehegattenunterhalt: So wird das relevante Einkommen berechnet
Statistiken zufolge gibt es in Deutschland jährlich über 130.000 Ehen, die geschieden werden. Neben der emotional sehr schwierigen Situation gibt es darüber hinaus einige finanzielle Aspekte nach einer Trennung und Scheidung zu klären, wie zum Beispiel den sogenannten Ehegattenunterhalt.
Was ist der Ehegattenunterhalt?
Grundsätzlich gibt es sogenannte familienrechtliche Verpflichtungen, die dann inkrafttreten, wenn eine Ehe geschlossen wird. Dazu zählt unter anderem auch der sogenannte Ehegattenunterhalt, der dazu führt, dass Ehepartner sich gegenseitig Unterhalt schulden. Der Ehegattenunterhalt bezieht sich sogar auf mehrere Lebenssituationen, nämlich:
- Während der Ehe
- Während der Trennungsphase
- Nach der Scheidung
Innerhalb einer funktionierenden Ehe kommt der Ehegattenunterhalt deshalb faktisch nicht zum Tragen, weil die beiden Ehepartner ohnehin gemeinsam leben und in der Regel auch eine gemeinsame Haushaltskasse haben. Das bedingt, dass ohnehin gegenseitig indirekt Unterhaltsverpflichtungen wahrgenommen werden. Bemerkbar macht sich der Ehegattenunterhalt daher meistens erst im Rahmen einer Trennungsphase oder nach vollendeter Scheidung.
Wann kommt es Unterhaltszahlung nach einer Scheidung?
Soll eine Ehe nicht weiter fortgeführt werden, dann gibt es nach deutschem Recht in aller Regel eine Trennungszeit von einem Jahr, die zunächst zu absolvieren ist. Erst danach tritt normalerweise die rechtskräftige Scheidung in Kraft. Allerdings kann es bereits in dieser Zeitspanne von einem Jahr zu einer Unterhaltsverpflichtung kommen, nämlich wenn der eine Ehepartner mehr verdient als der andere. Dann existiert der sogenannte Trennungsunterhalt, der zu zahlen ist.
Nach einer vollzogenen Scheidung gibt es auf der einen Seite die grundsätzliche Maßgabe nach Paragraph 1569 BGB, dass jeder Ehegatte selbst für seinen eigenen Lebensunterhalt sorgen muss. Von dieser grundsätzlichen Regelung gibt es allerdings Ausnahmen, auf die wir im weiteren Verlauf unseres Beitrages noch näher eingehen werden. Dabei handelt es sich um die sogenannten Unterhaltsgründe per Gesetz, die in aller Regel beinhalten, dass der eine Ex-Partner eben nicht ausreichend selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.
Interessant zu wissen ist ferner, dass es sich zwar per Gesetz eigentlich um Ausnahmen handelt, es jedoch nach einer vollzogenen Scheidung in der Praxis eher die Regel ist, dass der eine Ex-Partner an den anderen Unterhalt zahlt. Trotzdem muss der Unterhaltsberechtigte seine Berechtigung nachweisen und kann nicht ohne Grund Unterhalt von seinem Ex-Partner verlangen.
Wer gilt beim Ehegattenunterhalt als bedürftig?
Grundvoraussetzung für die Unterhaltspflicht ist, dass der eine Ex-Partner gegenüber dem anderen bedürftig ist. Während es beim Trennungsunterhalt so ist, dass dieser auch gezahlt wird, wenn der ehemalige Partner noch nicht versucht hat, eine passende Anstellung zu finden, ist es beim Scheidungsunterhalt anders. Hier hat der Ex-Partner nämlich die Verpflichtung, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu suchen, die allerdings den folgenden Faktoren entsprechen muss:
- Fähigkeiten
- Alter
- Gesundheitszustand
- Ausbildung
Sollte der Ex Partner eine ihm zumutbare Anstellung nicht annehmen, findet dennoch die Anrechnung eines sogenannten fiktiven Einkommens auf den Unterhalt statt. Komplett wegfallen kann die Bedürftigkeit unter der Voraussetzung, dass der Ex-Partner nach der Scheidung mit einem neuen Partner zusammenzieht.
Wer ist beim Ehegattenunterhalt leistungsfähig?
Beim Ehegattenunterhalt kommt es nicht nur auf die Bedürftigkeit des einen Ex-Partners an, sondern ebenfalls auf die Leistungsfähigkeit des anderen Ex-Partners. Per Gesetz gilt ein Ex-Partner dann als leistungsfähig, wenn er dazu in der Lage ist, Unterhalt zu zahlen, ohne dabei seinen eigenen – angemessene – Lebensunterhalt gefährden zu müssen. Das wiederum bedeutet, dass der Unterhaltspflichtige stets einen bestimmten Sockelbetrag behalten darf, der auch als sogenannter Selbstbehalt bezeichnet wird. Allerdings ist dieser Selbstbehalt relativ niedrig angesetzt, denn er beläuft sich aktuell auf lediglich knapp 1.300 Euro.
Wie lange gilt der Unterhaltsgrund?
Wichtig zu betonen ist, dass die Unterhalsgründe, die wir im nächsten Abschnitt näher erläutern, schon zum Zeitpunkt der Scheidung vorliegen müssen. Ist das nicht der Fall, erlischt die Unterhaltspflicht bzw. tritt erst gar nicht in Kraft. Kann also beispielsweise die Ex-Partnerin nach der Scheidung ein gutes Einkommen erzielen und wird erst drei Jahre später berufsunfähig, ist der ehemalige Partner in dem Fall nicht mehr unterhaltspflichtig. Die Begründung ist, dass der Unterhaltsgrund nicht schon vor/bei der Scheidung vorlag, sondern eben erst einige Jahre später.
Welche Unterhaltsgründe gibt es?
Wie wir eingangs bereits erwähnt haben, ist jeder Ex-Partner nach einer Scheidung grundsätzlich dazu verpflichtet, selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Trotzdem gibt es einige Ausnahmen, wann dennoch eine Unterhaltspflicht entsteht, nämlich die sogenannten Unterhaltsgründe. Dabei handelt es sich in erster Linie um die nachfolgenden Gründe:
- Kinderbetreuung
- Krankheit
- Erwerbslosigkeit
- Alter
- Ausbildung
- Billigkeitsgründe
- Aufstockung
Diese einzelnen Unterhalsgründe möchten wir jetzt etwas näher erläutern, da sich aus der reinen Bezeichnung nicht sofort ergibt, was der jeweilige Inhalt des Unterhaltsgrundes ist.
Kinderbetreuung
In vielen Fällen entsteht ein Unterhaltsanspruch nach einer Scheidung vorwiegend seitens der Ex-Partnerin deshalb, weil sie ein gemeinsames Kind betreut. Dann entsteht auf Grundlage des Paragraphen 1570 BGB ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt, sollte aufgrund der Kindesbetreuung keine Erwerbstätigkeit wahrgenommen werden können. Allerdings gibt es diesen Anspruch zunächst einmal nur so lange, bis das Kind drei Jahre alt ist.
Ab dem dritten Geburtstag hingegen muss dann auch der betreuende Elternteil grundsätzlich wieder eine Erwerbstätigkeit nachgehen, wobei es sich allerdings nicht sofort um einen Vollzeitjob handeln muss. Es gibt jedoch noch einige Ausnahmen, wann auch dann noch eine Unterhaltsberechtigung besteht, obwohl das Kind beispielsweise bereits vier Jahre alt ist. Dazu gehören:
- Probleme in der Schule
- Gesundheitliche Einschränkungen
- Sonstige, außergewöhnliche Belastungen
Je älter das Kind wird, desto eher ist es dem ehemaligen Partner zuzumuten, auch eine Vollzeitstelle anzunehmen. Dann würde die Unterhaltspflicht komplett erlöschen. Ausschlaggebend ist natürlich auch die Anzahl der Kinder und nicht nur deren Alter.
Krankheit
Ein weiterer Unterhaltsgrund ist eine Erkrankung des ehemaligen Partners. Sollte die Krankheit dazu führen, dass Sie nicht erwerbsfähig sind, haben Sie dann entsprechend auf Grundlage des Paragraphen 1572 BGB ein Recht auf Unterhalt. Der Unterhaltsberechtigte darf allerdings eine ärztliche Bescheinigung einfordern, dass auch wirklich aufgrund der Erkrankung eine Erwerbsunfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit existiert. Allerdings gilt auch hier, dass die Unterhaltspflicht nur dann in Kraft tritt, wenn die Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Scheidung existierte.
Arbeitslosigkeit
Sollte der Ex-Partner nach der Scheidung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, also erwerbslos ein, ist dies ebenfalls ein Unterhaltsgrund, und zwar auf Grundlage des Paragraphen 1573 Abs. 1 BGB. Es ist allerdings nicht ausreichend, lediglich anzugeben, dass man erwerbslos ist. Stattdessen besteht die Pflicht, einen konkreten Nachweis zu führen, dass sich der Ex-Partner ernsthaft um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat.
Alter
Ein weiterer Unterhaltsgrund bezieht sich auf das Alter und wird dementsprechend auch als Altersunterhalt bezeichnet. In dem Fall ist das höhere Alter dafür verantwortlich, dass der ehemalige Partner keine Anstellung mehr findet. Die Grenzen zwischen dem gewöhnlichen Unterhalt wegen einer Erwerbslosigkeit und dem Altersunterhalt können dementsprechend fließend sein.
Ausbildung
Ein anderer Unterhaltsgrund wird als Ausbildungsunterhalt bezeichnet. In dem Fall besteht unter der Voraussetzung eine Unterhaltsberechtigung, dass Sie zum Beispiel während der Ehe eine Ausbildung abgebrochen haben oder diese nicht begonnen wurde. Nach der Scheidung ist es dann möglich, Ausbildungsunterhalt zu fordern. Allerdings müssen Sie die angestrebte Ausbildung dann relativ zügig nach der vollzogenen Scheidung beginnen bzw. fortsetzen.
Billigkeitsgründe
Die meisten Fragezeichen werden Sie sicherlich mit dem Unterhalt aus Billigkeitsgründen verbinden. Im Kern geht es darum, das vom ehemaligen Partner nicht erwartet werden kann, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und es in dem Zusammenhang daher unbillig wäre, dass kein Unterhalt gezahlt wurde. Dies ist im Paragraphen 1576 BGB definiert. Ein solcher Billigkeitsgrund wäre zum Beispiel, dass sich der ehemalige Partner auch nach der Scheidung weiterhin um ein Pflegekind kümmert, welches allerdings schon vor der Trennung seitens beider Ehepartner aufgenommen wurde. Eine ganz ähnlicher Billigkeitsgrund ist es, wenn sich der geschiedene Partner weiter um sein eigenes Kind, welches allerdings nicht ein gemeinsames mit dem ehemaligen Partner ist, kümmert.
Aufstockung
Ein weiterer Unterhaltsgrund ist der sogenannte Aufstockungsunterhalt. In dem Fall hat der eine Ex-Partner ein deutlich höheres Einkommen als der andere erzielt, welches zudem die Verhältnisse in der Ehe geprägt hat. In dem Fall reichen oft die eigenen Einkünfte des Ex-Partners nicht aus, um den in der Ehe erworbenen Lebensstandard halten zu können. Der Aufstockungsunterhalt ist demzufolge dann relevant, wenn es relativ große Differenzen zwischen den zwei Einkommen während der Ehe gab.
Wie hoch ist der zu zahlende Unterhalt?
Eine der wichtigsten Fragen ist natürlich sowohl für Unterhaltspflichtige als Unterhaltsberechtigte im Rahmen des Ehegattenunterhalts, wie hoch dieser im Detail ausfällt. Dazu müssen Sie wissen, dass in jedem einzelnen Fall eine individuelle Berechnung vorgenommen wird. Es gibt lediglich Leitlinien, welche die Grundlage für die entsprechenden Gerichtsbeschlüsse darstellen. Geht zum Beispiel der eine Partner einer abhängigen Beschäftigung nach, während der andere erwerbslos ist, dann muss der Unterhaltspflichtige 45 Prozent seines Erwerbseinkommens an den Ex-Partner zahlen. Bei sonstigen Einkünften sind es sogar 50 Prozent, die als Unterhalt zu zahlen sind. Sind hingegen beide Ex-Partner berufstätig, dann ist der Mehrverdiener nach der Scheidung dazu verpflichtet, 50 Prozent der Differenz zwischen den zwei Einkommen als Unterhalt zu zahlen.
Anrechenbares Einkommen als Grundlage
Um den Unterhalt zu ermitteln, muss zunächst das sogenannte unterhaltsrelevante Einkommen berechnet werden, und zwar natürlich für beide Ex-Partner. Die Berechnung sieht wie folgt aus:
Bruttoeinkommen
– Steuern
– Sozialabgaben
– pauschale berufsbedingte Aufwendungen 5 %
– Aufwendungen für Altersvorsorge
Auf dieser Grundlage ist das jeweils anrechenbare Einkommen für den Unterhalt meistens niedriger als das gewöhnliche Nettoeinkommen. Ebenfalls in Abzug zu bringen sind Kindesunterhalt, falls der Ex-Partner für Kinder Unterhalt zahlen muss. Auf Basis des so ermittelten, unterhaltsrelevanten Einkommens, geht es dann an die Berechnung des Unterhalts, für den der sogenannte Halbteilungsgrundsatz gilt.
Das bedeutet, dass der Unterhaltszahlende momentan für sich als Minimum 1.280 Euro in Form des sogenannten Eigenbedarfs behalten darf, sollte er erwerbstätig sein. Es dürfen allerdings zehn Prozent des unterhaltsrelevanten Einkommens als sogenannter Erwerbstätigkeitsbonus abgezogen werden. Das verbleibende und bereinigte Einkommen wird dann halbiert, sodass der andere Ex-Partner diesen Betrag als Unterhalt erhält. Das möchten wir gerne anhand der folgenden Beispielrechnung verdeutlichen:
Unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen: 3.200 Euro
Kindesunterhalt: 700 Euro (für zwei Kinder)
Verbleibendes Einkommen: 2.500 Euro
Erwerbstätigkeitsbonus: 250 Euro
Bereinigtes Nettoeinkommen: 2250 €
Ehegattenunterhalt: 1.125 €
Wie lange erfolgt die Unterhaltszahlung nach der Scheidung?
Eine ebenfalls wichtige Frage ist, wie lange der Unterhalt vom Unterhaltspflichtigen eigentlich ab der Scheidung überhaupt gezahlt werden muss. Leider gibt es dazu allerdings keine festen, gesetzlichen Regelungen, wobei ein lebenslanger Unterhaltsanspruch grundsätzlich jedoch nicht existiert. Nach dem Eintritt einer Scheidung gibt es im Hinblick auf die Unterhaltszahlungen folgende Möglichkeiten:
- Zeitliche Befristung
- Begrenzte Höhe
- Wegfall der Zahlungen
Wann entfällt eine Unterhaltsverpflichtung?
Der Ehegattenunterhalt muss natürlich keineswegs immer dauerhaft gezahlt werden, denn unter bestimmten Voraussetzungen kann die Unterhaltsverpflichtung entfallen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Ex-Partner wieder eine feste Lebensgemeinschaft eingeht oder eine Heirat vollzogen wird. Sollte es dann allerdings anschließend erneut zu einer Scheidung kommen, kann es passieren, dass der ehemalige Unterhaltsanspruch aus der ersten Ehe erneut existiert.
Eine Unterhaltsverpflichtung kann natürlich ebenfalls aufgrund einer gegenseitigen Vereinbarung erlöschen. So können die zwei Ex-Partner zum Beispiel vereinbaren, dass auf den Unterhalt verzichtet wird oder stattdessen eine einmalige Kapitalsumme zur Auszahlung gelangt. Darüber hinaus kann eine Pflicht ebenfalls unter Umständen entfallen, wenn es sich nur um eine relativ kurze Ehezeit von höchstens zwei Jahren gehandelt hat.
Fazit zum Ehegattenunterhalt
Der Ehegattenunterhalt soll dafür sorgen, dass die ehemaligen Partner durch die Scheidung keine größeren Nachteile erleiden. Allerdings ist jeder Partner dazu verpflichtet, sich um eine regelmäßige Arbeit zu bemühen, damit der Ex-Partner nicht zwangsläufig Unterhalt zahlen muss. Jedoch gibt es einige Unterhaltsgründe, wenn zum Beispiel ein Kind betreut werden muss, eine Krankheit existiert oder es aus Altersgründen nicht möglich ist, dass der Unterhaltsberechtigte genügend Einkommen erzielt. In den meisten Fällen gibt es äußerst individuelle Regelungen, auch was die Höhe des Unterhalts angeht.