Abgeltungssteuer: Höhe, Formeln & Pflichten
Das Thema Abgeltungssteuer (oder: Abgeltungsteuer, beides ist korrekt) betrifft Kapitalanleger, die ihr Geld auf verschiedene Weise ansparen oder investieren. Werden hierbei Zinsen, Dividenden oder realisierte Kursgewinne erzielt, müssen diese als Kapitalerträge versteuert werden. Welche Erträge davon betroffen sind und welche Steuern fällig werden, erklären wir in diesem Beitrag.
Was ist die Abgeltungssteuer?
Bei der Abgeltungssteuer (früher Kapitalertragssteuer) handelt es sich um eine Quellensteuer, die mit einem einheitlichen Steuersatz von 25 % auf alle Kapitalerträge erhoben wird. Diese Steuer wurde am 01.01.2009 eingeführt und erweiterte den bisherigen Steuerabzug, der in § 20 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) festgelegt ist.
Hintergrund war der Gedanke, dass durch vereinheitlichte, niedrige Zinsen auf Geldanlagen mehr Investoren in die Bundesrepublik gezogen werden könnten.
Die pauschal einbehaltene Kapitalertragsteuer muss von Privatpersonen nicht zusätzlich in der jährlichen Einkommensteuererklärung angegeben und versteuert werden. Da sie von der Bank direkt einbehalten wird, ist die Steuer bereits abgegolten und muss daher nicht separat veranlagt werden.
Wie wird die Abgeltungssteuer berechnet?
Die Berechnung der Steuer ist rasch erklärt. Auf alle Erträge wie beispielsweise Zinserträge (Sparbuch, Tagesgeld, Girokonto) oder Dividenden (Aktien, Gesellschaftsanteile) sowie Erträge aus Geldanlagen muss der Anleger pauschal 25 % Steuer bezahlen. Dies bedeutet als Formel: Abgeltungssteuer = Kapitalerträge : (4 + 1/100 des Kirchensteuersatzes).
Solidaritätszuschlag bei Abgeltungssteuer
In der Realität kommt zu diesen 25% jedoch noch der Solidaritätszuschlag hinzu. Dieser wurde bei der Einkommensteuer zwar 2021 für die meisten Bundesbürger gestrichen, auf Kapitalerträge wird er jedoch weiterhin angerechnet. Dieser liegt bei 5,5%.
In der Rechnung bedeutet dies für die Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag: (0,25 x 5,5)% + 25 % = 26,375%.
Abgeltungssteuer für Kirchensteuerpflichtige
Sind Sie außerdem kirchensteuerpflichtig, erhöht sich die Abgabe erneut. Der Kirchensteuersatz variiert je nach Bundesland. In Baden-Württemberg und Bayern beträgt sie beispielsweise 8 %, in allen anderen Bundesländern 9 %.
Die Formel hier ist etwas komplizierter, da die Kirchensteuer zu den absetzbaren Sonderausgaben gehört und dadurch den Steuersatz zunächst etwas mindert. Die Formel für alle Bundesländer außer Baden-Württemberg und Bayern wäre demnach: 100/(4+0,09)=24,45%. Anschließend werden der Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer wieder hinzu gerechnet.
Wie sieht die Steuer-Gesamtbelastung aus?
Unter Berücksichtigung der oben genannten Berechnungsformeln ergeben sich für die unterschiedlichen Bundesländer sowie für Konfessionslose (ohne Kirchensteuer) bestimmte Beträge.
Kirchensteuer | nein | 9% (alle Bundesländer) | 8% (BW, BY) |
Abgeltungssteuer mit Minderung | 25% | 24,45% | 24,51% |
anteilige Kirchensteuer | 0% | 2,20% | 1,96% |
anteiliger Solidaritätszuschlag | 1,38% | 1,34% | 1,35% |
Abgeltungssteuer | 26,38% | 27,99% | 27,82% |
Welche Ausnahmen gibt es bei der Abgeltungssteuer?
Alle Wertpapiere, die vor 2009 gekauft wurden, sind Altbestände und unterliegen den gesetzlichen Regelungen von vor 2009. Das bedeutet, dass Sie diese Aktien oder Fonds steuerfrei verkaufen können.
Beachten Sie jedoch, dass zu erst gekaufte Bestände auch zu erst verkauft werden. Dies können Sie zu Ihrem Vorteil nutzen. Besitzen Sie beispielsweise 50 BMW-Aktien , die Sie im Jahr 2005 erworben haben, sowie 100 weitere Aktien der Telekom aus dem Jahre 2010, können Sie beim Verkauf von 100 Aktien 50 Aktien steuerfrei verkaufen – nur die restlichen 50 werden mit der Abgeltungssteuer belegt.
Welche Erträge sind von der Abgeltungssteuer betroffen?
Alle Einkünfte aus Kapitalvermögen sind in § 20 Absatz 1 und 2 EStG aufgeführt. Im Folgenden gehen wir jedoch kurz auf die wichtigsten Ertragsarten ein.
Aktien: Sowohl die Dividende, als auch Gewinne durch den Verkauf der Aktien unterliegen der Abgeltungssteuer. Dies gilt für Aktien, die nach 2009 erworben wurden.
Investmentfonds: Erträge aus Ihrem Fonds, egal ob Sie diese auszahlen lassen oder reinvestieren, werden ebenfalls mit der Abgeltungssteuer belegt. Gleiches gilt für den Gewinn durch Verkauf des Fonds oder Anteilen.
Zertifikate: Auch sie unterliegen der Abgeltungssteuer. Eine Ausnahme stellen hier nur Risikozertifikate dar, die vor dem 15. März 2007 erworben und mindestens ein Jahr gehalten wurden. Diese sind steuerfrei.
Sparkonten: Sämtliche Zinszahlungen von Ihren Bankkonten sind abgeltungssteuerpflichtig.
Kapitallebensversicherungen: Steuerfrei ist die einmalige Auszahlung von eingesetzem Kapital plus entsprechenden Erträgen, wenn der Versicherte mindestens 60 Jahre alt ist, die Versicherung mindestens 12 Jahre gelaufen ist, der Versicherungsbeginn vor 2005 lag, die Todesfallleistung mindestens 60 Prozent der Versicherungssumme beträgt sowie über mindestens 5 Jahre Beiträge geflossen sind.
Wurde die Versicherung nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossen, muss die Hälfte der Auszahlung versteuert werden – allerdings muss der Vertrag auch hier mindestens 12 Jahre gelaufen sein und der Versicherte das 60. Lebensjahr erreicht haben.
In allen anderen Fällen muss die gesamte Summe mit dem normalen Abgeltungssteuersatz versteuert werden.
5 Tipps: Wie können Sie bei der Abgeltungssteuer sparen?
Eigentlich ist die Abgeltungssteuer an sich bereits eine Vergünstigung, die Ihre persönliche Steuerlast reduziert. Darüber hinaus gibt es noch verschiedene weitere Möglichkeiten, wie Sie beispielsweise durch Sparerpauschbeträge oder Freibeträge Ihre Steuerlast senken können.
1. Sparerpauschbetrag nach § 20 (9) EStG
Die bekannteste und einfachste Möglichkeit ist die Geltendmachung der Sparerpauschbeträge in der jährlichen Einkommensteuererklärung. Dabei können Depot- oder Bearbeitungsgebühren bei Alleinstehenden bis zu 1.000€ und bei Ehepaaren bis zu 2.000€ geltend gemacht werden.
2. Freistellungsaufträge bei Banken und Versicherungen einrichten
Die nächste einfache Möglichkeit ist es, einen Freistellungsauftrag zu beantragen, um gültige Freibeträge zu nutzen und Steuerzahlungen von vornherein zu vermeiden.
Freistellungsaufträge sind möglich bei:
- Banken
- Sparkassen
- Bausparkassen
- Versicherungen
Günstig ist es, solche Freistellungsaufträge bereits bei der Konteneröffnung abzugeben und möglichst die dem Anleger zustehenden Freibeträge auf die vorhandenen Konten und Depots aufzuteilen. Bei einer optimalen Splittung der Freibeträge liegen die Erträge jedes Kontos unter dem Freibetrag und der Spenderpauschbetrag wird nirgends überschritten.
3. Nichtveranlagungsbescheinigung
Wer nicht einkommensteuerpflichtig ist, weil er nur ein geringes Einkommen hat, muss keine Kapitalertragssteuer zahlen. In diesem Fall kann beim zuständigen Finanzamt eine sogenannte Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) für die Kapitalerträge beantragt werden. Diese Bescheinigungen sind drei Jahre lang gültig.
4. Sparerpauschbeträge von Kindern nutzen
Die Sparerpauschbeträge gelten für jeden Sparer, somit auch für Kinder. Eltern, die bereits auf den Konten der Kinder Geld für ein Studium oder eine andere Vorsorge ansparen, können auch hier die Freibeträge vorteilhaft nutzen. Dazu sollten sie die Sparsummen, die dem Kind zugutekommen sollen, über die Steueridentifikationsnummer des Kindes laufen lassen. Dadurch gilt auch hier ein Steuer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000€.
5. Gewinne verringern durch eine Verlustrechnung
Steuern werden jeweils auf die Gewinne entrichtet. Eine Steuerersparnis kann daher bei einer Reduzierung der Gewinnspanne erreicht werden. Bei der Gegenüberstellung von Gewinnen und Verlusten sollte sich daher ein Verlust ergeben, um eine Besteuerung zu umgehen.
Diese Verlustrechnung betrifft aber nicht das gesamte Vermögen, sondern lediglich die Verluste innerhalb der Einkünfte des betreffenden Kapitalvermögens. Das bedeutet, dass Gewinne und Verluste pro Anlageklasse miteinander zu verrechnen sind. Eine Verrechnung von Zinserträgen auf dem Tagesgeldkonto mit einem Kursverlust bei den Aktiengeschäften ist dadurch ausgeschlossen.
Abgeltungssteuer in der Steuererklärung verrechnen
Die Grundidee der Abgeltungssteuer war eine Begrenzung des Verwaltungsaufwandes. Dieser Aufwand lässt sich aber nicht in allen Fällen tatsächlich reduzieren, denn es kann manchmal günstiger sein, die Abgeltungssteuer zusätzlich in der Steuererklärung aufzunehmen.
Für die Auflistung der Kapitalerträge muss die Anlage KAP zu den Einkünften aus dem Kapitalvermögen ausgefüllt werden. Dies ist in all den Fällen notwendig, in denen die Beträge nicht direkt von der Bank ans Finanzamt abgeführt werden können.
Also beispielsweise bei:
- Geldern auf Auslandskonten
- Einnahmen durch den Verkauf einer Lebensversicherung
- Zinserstattungen vom Finanzamt
- Darlehenszinsen aus Darlehen an Privatpersonen
Es kann vorteilhaft sein, freiwillig die Anlage KAP auszufüllen, um eine Erstattung vom Finanzamt zu erreichen. Am häufigsten ist dies der Fall, wenn vergessen wurde, ein Freistellungsauftrag zu erteilen oder die Freibeträge unvorteilhaft aufgeteilt waren.
In folgenden Fällen ist es vorteilhaft, die Anlage KAP auszufüllen:
- Wenn der persönliche Steuersatz unter 26,375 % Abgeltungssteuer (inklusive Solidaritätszuschlag) liegt.
- Wenn die Freistellungsaufträge (1.000€) vergessen wurden oder unvorteilhaft aufgeteilt waren. In diesem Fall erhält der Steuerzahler eine Rückerstattung.
- Wenn ausländische Einnahmen beziehungsweise Quellsteuern nicht angerechnet wurden.
Abgeltungssteuer bei Depotübertragungen
Wer sein Depot überträgt (durch Kauf oder Schenkung) muss ebenfalls einige Vorschriften hinsichtlich der Abgeltungssteuer beachten. Die Übertragung eines Depots gilt als Verkauf und ist daher abgeltungssteuerpflichtig. Privatpersonen, die ihr Wertpapierdepot übertragen möchten, sollten daher im Rahmen einer Schenkung Freibeträge nutzen.
Hierbei sind mehrere Dinge zu beachten. Zunächst gilt für Bestandsdepots, die vor 2009 erworben wurden, ein Bestandsschutz und sie sind daher steuerfrei. Wer ein Depot mit Bestandsschutz veräußert, muss eine Abgeltungssteuer entrichten. Dabei führt die Bank die anfallende Steuer an das Finanzamt ab.
Ausnahme: Schenkung
Eine Ausnahme tritt bei der Schenkung in Kraft. Dabei wird das Depot unentgeltlich übertragen und ein möglicher Bestandsschutz nicht tangiert.
Folgende Punkte sind dabei zu beachten:
- Die Abgeltungssteuer entfällt bei der unentgeltlichen Übertragung.
- Sie entfällt auch im Falle eines Verkaufs durch die Erben des übertragenen Depots.
- Es besteht eine Anzeigepflicht gegenüber der Bank vor der Übertragung.
- Die Bank muss die Transaktion wegen einer möglichen Schenkungssteuer ans Finanzamt melden.
- Für Schenkungen besteht alle zehn Jahre ein Freibetrag in Höhe von 20.000 €.
Folgende Sonderfälle sind zu beachten
- Gemeinsames Depot: Wenn Personen gemeinsam ein Depot besitzen, das auf ein anderes übertragen werden soll, entsteht ein Sonderfall. Dabei handelt es sich strenggenommen um einen Verkauf, der mit einem Kursgewinn verbunden ist. Daraufhin hat die Bank die Abgeltungssteuer einzubehalten und abzuführen. Ein Schutz davor bietet nur eine unentgeltliche Übertragung.
- Depotübertragung unter Eheleuten: Diese Art der Übertragung ist normalerweise nicht abgeltungssteuerpflichtig. In diesem Sonderfall kommt es allerdings häufig zu Problemen. Daher sollte hier ein Fachmann eingeschaltet werden. Möglicherweise kann ein Steuerberater Licht in die Angelegenheit bringen. Einschlägige Tipps gibt es auch auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums.
Sonderfall: So können Rentner bei der Abgeltungssteuer sparen
Durch die Veränderung des persönlichen Steuersatzes kann es bei vielen Rentnern dazu kommen, dass zu viel Abgeltungssteuer gezahlt wird. Liegt Ihr Steuersatz als Rentner unter 25%, sollten Sie die zuviel gezahlte Abgeltungssteuer über die Anlage KAP der Einkommenssteuererklärung zurück verlangen.
Ebenfalls sollten Sie den Altersentlastungsbetrag beachten, der Ihnen als Freibetrag für Nebeneinkünfte zur Verfügung steht. Dieser liegt für 2024 bei 12,8% des Zusatzeinkommens, beispielsweise aus Zinsen. Hier gibt es allerdings einen Höchstbetrag von aktuell 608€.