Erbschaftsvollmacht: Definition, Form, Beglaubigung & Widerruf
Um ihre Berechtigung nachzuweisen, benötigen Erben und Miterben unter anderem häufig einen Erbschein. Es kann allerdings einige Zeit dauern, bis ein solcher Erbschein im Erbfall ausgestellt wird. Daher kann es sinnvoll sein, wenn zuvor bereits eine Erbschaftsvollmacht vorliegt.
In unserem Beitrag erfahren Sie, was eine Erbschaftsvollmacht ist und was in dem Zusammenhang zu beachten ist. Ferner gehen wir darauf ein, ob die Vollmacht Formvorschriften genügen muss, was sie mit dem Erbschein zu tun hat sowie, wer eine Erbschaftsvollmacht ausstellen und beglaubigen kann.
Was ist eine Erbschaftsvollmacht?
Der Sinn und Zweck einer Vollmacht für Erben besteht darin, dass Bevollmächtigte schon vor dem Ausstellen eines Erbscheins die Möglichkeit haben, einige Bankgeschäfte erledigen. Ausstellen können die Vollmacht sogar der Erblasser als auch die spätere Erbengemeinschaft, die dann zum Beispiel eine Person als Erben damit bevollmächtigten, die Bankgeschäfte zu erledigen.
Bevollmächtigte sind in aller Regel Miterben, wenn es im Rahmen einer Erbengemeinschaft mehrere, berechtigte Erben gibt. Ausgestellt wird die Vollmacht wie ein Testament entsprechend ausschließlich für den Erbfall, sodass zum Beispiel vom Konto des Erblassers Verfügungen vorgenommen werden können, noch bevor ein Erbschein vorgelegt werden kann.
Was sollte beim Erteilen einer Vollmacht beachtet werden?
Zwischen Erben, insbesondere im Zuge einer Erbengemeinschaft, kommt es häufiger zu Streitigkeiten. Das betrifft zum Beispiel die Ausstellung eines Erbscheins, weil sich die Erben nicht immer einig sind, wer ihrer Ansicht nach im Erbfall berechtigt ist. Damit es nicht zu derartigen Streitigkeiten kommt bzw. diese keine wichtigen Angelegenheiten verhindern, kann eine Erbschaftsvollmacht von der Erbengemeinschaft an einzelnen Miterben erteilt werden. Einige Punkte sollten im Zuge der Vollmacht jedoch beachtet werden, insbesondere:
- Persönliche Angaben zum Vollmachtgeber sowie dem Bevollmächtigten
- Umfang der Vollmacht
- Eventuelle Ausschlüsse bestimmter Erbteile von der Vollmacht
In der Vollmacht für Erben sollte daher möglichst genau geregelt werden, wer welche Verfügungen im Erbfall vornehmen darf und in welcher Form diese durch den Erblasser oder die Erbengemeinschaft erlaubt sind. Das gilt ebenfalls für eventuelle Erbschaftsschulden, wenn es um Verfügungen von den Konten des Erblassers geht.
Welche Formvorschrift gilt für eine Vollmacht für die Erben?
Grundsätzlich ist eine Erbschaftsvollmacht laut BGB formfrei. Das bedeutet, dass auch eine mündliche Vollmacht rechtsgültig ist. Bei Banken allerdings wird das nicht ausreichen, denn diese fordern im Normalfall immer eine schriftliche Vollmacht, die der Bevollmächtigte als Nachweis vorlegen muss. Daher ist es auch bei einer Erbschaftsvollmacht sinnvoll, diese schriftlich zu verfassen und zudem möglichst beglaubigen zu lassen.
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Erbschaftsvollmacht und Erbschein?
Der Zusammenhang zwischen Erbschaftsvollmacht und Erbschein im Erbrecht ist, dass die Vollmacht beim Vererben dem Erbschein faktisch vorausgehen kann – aber nicht muss. Der Bevollmächtigte muss nicht so lange mit eventuellen Verfügungen warten, bis der Erbschein vom Nachlassgericht ausgestellt wurde. Stattdessen ist der Bevollmächtigte durch die Vollmacht sofort handlungsbefugt, weil zum Beispiel die Erbengemeinschaft den Auftrag erhalten hat, sich um bestimmte Bankgeschäfte zu kümmern. Selbstverständlich kann die Vollmacht auch bereits zu Lebzeiten durch den Erblasser erteilt werden. Nachdem das Nachlassgericht dann einen Erbschein ausgestellt hat, wird die Vollmacht im Grunde überflüssig.
Wer darf die Vollmacht beglaubigen?
Insbesondere Banken legen Wert darauf, dass eine Vollmacht schriftlich vorliegt und zusätzlich beglaubigt wurde. Das bedeutet, es wird bestätigt, dass die genannten Personen auch tatsächlich die in der Vollmacht genannten sind. Daher stellt sich die Frage, wer eigentlich Schriftstücke grundsätzlich beglaubigen darf. Hier stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, insbesondere:
- Nachlassgericht
- Rechtsanwalt
- Notar
- Bestimmte Ämter
Banken dürfen zum Teil übrigens auch beglaubigen, zumindest die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute.
Ist ein Widerruf der Erbschaftsvollmacht möglich?
Jede Vollmacht, solange nichts anderes festgelegt wurde, kann jederzeit widerrufen werden. Das gilt ebenfalls für die Erbschaftsvollmacht. Sowohl der Erblasser zu Lebzeiten als auch die Erbengemeinschaft im Erbfall können die einmal erteilte Vollmacht zu jedem beliebigen Zeitpunkt widerrufen. Trotz dieser Tatsache sollte die Vollmacht mit Bedacht ausgestellt werden. Bis zum Widerruf hat der Bevollmächtigte nämlich verschiedene Verfügungsrechte und kann diese selbstverständlich bereits mit Vorlage der Vollmacht nutzen.
Muss die Bank eine Erbschaftsvollmacht anerkennen?
Grundsätzlich sind Banken dazu verpflichtet, eine Vollmacht für das Erbe wie andere Verträge anzuerkennen. Das gilt unter der Voraussetzung, dass eindeutig zu erkennen ist, dass die Vollmacht rechtens ist. Ein Problem sind allerdings mündliche Vollmachten, auch wenn diese der Formvorschrift genügen. Die Bank kann jedoch nicht prüfen, ob es eine solche mündliche Vereinbarung gibt. Daher muss sie in dem Fall den Willen des Erblassers oder der Miterben nicht akzeptieren.
Gibt es eine Verbindung zwischen Erbschaftsvollmacht und Steuerklasse?
Im Erbfall spielt unter anderem auch die Steuerklasse bzw. Erbschaftssteuerklasse eine Rolle, wenn es darum geht, ob und in welchem Umfang die Erben eventuell Erbschaftssteuer zahlen müssen. Die Steuerklasse hat allerdings nichts mit der Erbschaftsvollmacht zu tun. Diese kann an alle Miterben ausgestellt werden, unabhängig davon, in welche Steuerklasse diese fallen und wie hoch eine eventuelle Erbschaftssteuer ist.
Wann erlischt die Vollmacht?
Grundsätzlich werden Vollmachten meistens zeitlich unbefristet erteilt, so auch die Erbschaftsvollmacht. Im eigentlichen Sinne erlischt die Vollmacht also nie. Allerdings wird sie spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem ein Erbschein vorlegen, in den meisten Fällen überflüssig. Der Bevollmächtigte ist – bis auf wenige Ausnahmen – im Erbschein genannt, sodass er die an ihn gerichtete Vollmacht nicht mehr benötigt.