Einkommensteuer – Unterscheidung, Berechnung & Einkommensarten
Alles über die Einkommensteuer
Definition: Einkommensteuer wird auf das individuelle Einkommen erhoben, Versteuerung ist gesetzlich geregelt
Berechnungsprinzipien: Welteinkommensprinzip, Nettoprinzip, Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, gestaffelter Steuersatz, Periodizitätsprinzip
Berechnung des individuellen Einkommensteuerbetrags: Erfolgt anhand der Differenzierung in den Tarifzonen 1 – 5
Steuerpflichtige Einkommensarten: Einkünfte durch Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung & Verpachtung, Sonstige Einkünfte
Kritikpunkte: Intransparenz, schleichende Erhöhung der Steuerlast, starke finanzielle Belastung der Geringverdiener
Die Einkommensteuer wurde im Jahre 1955 in Deutschland eingeführt. Die Einkommensteuer hat zum Ziel, die Versteuerung des gesamten Einkommens der Steuersubjekte zu reglementieren. Diese Versteuerung ist über das Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Die Regelung greift für jeden Steuerzahler.
In Abhängigkeit des Einkommens in den Einkunftsarten wird der Steuersatz individuell mithilfe gesetzlich vorgeschriebener Formeln für die Veranlagung berechnet und besteuert. Hinsichtlich der Einkommensteuer sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Die zu versteuernde Summe entspricht beispielsweise nicht dem Bruttogehalt bei der Steuererklärung. Andere Faktoren spielen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zur Veranlagung in der Einkommensteuererklärung eine Rolle. Trotz der Tatsache, dass der deutsche Staat auf die Einkommensteuer angewiesen ist, werden die Stimmen der Kritiker immer lauter.
Dieser Artikel erläutert im Detail, was die Einkommensteuer ist, wie sie sich von der Lohnsteuer unterscheidet und erklärt die Berechnung der Einkommensteuer bzw. des Einkommensteuertarifes. Darüber hinaus zeigt der Artikel die Ermittlung der Bemessensgrundlage, ein Beispiel für eine Einkommensteuer-Berechnung sowie die Kritikpunkte an dieser Vorgehensweise.
Definition: Was ist die Einkommensteuer?
Die Einkommensteuer zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen des deutschen Staates. Berechnet wird sie auf jedes Einkommen aller Wirtschaftssubjekte. Als Einkommen werden sieben verschiedene Einkommensarten bzw. Einkunftsarten definiert. Die Versteuerung jeder Arbeit, egal ob selbstständig oder nicht selbstständig, ist gesetzlich geregelt. Grundlage hierfür bietet das Einkommensteuergesetz (EstG) und die Steuererklärung. Da diese Steuern auf die Einkunftsarten von allen natürlichen Personen gezahlt werden müssen, gelten sie als Gemeinschaftssteuer.
Unterschied Lohnsteuer vs. Einkommensteuer
Die Lohnsteuer und die Einkommensteuer gehören beide zu der Gemeinschaftssteuern. Der Unterschied zwischen der Lohnsteuer und der Einkommensteuer besteht lediglich in der Art und Weise der Abführung der Steuern. Einkommensteuern werden von Selbstständigen aktiv als Vorauszahlung bzw. Nachzahlung durch die Steuererklärung mit Mantelbogen entrichtet. Bemessungsgrundlage bilden alle Einkünfte abzüglich Betriebsausgaben und Sonderausgaben. Die Gewerbesteuer wird darüber hinaus auf den Gewerbeertrag angewandt, welcher in einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 3,5 % mündet.
Die Lohnsteuer ist von Arbeitnehmern und Rentnern zu zahlen. Diese Lohnsteuern werden direkt vom Arbeitgeber bzw. der Rentenkasse einbehalten. Man spricht aus diesem Grunde von einer Quellensteuer. Hinsichtlich der zu zahlenden Steuern gibt es für Arbeitnehmer unter Umständen Steuerbefreiungen oder Sonderbestimmungen der Besteuerung.
Die Lohnsteuer wird über den Arbeitgeber an das Finanzamt abgeführt. Dieser Prozess ist bis zum 15. des Folgemonats durchzuführen. Die abzuführende Summe wird anhand des Einkommens berechnet und vom Arbeitgeber einbehalten. Die Einkommensteuer wird ebenfalls am Einkommen berechnet. Allerdings wird diese nicht über den Arbeitgeber an das Finanzamt übermittelt.
Der Selbstständige ist hierbei in der Pflicht, durch eine Einkommensteuererklärung mit Mantelbogen sein Einkommen transparent gegenüber dem Finanzamt zu machen. Alle Abzüge wie Sonderausgaben sollten wahrgenommen werden. Durch das Finanzamt wird auf Grundlage der übermittelten Angaben die Summe der zu leistenden Steuern berechnet. Die betroffene Person bekommt über einen Einkommensteuerbescheid einen Bericht darüber, wie viele Steuern an das Finanzamt abzuführen sind.
Wie wird die Einkommensteuer berechnet?
Die Einkommensteuer kann anhand unterschiedlicher Methoden berechnet werden. Jedes der im Folgenden aufgelisteten Prinzipien ist dem Einkommensteuergesetz zu entnehmen.
Berechnungsprinzip | Definition |
Welteinkommensprinzip | Beim Welteinkommensprinzip wird das weltweite Einkommen der Person in dem Land ihres Wohnsitzes besteuert. |
Nettoprinzip | Nach dem Nettoprinzip werden ausschließlich Nettoeinnahmen, also das Einkommen abzüglich der Werbungskosten und Betriebsausgaben, zur Versteuerung berücksichtigt. |
Besteuerung nach Leistungsfähigkeit | Die Versteuerung findet auf Grundlage der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit statt. |
Prinzip des gestaffelten Steuersatzes | Bei diesem Prinzip steigt der Steuersatz bzw. der Grenzsteuersatz abhängig von Einkommen. Dies ist beispielsweise in Deutschland mit der Steuerprogression der Fall. |
Periodizitätsprinzip | Das Einkommen wird periodisch besteuert. Vorhergegangene oder folgende Perioden werden nicht berücksichtigt. |
Welche Einkommensarten sind steuerpflichtig?
Der Gesetzgeber sieht vor, dass sämtliche Einkommensarten versteuert werden müssen. Insgesamt werden sieben Einkommensarten gezählt. Zinsen und Mieteinnahmen sind ebenfalls zu versteuern, da es hierbei um ein zusätzliches Einkommen handelt. Auch Preisgelder oder Gewinnausschüttungen, beispielsweise durch Lotto, sind dem Gesetz nach bei der Steuer zu berücksichtigen.
Zu den steuerpflichtigen sieben Einkommensarten gehören:
- Land- & Forstwirtschaft
- Gewerbebetrieb
- Selbstständigkeit in einer Personengesellschaft
- Nichtselbstständigkeit
- Kapitalvermögen
- Vermietung & Verpachtung
- Sonstige Einkünfte (beispielsweise private Veräußerungsgewinne)
Ermittlung der individuellen Steuerlast: Was muss versteuert werden?
In Deutschland wird die Steuerlast bei der Einkommensteuer anhand des individuellen Einkommens berechnet. Dies bedeutet, dass mit steigendem Einkommen die Höhe des Grenzsteuersatzes steigt. Die Summe der Einkünfte jeder natürlichen Person wird aus unterschiedlichen Faktoren berechnet. Die aus diesen Faktoren bzw. den sieben Einkommensarten resultierende Summe entspricht nicht dem zu versteuernden Einkommen. Abgezogen werden hiervon noch einige Faktoren.
Abzugsfähige Faktoren bei der Einkommensteuer:
- Alterentlastungsbetrag für Personen im Kalenderjahr nach Vollendung des 64. Lebensjahres: 40% der Bemessungsgrundlage, höchstens 1.908 €.
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: 4.008 €
- Freibetrag für Land- & Forstwirte: 900 € bzw. 1.800 €, wenn die Summe der Einkünfte 30.700€ nicht überschreitet.
Nach Abzug diese Beträge ergibt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte. Um das tatsächliche Einkommen zu berechnen, müssen weitere Faktoren von dieser Summe abgezogen werden.
Abzüge & Aufwendungen der Einkommensteuer:
- Verlustabzug
- Sonderausgaben, die keine Vorsorgeaufwendungen sind, einschließlich Kirchensteuer
- Vorsorgeaufwendungen, einschließlich Altersvorsorge
- Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art, falls sie über der zumutbaren Belastung liegen
- Kinderbetreuungskosten
- Abzugsbetrag für die Förderung des Wohneigentums
Um schlussendlich das zu versteuernde Einkommen zu ermitteln, werden Freibeträge für Kinder und die Summe des Härteausgleichs vom Einkommen abgezogen.
Für Ehepartner besteht darüber hinaus die Möglichkeit, gemeinsam für die Einkommensteuer veranlagt zu werden. Entschließen sich Ehepartner dazu, können sie entsprechend mehr Abzüge geltend machen. Eine Zusammenveranlagung macht vor allem dann Sinn, wenn ein Ehepartner z. B. den Spitzensteuersatz und der andere Ehepartner deutlich weniger verdient.
Hierbei ist nicht nur z. B. der Spitzensteuersatz zu beachten, sondern ebenfalls ein Progressionsvorbehalt. Ein Einkommensteuerrechner kann zeigen, ob eine Zusammenveranlagung sinnvoll ist.
Berechnung des individuellen Einkommensteuerbetrages
Zur Berechnung des individuellen Einkommensteuerbetrages gilt der Einkommensteuertarif als Grundlage. Zur Berechnung wird das gesamte Einkommen herangezogen. Dies wird mithilfe gesetzlicher Formen dazu verwendet, den Einkommensteuerbetrag zu ermitteln.
Die Unterteilung der Berechnung findet in fünf Zonen statt:
- Tarifzone: Bei der Nullzone gilt ein gesetzlicher Freibetrag bis zu 9.984 € im Jahre 2022. Erst ab einem Einkommen, das diesen Betrag übersteigt, sind Steuern zu zahlen.
- Tarifzone: Diese 1. Progressionszone deckt das Einkommen von 9.985 – 14.926 € ab. Die Versteuerung steigt hier stufenweise vom Einstiegssteuersatz von 14 % bis auf 23,97%.
- Tarifzone: Die dritte Zone bzw. die 2. Progressionszone berücksichtigt ein Einkommen von 14.927 – 58.596 €. In dieser Tarifzone liegen die Steuersätze stufenweise steigend zwischen 23,97 % und 42%.
- Tarifzone. Hier findet Einkommen von 58.597 – 277.825 € Berücksichtigung. Die Einkommensteuer wird anhand des Grenzsteuersatzes von 42 % berechnet.
- Tarifzone: Der Grenzsteuersatz von Tarifzone 5 liegt bei 45 % (“Reichensteuer”). Zu dieser Zone gehört jedes Einkommen jenseits von 277.826 €.
Beispiel zur Berechnung der Einkommensteuer
Wenn ein Single aus NRW im Jahr 2021 ein Jahreseinkommen von 36.000 € Brutto aufweist, ergeben sich rund 6.906,00 € an Einkommensteuer. Die Besteuerung findet mit 19,1833 % des Jahresbruttoeinkommens statt. Hinzu kommen noch die Abzüge für die Kirchensteuer. Dies ergibt in diesem Beispiel einen Betrag 621,54 €. Unter dem Strich bleibt dem Steuerzahler hier ein Nettoeinkommen von 28.472,46 €.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Vorgehensweise bei der Berechnung des Nettoeinkommens.
Bruttoeinkommen | 36.000 € |
Besteuerung des Bruttoeinkommens | Mit welchem Prozentsatz das Einkommen versteuert wird, hängt mit der Höhe des Einkommens zusammen. Die entsprechenden Prozentsätze sind gesetzlich vorgeschrieben. Einkommensteuerrechner im Internet können dies leicht übernehmen. 36.000 € * 19,1833 % = 6.905,99 € (aufgerundet auf 6.906€) |
Solidaritätszuschlag | Beträgt 5,5 % der gesamten Einkommensteuer, wenn die Freigrenze überschritten wurde. Diese liegt seit 2021 bei einer Einkommensteuer von 16.956€ bei Einzelveranlagung. In unserem Beispiel wird also kein Soli berechnet. 7.094,99 € * 0 % = 0€ |
Kirchensteuer | Die Kirchensteuer wird auf die gesamte Einkommensteuer berechnet und beträgt je nach Bundesland 8 % (Bayern & Baden-Württemberg) bzw. 9 % (in den übrigen Bundesländern): 6.906,00 € * 9 % = 621,54 € |
Berechnung | 36.000 € – 6.906 € – 0 € – 621,54 €
= 28.472,46 € (Netto) |
Das Nettoeinkommen in Höhe von 28.472,46 € wurde mit einem Kirchensteuersatz von 9 % für das Bundesland NRW kalkuliert. Ist ein Single mit entsprechendem Bruttoeinkommen in Höhe von 36.000 € nicht Mitglied in einer Konfession, die Kirchensteuer erhebt, beläuft sich das Nettoeinkommen auf 29.094 €.
Freibeträge der Einkommensteuer
Weiter oben in diesem Artikel wurden bereits Freibeträge genannt. Diese gibt es in unterschiedlichster Form und Höhe. Die zahlreichen Freibeträge sind nicht zu verwechseln mit Freigrenzen, wie sie für einige Einkommensarten separat gelten. Ein Freibetrag wird zum Abzug gebracht, während bei einer Freigrenze ab Erreichen derselbigen der gesamte Betrag zur Einkommensteuer zählt.
Freibeträge in 2022 | Summe |
Grundfreibetrag | 9.984 € |
Rentenfreibetrag | 18 % (82 % der Rente sind zu versteuern) |
Kinderfreibetrag | 5.460 € |
Entlastungsfreibetrag für Alleinerziehende | 4.008 € für das erste Kind. Für jedes weitere Kind werden weitere 240 € gewährt. |
Freibetrag für Ausbildung, Betreuung und Erziehung | 2.928 € |
Altersentlastungsbetrag | für 2022 14,4%, maximal 684€ |
Für Erben | Ehegatten & Lebenspartner: 500.000 € Kinder & Stiefkinder: 400.000 € Enkel, deren Eltern nicht mehr leben: 400.000 € Enkel, deren Eltern noch leben: 200.000 € Urenkel: 100.000 € Eltern & Großeltern des Verstorbenen: 100.000 € Übrige Erben: 20.000 € |
Kritik an der Einkommensteuer
Die Stimmen der Kritiker verstummen hinsichtlich der Einkommensteuer nicht. Begründet wird diese Kritik unter anderem damit, dass eine Vielzahl von Ausnahmen und Sonderregelungen zu einer Intransparenz führt. Es ist für den Normalverbraucher kaum noch nachvollziehbar, wer aus welchen Gründen welchen Steuerbetrag abführen muss oder wer einen Steuererlass zugesprochen bekommt.
Einen weiteren Kritikpunkt bilden die entwickelten Steuerreform-Konzepte. Diese haben das Ziel, eine Steuervereinfachung zu erwirken. Fakt ist aber, dass die Steuervereinfachung nur durch die Senkung der Steuersätze erreicht werden kann. Diese wiederum geht einher mit einer allgemeinen Senkung der Einkommensteuer. Kritiker bemängeln hierbei den aufwändigen Prozess und die minimale Wahrscheinlichkeit, dass sich dieser tatsächlich verwirklichen lässt.
Ferner wird die schleichende Erhöhung der Steuerlast bzw.des Steuerbetrags kritisch in den Blick genommen. Insbesondere Geringverdiener werden hierdurch finanziell stark belastet. Schon Durchschnittsverdiener mit einem jährlichen Einkommen von 54.000 € müssen dieses nach dem Spitzensteuersatz von 42 % versteuern.
Auch die Steuerpflicht für Rentner wird kritisch betrachtet. Es wird argumentiert, dass die angestrebten und zum Teil durchgeführten Rentenerhöhungen und die Steuerpflicht nicht in Einklang zu bringen sind. Es macht keinen Sinn, die Rentenzahlung zu erhöhen, wenn dadurch die Summe des Steuerbetrags steigt. Der Progressionsvorbehalt sorgt hierfür, dass teilweise trotz Erhöhung weniger Kaufkraft zur Verfügung steht.
Fazit zur Einkommensteuer
Die Einkommensteuer ist für die finanzielle Lage des Staates maßgeblich. Ihre Berechnung erfolgt auf Grundlage gesetzlicher Vorschriften und stellt sich als ein komplexes Vorgehen heraus. Es sind diverse Faktoren zu berücksichtigen, die bei der Berechnung der Einkommensteuer eine Rolle spielen. Im Grunde genommen ist jedes Einkommen zu versteuern. Wird keine adäquate Versteuerung vorgenommen, hat dies in der Regel eine Auseinandersetzung mit dem Finanzamt zur Folge. Mit Blick auf die Komplexität dieser Thematik ist es grundsätzlich empfehlenswert, sich durch einen Steuerberater unterstützen zu lassen.