Kapitalerträge und Steuern: Berechnung, Beispiele + Tipps

Wer in Aktien, Fonds oder andere Anlageformen investiert, erzielt Kapitalerträge – und die müssen versteuert werden. Doch mit den richtigen Strategien und einem guten Überblick über steuerliche Regelungen lassen sich unnötige Abzüge vermeiden. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie Kapitalerträge optimal versteuern, welche Freibeträge es gibt und welche Tipps Ihnen helfen, mehr aus Ihren Erträgen herauszuholen.
Was sind Kapitalerträge?
Kapitalerträge sind Einkünfte, die aus Geldanlagen resultieren. Was alles zu Kapitalerträgen zählt, wird in § 20 Abs. 1 und 2 EStG angeführt. Zu den wichtigsten Kapitalerträgen gehören:
- Zinsen aus Tagesgeld, Festgeld oder Anleihen
- Dividenden aus Aktien oder Fonds
- Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren (z. B. Aktien oder Fondsanteile)
Auf diese Erträge erhebt der Staat Steuern in Form der Kapitalertragsteuer – in Deutschland greift in den meisten Fällen die sogenannte Abgeltungssteuer.
Kapitalertragsteuer und Abgeltungssteuer – Wo liegt der Unterschied?
Die Begriffe Kapitalertragsteuer und Abgeltungssteuer werden oft synonym verwendet, doch es gibt eine feine Unterscheidung: Die Kapitalertragsteuer ist die grundsätzliche Steuer auf Kapitalerträge. Sie wird jedoch nur dann zur Abgeltungssteuer, wenn sie automatisch von der Bank oder Sparkasse einbehalten und direkt an das Finanzamt abgeführt wird. Das ist bei den meisten inländischen Finanzinstituten der Fall.
Haben Sie jedoch Kapitalerträge bei einer ausländischen Bank oder einem Broker mit Sitz im Ausland, müssen Sie die Steuer selbst abführen. Das geschieht über die Steuererklärung – konkret über die Anlage KAP, ggf. ergänzt durch KAP-INV (bei Verwahrung von Fondsanteilen bei einer ausländischen Bank oder Fondsgesellschaft) oder KAP-BET (für betriebliche Kapitalerträge).
Kapitalertragsteuer – Was Anleger wissen müssen
Kapitalerträge unterliegen in Deutschland einer pauschalen Kapitalertragsteuer von 25 %. Zusätzlich fallen noch der Solidaritätszuschlag (5,5 % auf die Kapitalertragsteuer) und gegebenenfalls die Kirchensteueran, die je nach Bundesland variiert. Insgesamt beträgt die Steuerbelastung für Kapitalerträge damit in der Praxis rund 26,375 % bzw. bis zu 27,99 % mit Kirchensteuer.
Eine detaillierte Aufschlüsselung der einzelnen Komponenten der Abgeltungssteuer mit und ohne Berücksichtigung der Kirchensteuer in verschiedenen Bundesländern, können Sie in unserem Ratgeber Abgeltungssteuer: Höhe, Formeln & Pflichten nachlesen.
Freistellungsauftrag – So sparen Sie Steuern
Jeder Anleger hat Anspruch auf einen Freibetrag für Kapitalerträge. Dieser Freibetrag („Sparer-Pauschbetrag“) beträgt seit 2023:
- 1.000 € für Ledige
- 2.000 € für Verheiratete (bei gemeinsamer Veranlagung)
Diesen Freibetrag können Sie durch einen Freistellungsauftrag bei Ihrer Bank oder Ihrem Broker geltend machen. Der Vorteil: Kapitalerträge bis zu diesem Betrag werden gar nicht erst besteuert. Ohne einen Freistellungsauftrag behält die Bank die Steuer automatisch ein – auch wenn Sie eigentlich noch unter der Freigrenze liegen.
Nachdem der Sparer-Pauschbetrag zuletzt von 801 € auf 1.000 € für Ledige angehoben wurde, ist aus heutiger Sicht mit keiner weiteren Erhöhung im Jahr 2026 zu rechnen.
Beispielrechnung
Nehmen wir an, Sie haben im Jahr 1.500 € an Dividenden aus Aktien erhalten. Ohne Freistellungsauftrag würde die Bank 25 % Kapitalertragsteuer (375 €) sowie 5,5 % Solidaritätszuschlag (20,63 €) abziehen. Sie erhalten nur 1.104,37 € ausgezahlt, anstatt der vollen 1.500 €. Wenn Sie jedoch einen Freistellungsauftrag über 1.000 € eingereicht haben, werden diese Erträge steuerfrei ausgezahlt, und Sie müssen nur auf den Restbetrag von 500 € Steuern zahlen.
Nichtveranlagungsbescheinigung bei niedrigem Einkommen
Wenn Ihr Gesamteinkommen, einschließlich Kapitalerträgen, unter dem Grundfreibetrag bleibt, müssen Sie keine Steuern zahlen. Das gilt auch dann, wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen den Sparer-Pauschbetrag von 1.000 € für Alleinstehende bzw. 2.000 € für Paare überschreiten. Es gelten die folgenden Grundfreibeträge für die Jahre 2024 bis 2026:
Jahr | Alleinstehende | Verheiratete |
2024 | 11.784 € | 23.568 € |
2025 | 12.096 € | 24.192 € |
2026 | 12.348 € | 24.696 € |
Liegen Sie mit Ihrem zu versteuernden Einkommen unter den Grundfreibeträgen für das jeweilige Jahr, so können Sie beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen. Diese können Sie in weiterer Folge Ihrer Bank vorlegen, um den automatischen Abzug der Abgeltungssteuer zu vermeiden. Sie können dies auch rückwirkend über die Steuererklärung erwirken, um bereits abgeführte Kapitalertragssteuer vom Finanzamt rückerstattet zu bekommen.
Die Beantragung der Nichtveranlagungsbescheinigung dürfte insbesondere für Studenten und Rentner in Frage kommen.
Kapitalerträge – Wann lohnt sich eine Steuererklärung?
Grundsätzlich wird die Kapitalertragsteuer automatisch von der Bank an das Finanzamt abgeführt. Eine Steuererklärung ist daher oft nicht notwendig. In manchen Fällen kann es sich aber lohnen, die Kapitalerträge in der Steuererklärung anzugeben:
- Ihr persönlicher Einkommensteuersatz liegt unter 25 %: Falls Ihr individueller Steuersatz unter dem Abgeltungssteuersatz liegt, können Sie die Günstigerprüfung beantragen. Dadurch kann das Finanzamt eine Steuererstattung gewähren. (Genaueres dazu im Abschnitt Die Günstigerprüfung – Wann lohnt sie sich?)
- Ihr Freistellungsauftrag wurde nicht optimal genutzt: Falls Sie Kapitalerträge hatten, aber Ihr Sparer-Pauschbetrag (1.000 € für Singles, 2.000 € für Ehepaare) nicht korrekt auf Ihre Banken verteilt war, können Sie sich zu viel gezahlte Steuern zurückholen.
- Verlustverrechnung: Falls Sie Verluste aus Kapitalanlagen hatten, aber keine automatische Verrechnung durch Ihre Bank stattfand, können Sie die Verluste mit anderen Kapitalerträgen verrechnen lassen. (Genaueres dazu im Abschnitt Verluste geltend machen – Steuerersparnis durch Verlustverrechnung)
- Ausländische Kapitalerträge: Falls Sie Zinsen, Dividenden oder andere Erträge von einem ausländischen Finanzinstitut erhalten haben, müssen Sie diese in der Steuererklärung angeben. Falls bereits eine ausländische Quellensteuer einbehalten wurde, kann eine Anrechnung oder Erstattung möglich sein.
- Kapitalerträge aus Betriebsvermögen: Falls Ihre Kapitalerträge aus einem Unternehmen stammen oder im Rahmen eines Betriebs erzielt wurden, müssen sie gesondert in der Anlage KAP-BETdeklariert werden.
- Nicht abgeführte Kirchensteuer: Falls Sie kirchensteuerpflichtig sind, aber Ihre Bank diese nicht automatisch abgeführt hat, müssen Sie die Beträge in der Steuererklärung nachträglich angeben.
Diese Fälle zeigen, dass eine Steuererklärung bei Kapitalerträgen in vielen Situationen sinnvoll oder notwendig sein kann – sei es für eine Erstattung oder um steuerliche Pflichten zu erfüllen.
Günstigerprüfung – Wann lohnt sie sich?
Liegt Ihr persönlicher Einkommensteuersatz unter 25 %, können Sie gemäß § 32d Abs. 6 EStG in Zeile 4 der Anlage KAP in der Steuererklärung die Günstigerprüfung beantragen. Das Finanzamt prüft dann, ob es für Sie günstiger ist, Ihre Kapitalerträge mit Ihrem individuellen Steuersatz zu versteuern. Falls ja, erhalten Sie die zu viel gezahlte Abgeltungssteuer erstattet.
Beispiel: Ein Rentner mit einem geringen Einkommen zahlt nur 15 % Einkommensteuer. Hat die Bank jedoch bereits 25 % Abgeltungssteuer abgeführt, kann er sich die Differenz (10 %) über die Steuererklärung zurückholen.
Kapitalerträge aus Aktien und Fonds
Aktien: Besteuerung von Dividenden und Gewinnen
Bei Aktien gibt es zwei Arten von Kapitalerträgen:
- Dividenden werden wie andere Kapitalerträge direkt mit der Abgeltungssteuer besteuert.
- Gewinne aus dem Verkauf von Aktien sind ebenfalls steuerpflichtig. Entscheidend ist hier der Verkaufspreis abzüglich der Anschaffungskosten.
Fonds und ETFs: Unterschiede bei der Besteuerung
Fonds und ETFs unterliegen einer besonderen Besteuerung. Dabei gibt es ausschüttende und thesaurierende Fonds:
- Ausschüttende Fonds zahlen regelmäßig Erträge aus, die sofort versteuert werden müssen.
- Thesaurierende Fonds behalten die Erträge im Fonds. Dadurch erhöht sich der Wert der Anteile, die Steuer fällt grundsätzlich erst beim Verkauf an.
Seit 2018 gilt in Deutschland die Investmentsteuerreform, die eine Teilfreistellung für bestimmte Fonds vorsieht. Das bedeutet, dass ein Teil der Erträge steuerfrei bleibt. Sofern ein Fonds mindestens zur Hälfte Aktien beinhaltet, beträgt der steuerfreie Anteil der Erträge 30 %. Das heißt, dass nur 70 % der Erträge von Aktienfonds und Aktien-ETFs steuerpflichtig sind.
Vorabpauschale bei Fonds und ETFs
Thesaurierende Fonds unterliegen zudem der Vorabpauschale. Diese wird auf nicht ausgeschüttete Erträge erhoben, um Steuerzahlungen auch bei reinvestierten Erträgen zu sichern. Sie gilt seit 2018, wird vom Depotanbieter automatisch vorgenommen und ist jeweils im Januar fällig.
Eine Faustregel besagt, dass pro 10.000 € in Fonds und ETFs investiertem Geld, mit 30 – 50 € Steuergerechnet werden sollte. Je höher der Aktienanteil des Fonds, umso niedriger fällt die Vorabpauschale aus.
Verluste geltend machen – Steuerersparnis durch Verlustverrechnung
Wer beim Verkauf von Wertpapieren Verluste erleidet, kann diese mit Gewinnen verrechnen. Wichtig dabei:
- Aktienverluste können nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden.
- Verluste aus Fonds oder anderen Wertpapieren lassen sich mit sämtlichen Kapitalerträgen verrechnen, auch mit Aktiengewinnen.
- Nicht verrechnete Verluste können in das Folgejahr vorgetragen werden.
Die Bank führt die Verlustverrechnung automatisch innerhalb des Depots durch. Wer mehrere Depots hat, kann über die Steuererklärung bzw. über die Anlage KAP eine depotübergreifende Verrechnung erwirken.
Steuerbescheinigung und Nachweise für das Finanzamt
Falls Sie eine Steuererklärung abgeben und damit Sie die Anlage KAP richtig ausfüllen können, benötigen Sie von Ihrer Bank eine Steuerbescheinigung. Darin sind unter anderem aufgelistet:
- Kapitalerträge
- Einbehaltene Abgeltungssteuer
- Solidaritätszuschlag
- Kirchensteuer
- Verrechnete Verluste
Die Steuerbescheinigung erhalten Sie meist im ersten Quartal des Folgejahres. Sollten Sie mehrere Banken haben, erhalten Sie also mehrere Steuerbescheinigungen. Für die Steuererklärung zählen Sie die jeweiligen Beträge einfach zusammen.
Fazit: So optimieren Sie Ihre Steuerlast bei Kapitalerträgen
- Freistellungsauftrag nutzen: Kapitalerträge bis 1.000 € (bzw. 2.000 € für Ehepaare) bleiben steuerfrei.
- Günstigerprüfung beantragen, wenn der persönliche Einkommensteuersatz unter 25 % liegt.
- Verlustverrechnung nutzen, um Steuern auf Gewinne zu reduzieren.
- Strategische Anlageentscheidungen treffen, z. B. auf Fonds mit Teilfreistellung setzen.
- Steuerbescheinigung einreichen, falls sich eine Steuererstattung lohnt.
Mit diesen Maßnahmen können Sie mehr aus Ihren Kapitalerträgen herausholen und unnötige Steuerabzüge vermeiden.