Quellensteuer in Brasilien: Freie Hand erschwert einheitliches Vorgehen
Die Quellensteuer ist eine Steuer auf Einkünfte, die direkt an der Quelle der Einnahmen abgezogen und an das zuständige Finanzamt abgeführt wird.
Das heißt, jeder Bürger mit Wohnsitz in Brasilien muss seine gesamten Einkünfte beim inländischen, also beim brasilianischen Finanzamt versteuern. Dies gilt beispielsweise auch für Gelder, die der Brasilianer im Ausland erwirtschaftet hat.
Brasilien: Steuerdschungel dank Kompetenzhoheit
Im internationalen Vergleich ist Brasiliens Steuersystem ungefähr mit der Komplexität und Undurchsichtigkeit des deutschen Steuerrechts zu vergleichen. Circa 35 neue Steuernormen täglich sprechen eine eindeutige Sprache.
Seit Inkrafttreten der brasilianischen Verfassung im Jahr 1988 wurden bereits 70 Verfassungsänderungen vorgenommen, 141 Verfassungsergänzungsgesetze verfasst und unzählige weitere Verordnungen und Gesetze geändert und erlassen.
Inzwischen verfügt die brasilianische Bundesverfassung über 25 Artikel und ist damit wohl einer der ausführlichsten Verfassungen auf dem Gebiet des Steuer- und Haushaltsrechts. Schuld an diesem Chaos ist die Kompetenzhoheit aller Gebietskörperschaften Brasiliens. Die Regierung sieht vor, dass Bund, Länder sowie Gemeinden in Steuer- und Gebührenfragen völlig freie Hand haben.
Quellensteuer Brasilien: „Pay as you earn“
Die meisten Einkunftsarten, so auch die Gehälter der Steuerzahler, unterliegen in Brasilien einer monatlichen Quellenbesteuerung. Diese dient als Vorauszahlung auf die jährliche Einkommensteuer oder aber als einmalige Abgeltungssteuer.
Die Regelung der Quellensteuer in Brasilien hat jedoch zur Folge, dass nur etwa 22 Mio. der 192 Mio. Einwohner überhaupt eine Einkommensteuererklärung am Ende des Jahres abgeben.
Grundsätzlich zahlt demnach jeder brasilianische Einwohner, gemessen an seinen Einkünften, die Quellensteuer. Dieses Leistungsfähigkeitsprinzip wird allerdings in Form zahlreicher Steuerbefreiungen und -vergünstigungen berücksichtigt.
Das brasilianische Steuerrecht und seine Quellensteuer
So sieht die Besteuerung der 4 wichtigsten Einkunftsarten nach brasilianischem Steuerrecht aus:
- Auf Dividenden wird seit 1996 in Brasilien keine Quellensteuer mehr erhoben.
- Zinsen werden nach brasilianischem internen Steuerrecht mit 15% besteuert.
- Auf Lizenzgebühren und Zahlungen für Technologietransfer, technische Unterstützung und technische Dienstleistung wurde der Steuersatz von 25% auf 15% gesenkt.
- Sonstige Dienstleistungen (z. B. Einkünfte durch Verwaltung, Informatik, Marketing, Verkauf etc.) unterliegen der Quellensteuer von 15% zuzüglich 10% CIDE (Contribuição de Intervenção no Domínio Econômico, auf Deutsch: Abgabe auf die Intervention im Wirtschaftssektor).
Doppelbesteuerung: Brasiliens Lösung für das internationale Problem
In den meisten Fällen regelt ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), welche erzielten Einkünfte oder zu belegendes Vermögen in welchem Umfang den beiden Vertragsstaaten zusteht.
Existiert jedoch kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dann wird eine entstehende Doppelbesteuerung dadurch vermieden, dass die Einkommensteuer des Auslandes auf die brasilianische Steuer angerechnet werden kann. So können auch in Brasilien ansässige Personen die in Deutschland gezahlte Steuer von der in Brasilien geschuldeten Steuer abziehen.
Doppelbesteuerungsabkommen: Brasilien und Deutschland
Mit insgesamt 33 Ländern hat Brasilien DBA abgeschlossen, um die internationale Besteuerung auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Brasilien jedoch wurde von deutscher Seite nach über 30 Jahren zum 31.12.2005 gekündigt.
Grundsätzlich erschwert das Fehlen eines DBA die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Investitionstätigkeit sowie den verstärkten Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Technologien zwischen 2 Ländern.
Fazit: Die Quellensteuer in Brasilien ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staates. Trotz alledem fehlt es dem Land an einem einheitlichen Steuersystem.