Vorsteuer im Ausland: So erhalten Unternehmer ihre Erstattung

Unternehmer, die im Ausland Waren oder Dienstleistungen einkaufen, zahlen in vielen Fällen ausländische Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer). Da diese Umsatzsteuer im Ausland abgeführt wird, kann sie nicht über die reguläre Vorsteuerabzugsregelung in Deutschland geltend gemacht werden. Stattdessen muss sie über ein besonderes Erstattungsverfahren zurückgefordert werden.
Doch wie funktioniert die Vorsteuervergütung genau? Welche Voraussetzungen gelten für die Erstattung, und wie stellt man den Antrag? Dieser Leitfaden erklärt das Verfahren Schritt für Schritt und gibt wertvolle Tipps, um eine erfolgreiche Rückerstattung der Vorsteuer sicherzustellen.
Was ist die Vorsteuer und warum ist sie wichtig?
Die Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die ein Unternehmer für erhaltene Lieferungen und Leistungen bezahlt. Sie kann in Deutschland normalerweise im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt als Vorsteuerabzug geltend gemacht werden.
Problematisch wird es jedoch, wenn die Rechnung von einem ausländischen Unternehmen ausgestellt wurde. Denn:
- Die ausländische Mehrwertsteuer darf in Deutschland nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
- Sie kann stattdessen über ein Erstattungsverfahren zurückgefordert werden.
Für die Vergütung gibt es unterschiedliche Regelungen innerhalb der EU und für Länder außerhalb der EU (Drittländer).
Vorsteuervergütung innerhalb der EU
Die EU hat für Unternehmen ein einheitliches Erstattungsverfahren für die Vergütung der Vorsteuer geschaffen. Unternehmer aus Deutschland, die in einem anderen EU-Land Umsatzsteuer gezahlt haben, können diese zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zurückfordern.
Voraussetzungen für die Vorsteuererstattung in der EU
Die wichtigsten Bedingungen für eine erfolgreiche Vergütung der Vorsteuer sind:
- Unternehmerstatus: Der Antragsteller muss ein in Deutschland ansässiger Unternehmer sein.
- Umsatzsteuerpflicht: Das Unternehmen unterliegt der deutschen Umsatzsteuerpflicht. Kleinunternehmer dürfen keine Mehrwertsteuer auf ihre Rechnungsbeträge aufschlagen und sind auch nicht zum Abzug der Vorsteuer berechtigt.
- Keine Ansässigkeit im Erstattungsland: Der Unternehmer darf im betreffenden EU-Land weder eine Betriebsstätte noch eine Niederlassung haben.
- Kein steuerpflichtiger Umsatz im Erstattungsland: Falls im betreffenden EU-Land Umsätze erzielt wurden, die dort steuerpflichtig sind, ist keine Erstattung möglich.
- Rechnungen mit korrekten Angaben: Die ausländische Rechnung muss alle erforderlichen Angaben enthalten (siehe Abschnitt Wichtige Hinweise zu Rechnungen aus dem Ausland).
- Elektronische Antragstellung: Der Antrag auf Vorsteuervergütung muss über das BZSt-Portal erfolgen.
Das Antragsverfahren der Vorsteuererstattung
Das Vorsteuervergütungsverfahren läuft in folgenden Schritten ab:
1. Antragstellung über das BZSt-Online-Portal
- Der Antrag muss elektronisch eingereicht werden, Papieranträge sind nicht zulässig.
- Die beantragte Vergütung beträgt mindestens 400 Euro bzw. einen äquivalenten Wert in anderen Landeswährungen.
- Rechnungen und Belege können im Antrag entweder einzeln angeführt oder vorab in eine csv-Datei erfasst und mit dem Antrag hochgeladen werden.
- Rechnungen über 1.000 Euro (bei Kraftstoffen über 250 Euro) müssen als Scan beigefügt werden.
2. Prüfung durch das BZSt und Weiterleitung an das Erstattungsland
- Das BZSt prüft den Antrag und leitet ihn innerhalb von 15 Tagen an das entsprechende EU-Land weiter.
- Nach der Weiterleitung liegt die Zuständigkeit ausschließlich beim Erstattungsland.
- Binnen vier Wochen sollte eine Bestätigung über den Eingang des Antrags des jeweiligen Mitgliedsstaates erfolgen.
3. Bearbeitung durch das Erstattungsland
- Das EU-Land prüft die Rechnungen und entscheidet über die Erstattung.
- Bearbeitungszeit: Maximal 4 Monate, in besonderen Fällen bis zu 8 Monate. Sollte der Erstattungsstaat diese Fristen nicht einhalten, so stehen dem Antragssteller Zinsen zu, sofern er sich selbst an die vorgesehen Fristen gehalten hat.
Fristen für die Beantragung der Vorsteuererstattung innerhalb der EU
Der Antrag muss spätestens bis zum 30. September des Folgejahres eingereicht werden. Diese Frist ist eine Fallfrist. Das bedeutet, dass alle Anträge abgelehnt werden, die bis zum Ende der Frist nicht oder nicht vollständig im Erstattungsland eingelangt sind.
Vorsteuererstattung in Drittländern (Nicht-EU-Länder)
Wer in einem Nicht-EU-Land Geschäftsaufwendungen hat, kann dort gezahlte Mehrwertsteuer oft ebenfalls zurückfordern. Während innerhalb der Europäischen Union ein standardisiertes Verfahren existiert, variieren die Regelungen in Drittländern erheblich. Nachfolgend werden die spezifischen Anforderungen und Verfahren in ausgewählten Drittländern erläutert.
Länderspezifische Regelungen für die Vergütung der Vorsteuer
Die Vorsteuervergütung in Drittländern hängt von bilateralen Abkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen Land ab. Einige Beispiele:
Schweiz
In der Schweiz können ausländische Unternehmen die Rückerstattung der Mehrwertsteuer (MWST) beantragen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Der Antrag muss direkt bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) gestellt werden. Wesentliche Bedingungen sind:
- Keine steuerpflichtige Tätigkeit in der Schweiz: Das Unternehmen darf in der Schweiz keine steuerbaren Umsätze erzielen.
- Mindestbetrag und Fristen: Der Erstattungsbetrag muss mindestens 500 CHF betragen, und der Antrag ist bis spätestens 30. Juni des Folgejahres einzureichen.
Detaillierte Informationen bietet die Eidgenössische Steuerverwaltung.
Norwegen
Norwegen ermöglicht ausländischen Unternehmen die Rückerstattung der im Land gezahlten Mehrwertsteuer (Merverdiavgift, kurz: MVA). Die Voraussetzungen ähneln denen der Schweiz:
- Keine steuerpflichtige Tätigkeit in Norwegen: Das Unternehmen darf in Norwegen keine steuerbaren Umsätze erzielen.
- Mindestbetrag und Fristen: Der Antrag muss bis zum 30. Juni des Folgejahres gestellt werden, wobei der Mindestbetrag für die Erstattung variiert.
Weitere Details sind bei der norwegischen Steuerbehörde (Skatteetaten) erhältlich.
Vereintes Königreich (Großbritannien)
Nach dem Brexit gelten im Vereinigten Königreich neue Regelungen für die Vorsteuererstattung. Ausländische Unternehmen können die im UK gezahlte Umsatzsteuer (VAT) unter folgenden Bedingungen zurückfordern:
- Keine steuerpflichtige Tätigkeit im UK: Das Unternehmen darf im UK keine steuerbaren Umsätze erzielen.
- Antragsfristen: Der Erstattungszeitraum erstreckt sich vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres. Der Antrag muss bis spätestens 31. Dezember des Folgejahres eingereicht werden.
- Mindestbetrag: Der zu erstattende Betrag muss bestimmte Mindestgrenzen überschreiten, die variieren können.
Detaillierte Informationen bietet die britische Steuerbehörde (HMRC).
Allgemeine Hinweise für Drittländer
In vielen Drittländern gelten folgende allgemeine Anforderungen für die Vorsteuererstattung:
- Direkte Antragstellung: Der Antrag muss direkt bei der zuständigen Steuerbehörde des jeweiligen Landes gestellt werden.
- Originalbelege: Oftmals ist die Vorlage von Originalrechnungen und weiteren Dokumenten erforderlich.
- Unternehmerbescheinigung: Ein Nachweis über den Unternehmerstatus, beispielsweise durch eine Unternehmerbescheinigung, ist häufig notwendig.
- Antragsfristen: Die Fristen variieren je nach Land, liegen jedoch häufig zwischen dem 30. Juni und dem 31. Dezember des Folgejahres.
Es ist empfehlenswert, sich vor Antragstellung über die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Landes zu informieren, beispielsweise über die Industrie- und Handelskammern oder spezialisierte Steuerberatungen.
Wichtige Hinweise zu Rechnungen aus dem Ausland
Für eine erfolgreiche Vergütung der Vorsteuer ist es entscheidend, dass Rechnungen aus dem Ausland bestimmte Pflichtangaben enthalten. Diese Angaben variieren je nach Land und spezifischen steuerlichen Anforderungen. Allgemein sollten Rechnungen jedoch folgende Informationen enthalten:
- Vollständiger Name und Anschrift des Lieferanten oder Dienstleistungserbringers: Diese Daten identifizieren den Rechnungsaussteller eindeutig.
- Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Lieferanten: Diese Nummer ist für die steuerliche Zuordnung erforderlich.
- Rechnungsdatum und -nummer: Eine eindeutige Identifizierung der Rechnung ist notwendig.
- Beschreibung der gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen: Eine klare Spezifikation des Leistungsumfangs ist erforderlich.
- Nettobetrag, angewandter Steuersatz und Steuerbetrag: Diese Angaben sind für die Berechnung der Vorsteuer relevant.
Ist die ausländische Umsatzsteuer eine Betriebsausgabe?
Nicht immer ist eine Erstattung der Vorsteuer aus dem Ausland möglich. In solchen Fällen stellt sich für Unternehmer die Frage, ob die gezahlte ausländische Umsatzsteuer zumindest als Betriebsausgabe abgesetzt werden kann.
Wann kann die ausländische Umsatzsteuer als Betriebsausgabe erfasst werden?
Die ausländische Mehrwertsteuer kann als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, wenn:
- keine Möglichkeit zur Vorsteuererstattung besteht, weil das jeweilige Land keine Erstattung an ausländische Unternehmen vorsieht oder weil der Antrag nicht gestellt wurde.
- die Voraussetzungen für eine Vorsteuervergütung nicht erfüllt sind, z.B. weil der Mindestbetrag für einen Erstattungsantrag nicht erreicht wurde.
- der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, z.B. weil er Kleinunternehmer ist oder ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen erbringt.
Falls eine Vergütung der ausländischen Mehrwertsteuer nicht möglich ist, kann sie als zusätzlicher Kostenfaktor verbucht werden. Sie mindert dann den Gewinn und reduziert somit die steuerliche Belastung des Unternehmens.
Fazit: Erstattung der Vorsteuer optimal nutzen und steuerliche Nachteile vermeiden
Für Unternehmer, die regelmäßig im Ausland Geschäftsreisen unternehmen oder Waren beziehen, kann die Vorsteuervergütung eine erhebliche finanzielle Entlastung bedeuten. Die Verfahren sind jedoch unterschiedlich: Während die EU ein standardisiertes System bietet, gelten für Drittländer individuelle Voraussetzungen.
Wer sich rechtzeitig informiert, alle Rechnungen korrekt aufbewahrt und die Antragsfristen beachtet, kann sich einen finanziellen Vorteil sichern. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, einen Steuerberater oder Spezialisten für Umsatzsteuererstattungen zu konsultieren.