ETF und Steuern: Überblick und Tipps für Anleger
Bis zum Jahre 2018 war die Versteuerung der Erträge, die bei ETFs und Fonds anfallen, relativ kompliziert. Insbesondere aufgrund einer Investmentsteuerreform ist es heutzutage wesentlich einfacher, das Thema ETF und Steuern zu verstehen. Seit dieser Zeit werden sämtliche ETF in steuerlicher Hinsicht gleich behandelt.
Wir möchten in unserem Beitrag darauf eingehen, wie ETFs versteuert werden und welche Steuern relevant sind. Ferner gehen wir darauf ein, wann Sie bei ETFs Steuer zahlen müssen, ob es nach einigen Jahren Haltedauer eine steuerfreie Ausschüttung gibt. Zudem geben wir Ihnen einige Tipps zum Thema.
Wir werden ETFs versteuert?
Auf Grundlage der Investmentsteuerreform aus dem Jahre 2018 werden ETFs einheitlich versteuert, was ein wesentliches Ziel der entsprechenden Steuerreform gewesen ist. Im Wesentlichen findet eine steuerliche Gleichbehandlung von Investmentfonds sowie ETFs statt, unabhängig davon, um welche der folgenden Varianten es sich handelt:
- Inländische Fonds
- Ausländische Fonds
- Thesaurierende Fonds
- Ausschüttende Fonds
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Steuern sofort bei der Ausschüttung der anfallenden Erträge, genauer gesagt der Kapitalerträge, fällig werden. Man spricht daher auch von einer Quellensteuer, sodass die Finanzämter auf diese Weise eine Steuerstundung vermeiden. Haben Sie Ihrer Bank keinen Freistellungsauftrag erteilt oder reicht dieser nicht aus, führen inländische Banken und Broker die anfallenden Steuern sofort an das Finanzamt ab.
Welche Steuern sind bei ETFs von Bedeutung?
Im Zusammenhang mit Erträgen bei ETFs können mehrere Steuern von Bedeutung sein. Im Vordergrund steht jedoch die Abgeltungssteuer, die als Kapitalertragsteuer auf jeden Fall anfällt. Ferner kann ebenfalls die sogenannte Vorabpauschale von Relevanz sein, ebenso wie eine eventuelle, ausländische Quellensteuer.
Abgeltungssteuer
Die Abgeltungssteuer ist eine Kapitalertragsteuer und wird in Deutschland auf sämtliche Renditen, Erträge und Gewinne berechnet, die auf Grundlage von Geldanlagen anfallen. Damit gilt die Abgeltungssteuer insbesondere für die folgenden Ertragsarten:
- Zinsen
- Dividenden
- Kursgewinne
- Währungsgewinne
Unabhängig davon, ob es sich um einen thesaurierenden oder um einen ausschüttenden Fonds handelt, müssen die Erträge versteuert werden. Die Abgeltungssteuer beläuft sich auf 25 Prozent. Eventuell kommt noch der Solidaritätszuschlag sowie eine Kirchensteuer hinzu, sodass der Gesamtsteuersatz häufiger bei über 26 Prozent liegt. Der inländische Depotanbieter ist zur Abfuhr der Abgeltungssteuer verpflichtet, sollte der Kunde keinen Freistellungsauftrag erteilt haben oder dieser die entstandenen Erträge nicht vollständig abdecken.
Im Hinblick auf die Steuerlast kann allerdings jeder Anleger seinen persönlichen Sparerfreibetrag, den sollten Sparer-Pauschbetrag, in Anspruch nehmen. Seit 2023 beläuft sich der Sparer-Pauschbetrag pro Person auf 1.000 Euro pro Jahr. Das bedeutet, dass sämtliche Kapitaleinkünfte, also auch die Erträge aus ETFs, bis zu diesem Betrag nicht versteuert werden müssen. Für die Abgeltungssteuer möchten wir gerne im Folgenden ein Beispiel aufführen.
Beispiel zur Abgeltungssteuer
Gehen wir in unserem Beispiel davon aus, dass Sie in Ihrem Depot ETFs im Gegenwert von 22.000 Euro haben. Als Sie die Indexfonds vor einem Jahr gekauft haben, geschah das zu einem Kaufpreis in Höhe von 20.500 Euro. Dementsprechend haben Sie momentan einen Gewinn in Höhe von 1.500 Euro erzielt. Sollten Sie die Fondsanteile jetzt veräußern möchten, würde das zur folgenden Rechnung führen:
- Wert beim Kauf: 20.500 Euro
- Wert beim Verkauf: 22.000 Euro
- Gewinn / Ertrag: 1.500 Euro
- Sparer-Pauschbetrag: 1000 Euro
- Zu versteuernde Erträge: 500 Euro
- Abgeltungssteuer: 125 Euro
Sie müssen also lediglich vom Gesamtertrag in Höhe von 1.500 Euro anschließend 125 Euro Abgeltungssteuer zahlen, weil Sie zunächst den Sparer-Pauschbetrag nutzen können.
Vorabpauschale
Während bei ausschüttenden Investmentfonds sowie ETFs die erzielten Gewinne normalerweise ausschließlich der Abgeltungssteuer unterliegen, kann bei thesaurierenden Indexfonds zusätzlich die sogenannte Vorabpauschale von Bedeutung sein. Bei wiederanlegenden ETFs findet zwar keine effektive Ausschüttung statt. Trotzdem möchte der Bund an den erzielten Gewinnen teilhaben, was durch die Vorabpauschale realisiert wird.
Es geht dementsprechend bei der Pauschale darum, dass die „fiktiven“ Erträge die Basis für die Erhebung einer Steuer sind. Demzufolge fällt die Vorabpauschale an, bevor die entsprechenden ETFs verkauft werden und damit der Gewinn realisiert würde. Der Sinn und Zweck der Pauschale ist, dass es eine steuerliche Gleichbehandlung von thesaurierenden Fonds auf der einen und ausschüttenden ETFs auf der anderen Seite gibt. Damit Sie die Pauschale berechnen können, werden folgende Daten und Zahlen benötigt:
- Wert der ETFs zu Jahresbeginn und zum Jahresende
- Basiszins
Die Vorabpauschale ist entsprechend eine Bemessungsgrundlage für die Abgeltungssteuer, die eben schon vor dem Verkauf der Fondsanteile ermittelt wird. Die Berechnung des benötigten Basiszinses wird von der Deutschen Bundesbank durchgeführt.
Um nun die Vorabpauschale bei ETFs zu ermitteln, sind folgende zwei Schritte notwendig:
1) Im ersten Schritt berechnen Sie den erzielten Gewinn. Dazu setzen Sie Ihr ETF-Vermögen zu Jahresbeginn ins Verhältnis zum Gegenwert am Jahresende. Die Differenz ist demzufolge der zu versteuernde Ertrag.
2) Im zweiten Schritt berechnen Sie den Basisertrag. Dazu müssen Sie 70 Prozent des Basiszinssatzes mit dem ETF-Wert zu Jahresbeginn multiplizieren, dementsprechend: Basiszins * 0,7 * ETF-Wert zu Jahresbeginn
Nachdem Sie diesen Rechenschritt vollzogen haben, müssen Sie jetzt lediglich die zwei Werte miteinander vergleichen. Ist zum Beispiel der Basisertrag niedriger als der Gewinn, dann greift die Abgeltungssteuer. Liegt der Basisertrag hingegen oberhalb des erzielten Gewinns, muss dieser versteuert werden. Auch dazu möchten wir Ihnen jetzt ein Beispiel nennen.
Beispiel zur Vorabpauschale
In unserem Beispiel gehen wir davon aus, dass Ihre im Depot befindlichen ETF zu Jahresbeginn einen Gegenwert von 22.000 Euro hatten. Am Ende des Jahres, also zum 31. Dezember, lag der Gesamtwert bei 22.800 Euro. Der Basiszins beläuft sich auf angenommene 1,60 Prozent. Die Rechnung sieht nun wie folgt aus:
1) 22.800 Euro # 22.000 Euro = 800 Euro, also Ihr erzielter Gewinn (Rendite)
Im zweiten Schritt berechnen Sie nun den Basisertrag mit der Formel:
2) 22.000 Euro * 1,60 % (0,0160) * 0,7 = 246,40 Euro
Nun müssen Sie lediglich noch den Gewinn (Rendite) und den Basisertrag vergleichen. Im Beispiel ist der Basisertrag deutlich geringer als die Rendite, sodass vom Basisertrag 25 Prozent Abgeltungssteuer abzuführen sind, demnach im Beispiel 61,60 Euro.
Ausländische Quellensteuer
In der Praxis ist die Quellensteuer bei Erträgen, die bei ausländischen ETFs anfallen, nicht mehr allzu großer Bedeutung. Zwar ist es theoretisch möglich, dass eine solche, ausländische Quellensteuer mitunter 30 Prozent beträgt. Jedoch hat Deutschland mit zahlreichen Ländern sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Das bedeutet, dass der Steuersatz festgelegt ist, den deutsche Anleger im Ausland höchstens zahlen müssen. Ein solches Abkommen beinhaltet zum Beispiel, statt 30 Prozent lediglich 15 Prozent an Quellensteuer zahlen zu müssen, die ausländischer Finanzbehörden einbehalten. Diese Quellensteuer können Anleger auf ihre Abgeltungssteuer anrechnen.
Teilfreistellung anstelle der Quellensteuer
Wiederum aufgrund der gewünschten Gleichbehandlung sämtlicher ETFs im Hinblick auf die Steuer ist die Anrechnung ausländischer Quellensteuern im Jahre 2018 auf die Abgeltungssteuer abgeschafft worden. Stattdessen ist ein bestimmter Anteil der ETF-Erträge direkt von Beginn an steuerfrei. Dieser Anteil wird dementsprechend als Teilfreistellung bezeichnet. Anleger, die zum Beispiel in ETFs investieren, müssen nichts unternehmen, wenn es um diese Teilfreistellung geht.
Wann muss ich bei ETFs Steuern zahlen?
Erträge der ETFs sind grundsätzlich zu versteuern. Es kommt allerdings auf die folgenden Punkte an, ob und in welchem Umfang Sie Ihre Gewinne in der Praxis tatsächlich versteuern müssen:
- Gibt es einen Freistellungsauftrag?
- Überschreitet der Sparer-Pauschbetrag die Summe der Erträge?
- Fallen die Erträge bei inländischen oder ausländischen Brokern / Banken an?
- Haben Sie neben Kapitalerträgen noch andere Einkünfte?
Lassen Sie uns diese Fragen der Reihe nach abarbeiten. Sollten Sie sich für einen ausländischen Broker eine Bank entschieden haben, können Sie keinen Freistellungsauftrag erteilen. Allerdings müssen diese Finanzdienstleister auch keine Abfuhr der Abgeltungssteuer vornehmen. Das befreit Sie allerdings nicht von der Steuerpflicht, denn Sie müssen die Erträge aus ETFs selbstständig gegenüber dem Finanzamt angeben.
Falls die Erträge aus der Anlage in ETFs geringer als Ihr Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro sind, müssen Sie effektiv keine Steuern bezahlen. Mit einem Freistellungsauftrag an eine inländische Bank oder einen Broker können Sie zudem die zwischenzeitliche Abfuhr der Abgeltungssteuer vermeiden. Hatten Sie keinen Freistellungsauftrag erteilt, können Sie sich die Abgeltungssteuer später im Rahmen der Einkommensteuererklärung wieder zurückholen.
Unter Umständen müssen Sie selbst dann auf ETFs keine Steuern sein, wenn der jährliche Gewinn oberhalb von 1.000 Euro liegt. Das ist unter der Voraussetzung möglich, dass Sie neben den Einkünften aus Kapitalvermögen entweder keine weiteren Einkünfte haben oder diese zusammen mit den Gewinnen aus der Anlage in ETFs Ihren persönlichen Freibetrag nicht überschreiten. Jedem Bundesbürger steht nämlich ein Grundfreibetrag in Höhe von 10.980 Euro (2023) zur Verfügung. Auf diesen Betrag fallen auf sämtliche Einkünfte, egal welcher Art, keine Steuern an.
Sind ETFs nach einigen Jahren steuerfrei?
Bis zur Einführung der Abgeltungssteuer, die es mittlerweile schon mehr als zehn Jahre gibt, existierte im Hinblick auf Erträge aus Kapitalvermögen eine Spekulationssteuer. Hatten Sie dann beispielsweise ETFs länger als ein Jahr gehalten, waren die Gewinne steuerfrei. Mit Einführung der Abgeltungssteuer wurde allerdings die Spekulationssteuer in diesem Bereich abgeschafft. Das bedeutet, dass die Gewinne aus der Anlage in ETFs auch nach einigen Jahren nicht steuerfrei sind, sondern – unabhängig von der Haltedauer – immer zu versteuern sind.
Steuern bei ETFs: Tipps für Anleger
- Sparer-Pauschbetrag nutzen: Ihnen steht ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro zur Verfügung. Damit Bank oder Broker keinen Abzug der Abgeltungssteuer auf anfallende Erträge vornehmen müssen, sollten Sie einen ausreichend hohen Freistellungsauftrag erteilen.
- Freistellungsauftrag auf mehrere Finanzdienstleister verteilen: In vielen Fällen werden Sie nicht nur bei einer Bank ein Depot mit Fonds oder andere Anlagen haben und Erträge erzielen, sondern bei mehreren Finanzdienstleistern. Dann macht es Sinn, den Freistellungsauftrag auf mehrere Anbieter zu verteilen.
- Freistellungsaufträge dürfen insgesamt Sparer-Pauschbetrag nicht überschreiten: Beim Erteilen der Freistellungsaufträge müssen Sie allerdings beachten, dass diese zusammen Ihren Sparerpauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro nicht überschreiten. Sie können also beispielsweise der Bank A einen Auftrag über 300 Euro erteilen, der Bank B dann 400 Euro und dem Broker C maximal 300 Euro.
- Verlustvortrag aus den Vorjahren nutzen: Nicht selten kommt es vor, dass Sie in einem Jahr mit der Anlage in ETFs und andere Fonds Verluste erleiden, in anderen Jahren hingegen Gewinne generieren. Somit können Sie die Möglichkeit eines Verlustvortrages nutzen, denn die früheren Verluste können mit Gewinnen der nächsten Jahre verrechnet werden.
- ETFs auf Namen der Kinder anlegen: Auch Kinder haben in Deutschland einen Grundfreibetrag von knapp 11.000 Euro. Somit kann es in steuerlicher Hinsicht sinnvoll sein, ETFs auf den Namen Ihrer Kinder anzulegen. Beachten Sie allerdings, dass Ihre Kinder dann wirtschaftlich berechtigt sind und Sie nicht einfach über die ETFs und damit das Kapitalvermögen verfügen dürfen.