Thesaurierende Fonds: Beispiel, Vorteile und Steuern
Beim Handel mit Fondsanteilen oder Sparplänen wird man auf den Begriff des ausschüttendenden bzw. thesaurierenden Fonds stoßen. Der Unterschied dieser Arten von Fonds wird schon durch die jeweilige Bezeichnung deutlich. Dabei ist es nicht relevant, ob es sich bei der Investiton um klassische Fonds oder sogenannte ETFs handelt, die in Wertpapiere investieren. Solche Fonds eignen sich für Anleger, die auf lange Sicht eine Vermögensbildung anvisieren.
Während die erzielten Renditen dem Besitzer eines ausschüttenden Aktienfonds ausgezahlt werden, werden sie bei thesaurierenden Fonds unmittelbar reinvestiert, ohne dass sie dem Anleger vorher zugeführt werden. Trotzdem sollten Anleger mit Blick auf die thesaurierenden Fonds einige Aspekte unbedingt berücksichtigen. Beispielsweise ist die Thematik der Versteuerung interessant und von besonderer Bedeutung. Für wen und aus welchem Grund sich thesaurierende Fonds anbieten, wird der folgende Artikel genauer erläutern.
Was sind thesaurierende Fonds?
Der Begriff der Thesaurierung findet seinen Wortursprung in dem Begriff “Thesaurus”. Dieser Begriff wird von dem latenischen Begriff “thesaurus” bzw. griechischen Begriff “thesaurós” abgeleitet. Bei einem Thesaurus handelt es sich um ein heiliges Gebäude, welches in der Antike dazu diente, wertvolle Gegenstände und Schätze aufzubewahren. Somit kann Thesaurus als “Schatzhaus” übersetzt werden. Daraus folgend handelt es sich bei einer Thesaurierung um eine Schatzbildung.
Von thesaurierenden Aktienfonds ist die Rede, wenn die Erträge eines Investments ohne Auszahlung an den Anleger direkt reinvestiert werden. Der Vorgang der thesaurierten Wiederanlage findet automatisch statt, wofür keine Handelsgebühren bei der Reinvestition berechnet werden. Praktisch werden mit den erzielten Dividendenerträgen automatisiert weitere Fondsanteile als Wiederanlage erworben. Der Prozess wird auch als das Thesaurieren bezeichnet.
Durch das Thesaurieren soll erzielt werden, dass die Reinvestition zu einem höheren Gewinn führt, wodurch der Wert der Anlage entsprechend wächst. Dies lässt sich analog der Verzinsung mit dem Zinseszinseffekt nachvollziehen. Statt sich Zinsen einer Geldanlage auszahlen zu lassen, erwirtschaften diese dann ebenfalls Zinsen – die sogenannten Zinseszinsen.
Gedankenexperimente wie der Josefspfennig haben in der Vergangenheit gezeigt, wie stark der Zinseszinseffekt sein kann. Thesaurierende Fonds werden bedingt durch diesen Effekt als akkumulierende Fonds oder Wachstumsfonds bezeichnet.
Was ist der Zinseszinseffekt?
Um im Bereich des Investments Fuß fassen zu können, sollte der Effekt des Zinseszinses klar sein. Hierbei handelt es sich grob ausgedrückt um die selbstständige Vermehrung des Eigenkapitals. Diese findet dadurch statt, dass die jährlichen Zinserträge mit dem Startkapital zusammen weiterverzinst werden. Da durch die Zinsen das Kapital steigt, wird der Gewinn durch die Verzinsung höher ausfallen.
Der Zinseszinseffekt führt gerade bei Zinssätzen über zwei Prozent und vor allem bei langfristiger Geldanlage zu nennenswerten Wertsteigerungen. Insbesondere in den letzten zwei bis drei Jahren eines langen Investments kann er noch zu einer enormen Steigerung des Kapitals beitragen. Denn je höher das zu verzinsende Kapital ist, umso mehr Kursgewinn kann durch die anfallenden Zinsen erzielt werden.
Arten von thesaurierenden Fonds
Bei typischen Investmentfonds und bei vielen ETFs von zahlreichen Fondsgesellschaften kann es sich um thesaurierende Fonds handeln. Ob Kursgewinne ausgeschüttet oder thesauriert, kann den Beschreibungen sowie dem Wertpapierprospekt der Fondsgesellschaft entnommen werden. Namenszusätze wie „Growth” oder „Wachstum” lassen auf ein thesaurierendes Fondsvermögen schließen. Auf den Webseiten der Emittenten ist diese Eigenschaft ebenfalls deutlich gekennzeichnet.
Die erzielten Gewinne werden bei beiden Arten von Fonds durch einen automatischen Prozess in neue Fondsanteile in das Fondsvermögen investiert. Weder bei thesaurierenden Investmentfonds noch bei der Option eines ETFs werden die Erträge an den Anleger ausgeschüttet. Da es sich um einen automatischen Prozess handelt, werden diese Arten von Fonds von einer Vielzahl der Anleger präferiert. Hierbei ist es nicht notwendig, sich mit der Wertentwicklung der einzelnen Positionen an der Börse aktiv auseinanderzusetzen.
Wie unterscheiden sich ausschüttende und thesaurierende Fonds?
Ausschüttende Fonds | Bei ausschüttenden Fonds werden in regelmäßigen Abständen die durch die Investition erzielten Erträge an den Anleger ausgeschüttet. Diese Ausschüttung findet je nach Depotbank in unterschiedlichen Abständen statt. In der Regel werden Ausschüttungen einmal jährlich, halbjährlich oder quartalsweise vorgenommen. Ausschüttungen können durch den Anleger ausgezahlt oder in andere Investitionen angelegt werden. |
Thesaurierende Fonds | Bei thesaurierenden Fonds handelt es sich um Anlagen, deren erzielte Erträge sofort reinvestiert werden. Dem Anleger werden keine etwaigen Gewinne ausgeschüttet. Als Folge findet der Zinseszinseffekt Anwendung, denn die Erträge können weitere Gewinne erzielen. |
Beispiel für thesaurierende Fonds
Im Folgenden wird ein typisches Beispiel eines thesaurierenden ETFs mit einer einmaligen Einzahlung und einer monatlichen Sparrate für die Laufzeit von 20 Jahren analysiert. Zu beachten ist, dass ein Ausgabeaufschlag von 2,5 % sowie Verwaltungsgebühren in Höhe von 0,5 % veranschlagt worden, die die Renditen drücken. Der jährliche Kurszuwachs wurde im Schnitt mit 5 % angegeben, jährliche Erträge werden mit 2 % generiert.
Einmalbetrag | 10.000 € |
Sparrate | 100 € |
Jährlicher Kurszuwachs | 5 % |
Laufzeit | 20 Jahre |
Ausgabeaufschlag | 2,5 % |
Jährliche Erträge | 2 % |
Verwaltungsgebühr | 0,5 % |
Endwert | 82.129,43 € |
Gewinn | 48.129,43 € |
Effektive Rendite | 6,39 % p. a. |
Das Beispiel demonstriert gut, wie die Wertentwicklung dieser Anlage ausschaut. Ebenfalls zeigt das Beispiel anschaulich, welche Bedeutung die Gebühren auf die effektive Rendite haben.
Hätte es sich bei demselben Beispiel um einen ausschüttenden Fonds gehandelt, wäre der Endwert der Geldanlage nur bei 61.310,84 €. Die ausgeschütteten Erträge wären mit 12.707,10 € gegenüber 15.230,49 € thesaurierten Beträgen merklich geringer. Dies veranschaulicht die Macht des Zinseszinseffektes.
Je länger die Laufzeit, umso effektiver kann dieser Effekt wirken. Eine Verlängerung der Laufzeit um fünf Jahre würde beispielsweise 50 % mehr Wert der gesamten Anlage bedeuten. Daher ist es uneingeschränkt empfehlenswert, so früh wie möglich mit einer Geldanlage zu beginnen.
Was sind die Vorteile und Nachteile thesaurierender Fonds?
Thesaurierende Fonds scheinen auf den ersten Blick eine attraktive Anlagemöglichkeit zu sein. Trotzdem ist es lohnenswert einen Vergleich der Vor- & Nachteile dieser Art von Fonds durchzuführen. Die folgende Tabelle vergleicht entsprechende Chancen und Risiken von thesaurierenden Fonds.
Vorteile | Nachteile |
Geringer Zeitaufwand (automatische Reinvestition, keine Auseinandersetzung mit Marktentwicklung nötig) | Eingeschränkte Verfügbarkeit |
Zinseszinseffekt nutzbar | Keine Ausschüttung von Erträgen |
Keine Zusatzkosten aufgrund von sofortiger Reinvestition | Gewinne sind nur ein abstraktes Thema, da sie nicht unmittelbar greifbar sind |
Eignet sich optimal für langfristige Anlagen | Erhöhtes Verlustrisiko bei fallenden Kursen |
Wie werden thesaurierende Fonds versteuert?
Alle Gewinne, die durch Fonds erzielt werden, sind durch die Abgeltungsteuer zu versteuern. Die Abgeltungssteuer ist eine Quellsteuer, was bedeutet dass sie an der Quelle, beispielsweise eine Bank, einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Sie wurde 2009 in Deutschland eingeführt und regelt Steuern auf Kapitalerträge. Neben Abgeltungssteuer spricht man oft auf von Kapitalertragssteuer. Durch die Abgeltungssteuer wird die Einkommenssteuer erhoben.
Bei thesaurierenden Fonds gibt es allerdings einen Freibetrag, bis zu welchem keine Versteuerung zu leisten ist. Der sogenannte Sparer-Pauschbetrag ist für alle Formen von Kapitalerträgen anwendbar.
Jeder steuerpflichtige Anleger kann selbst darüber entscheiden, die darüber liegenden Gewinne via Freistellungsauftrag selbst in der Steuererklärung anzugeben, oder sie unmittelbar von der Depotbank oder dem Broker von der ausstehenden Zahlung einbehalten zu lassen. In den meisten Fällen wird kein Freistellungsauftrag gestellt und die zweite Variante gewählt, da sich dem Anleger viel Arbeitsaufwand erspart. In diesem Falle ist von der sogenannten Quellensteuer die Rede, die vergleichbar mit dem Lohnsteuereinbehalt des Arbeitgebers ist.
Was ist die Vorabpauschale?
Die Vorabpauschale wird für alle Anleger fällig, die Fonds besitzen, welche keine zwischenzeitlichen Ausschüttungen an die Anleger abgeben, sondern die Dividendenerträge direkt reinvestieren. Die Versteuerung wird am Jahresanfang berechnet und bezieht sich auf die für das Folgejahr kalkulierten Gewinne durch den Besitz des Investmentfonds und wird unmittelbar an den Fiskus abgeführt. Es handelt sich bei der Vorabpauschale also um eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen des
Fondsvermögens.
Versteuerung von synthetisch-replizierenden thesaurierenden ETFs
Der Steuervorteil, der bei synthetischen thesaurierenden ETFs für steuerpflichtige geltend gemacht werden konnte, wurde durch die Änderung des Investmentsteuergesetzes 2018 aufgehoben. Anleger entsprechender Fonds sind seit der Änderung dazu verpflichtet, eine jährliche Abgeltungsteuer zu zahlen. Bemessen wird diese an einer Pauschale, die sich an der Wertsteigerung des Fonds und am Basiszins des Bundesfinanzministeriums orientiert.
Was ist bei ausländischen thesaurierenden Fonds zu beachten?
Auslandsfonds werden grundsätzlich genauso versteuert wie inländische Fonds. Im Ausland ist zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Auslandsfonds ebenfalls zu differenzieren. Der Unterschied in der Besteuerung besteht lediglich darin, dass die Broker nicht automatisch die Quellensteuer abführen, sondern der Anleger die Gewinne selbst bei der Steuererklärung angeben muss. Trotz des Doppelbesteuerungsabkommens sollten Anleger von ausländischen thesaurierenden Fonds weitere Aspekte beachten.
Worauf bei ausländischen thesaurierenden Fonds zu achten ist:
- Erträge selbst deklarieren: Ausländische thesaurierende Fonds sind nicht dazu verpflichtet, die Abgeltungsteuer einzubehalten und an das deutsche Finanzamt abzuführen. Es ist die Pflicht des Anlegers, die erwirtschafteten Gewinne in der Einkommenssteuererklärung entsprechend anzugeben. Der Jahressteuerbescheinigung der Depotbank kann entnommen werden, welche Erträge angefallen sind und was in der Anlage KAP der Steuererklärung anzugeben ist.
- Die Quellensteuer beachten: Zusätzlich zur Abgeltungsteuer wird dem Anleger auch die Quellensteuer berechnet. Sie wird in dem Staat, in dem das die Dividende auszahlende Unternehmen sitzt, direkt an die dortige Steuerbehörde abgeführt. Dieser Betrag wird in der Jahressteuerbescheinigung schriftlich festgehalten und sollte entsprechend dem Anhang der Steuererklärung beigefügt werden. Er lässt sich meistens auf die Abgeltungsteuer anrechnen.
- Eine doppelte Besteuerung vermeiden: Werden Fondsanteile thesaurierender Fonds wieder verkauft, fällt eine erneute Abgeltungsteuer an. Diese Steuer wird beim Verkauf durch die inländische Depotbank an das Finanzamt abgeführt. Diese Versteuerung kann Gewinne betreffen, die bereits versteuert wurden. Sollte der Fall einer Doppelbesteuerung auftreten, können die überschüssigen Zahlungen zurückgefordert werden. Grundvoraussetzung ist hierfür, dass sie in den vorigen Steuererklärungen bereits ausgewiesen und entsprechend verbucht wurden.
Für wen sind thesaurierende Fonds geeignet?
Thesaurierende Fonds eignen sich insbesondere für Anleger, die ihr Kapital langfristig anlegen wollen. Da keine zwischenzeitlichen Ausschüttungen von Dividenden oder Erträgen stattfinden, sollten die Anleger auf solche außerplanmäßigen Auszahlungen nicht angewiesen sein. Diese Art der Geldanlage eignet sich also speziell für einen langfristigen Vermögensaufbau oder für die Altersvorsorge. Wer früh mit dem Ansparen beginnt, kann umso mehr Zinseszinseffekte nutzen.
Fazit
Thesaurierende Fonds thesaurieren (reinvestieren) die Erträge, z. B. Zinsen, eines Fonds. Hingegen werden bei ausschüttenden Fonds die Erträge nicht reinvestiert, sondern an den Anleger ausgeschüttet werden. Diese Thesaurierung (Reinvestition) der Erträge ermöglicht so einen größeren wertsteigernden Effekt, dem Zinseszinseffekt, da sich der Wert des Fonds um diese reinvestierten Erträge erhöht und so die zukünftigen Erträge erhöht.
Die Vorteile für die Anleger sind einerseits der Zinseszinseffekt und andererseits die wegfallenden Zusatzkosten der Reinvestition, im Gegensatz zu ausschüttenden Fonds. So wie es Vorteile gibt, sind auch Nachteile zu erkennen: Erträge werden bei thesaurierenden Fonds nicht ausgeschüttet, sodass sich Anleger bewusst sein müssen, dass kein Zugriff auf diese Erträge möglich ist (sondern erst beim Verkauf des Fonds)
Weiterhin sind thesaurierende Fonds nur eingeschränkt verfügbar. Empfehlenswert ist der thesaurierende Fonds für alle Anleger mit langfristigem Anlagehorizont. Letztlich spielt aber die Zusammensetzung und Performance des Fonds die wichtigste Rolle bezüglich der Rendite bei Fonds.