Wohnfläche: Galerie gehört nach BGH-Urteil unter Umständen dazu
Obwohl es die Wohnflächenverordnung gibt, die genauestens die Ermittlung der Wohnfläche regelt, gibt es bei der Berechnung immer einige Zweifelsfragen. Eine in der Praxis wichtige Frage ist vom BGH geklärt worden: Zählt eine zu Wohnzwecken vermietete Galerie, die nach der Bauordnung nicht als Aufenthaltsraum gilt, zur Wohnfläche?
Galerie-Etage war im Mietvertrag als Wohnfläche ausgewiesen
Eine Maisonette-Wohnung im Dachgeschoss mit beheizbarer Galerie-Etage wurde angemietet. Die Mieterin unterschrieb dazu den Mietvertrag, in dem ausdrücklich formuliert war, dass die Galerie-Etage zur Wohnfläche gehört.Allerdings geht aus der Landesbauordnung hervor, dass dieses Galerie-Geschoss nicht als Aufenthaltsraum gewertet werden kann: Weniger als die Hälfte der Grundfläche wies eine Höhe von mehr als 220 Zentimeter auf.
Miete kann deshalb nicht zurückgefordert werden
Die Mieterin mobilisierte daraufhin ihren Anwalt, da sie ihre für die Galerie-Etage gezahlte Miete zurückerhalten wollte. Zur Begründung berief sie sich dabei auf die Landesbauordnung. Doch der BGH entschied, dass die Miete rechtens ist. Die Fläche von Räumen, die im Mietvertrag als Wohnfläche ausgewiesen sind, fließen auch in die Berechnungen der Wohnfläche ein.Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob öffentlich-rechtliche Beschränkungen in der Nutzung vorliegen und ob die Räume deshalb bei der Berechnung der Wohnraumfläche anrechenbar sind. (Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII 39/09)Dadurch, dass das Galerie-Geschoss im Mietvertrag ausdrücklich als Teil der Wohnfläche ausgewiesen wurde, besteht keine Möglichkeit, die dafür gezahlte Miete zurückzufordern.
Mieterhöhung: Wohnfläche neu berechnen
Die landläufige Meinung, die reine Wohnfläche ergäbe sich nur aus “regulären” Flächen mit hohen Decken, ist ein Irrglaube. Sind die Räume zwischen 1 und 2 m hoch, können Sie immerhin noch die Hälfte der Miete ansetzen (bezogen auf die Fläche dieser Räumlichkeit). Ähnlich gut sieht es für Balkone oder die Loggia aus.Vermieten Sie “sozialgebunden”, zählt die Hälfte der Fläche dazu. Bei anderen Wohnungen kommt es auf die Lage an: Ein Viertel der Fläche sind auf jeden Fall vermietbar, in sehr guten Lagen auch die Hälfte.
Zu kleine Wohnfläche: Kündigung rechtens
Wann eine Abweichung von der im Mietvertrag festgeschriebenen Wohnfläche einen Mieter zur Kündigung berechtigt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in der letzten Woche. Ein Mieter hatte im Mai 2002 eine Wohnung angemietet, die laut Mietvertrag eine Größe von ca. 100 m² aufwies.Im Januar 2005 erklärte er gegenüber seinem Vermieter eine fristlose Kündigung. Als Begründung gab er an, dass die Wohnfläche um mehr als 10 % von der im Mietvertrag genannten Wohnfläche abweiche. Anschließend verklagte er den Vermieter auf Rückzahlung überzahlter Miete in Höhe von 4.901,11 Euro. Der Vermieter hielt die Kündigung für unwirksam und die Forderung für unberechtigt.
BGH: Große Abweichung stellt Mangel der Mietwohnung dar
Der Mieter hatte mit seiner Klage Erfolg. Während des Gerichtsverfahrens ermittelte nämlich ein Sachverständiger die tatsächliche Größe der Wohnung mit 77,37 m². Damit wich die Fläche um 22,63% von der vereinbarten Wohnfläche ab.Der entscheidende Senat des BGH begründete sein Urteil damit, dass eine Wohnflächenabweichung von 22,63% einen Mangel der Mietwohnung darstellt. Eine fristlose Kündigung des Mieters aus wichtigem Grund war damit zulässig.
Mietvertrag kündigen wegen Wohnfläche: Der Faktor Zeit
Allerdings kann das Recht eines Mieters zur außerordentlichen fristlosen Kündigung verwirkt sein. Das ist dann der Fall, wenn ein Mieter nach Einzug in eine Mietwohnung erkennt, dass die Wohnfläche die im Mietvertrag angegebene um mehr als 10 % unterschreitet, aber nicht alsbald kündigt. Der klagende Mieter hatte jedoch in angemessener Zeit reagiert (BGH, Urteil v. 29.04.2009, Az. VIII ZR 142/08).
Beachte: Neue Wohnflächenverordnung
Tipp: Seit 2004 gilt die neue Wohnflächenverordnung. Seitdem ist eindeutig geregelt, wie die Wohnfläche zu ermitteln ist. Bis zum 31.12.2003 ist die Wohnfläche nach der früher geltenden Zweiten Berechnungsverordnung berechnet worden. Eine solche Berechnung ist grundsätzlich weiterhin gültig.Soweit Sie jedoch nach dem 31.12.2003 bauliche Veränderungen an Ihrer Mietwohnung vorgenommen haben, ist eine Neuberechnung der Wohnfläche nach der neuen gesetzlichen Regelung erforderlich.