Fair Value – Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten
Der sogenannte Fair Value ist ein Begriff aus der internationalen Rechnungslegung. In der deutschen Sprache wird häufig von dem fairen oder üblichen Marktpreis gesprochen, der Fachbegriff lautet jedoch beizulegender Zeitwert. Der Fair Value ist der Betrag, zu dem ein Vermögenswert am Bewertungsstichtag unter Berücksichtigung der geltenden Vorschriften getauscht wird.
Das bedeutet, dass dieser Vermögenswert nach den festgelegten Bewertungskriterien bestimmt wird. Gültig sind diese Kriterien auch für Verbindlichkeiten.
Für den Fair Value eine Definition mit internationaler Gültigkeit zu schaffen, hat den Vorteil, dass auf diese Weise Jahres- und Konzernabschlüsse erstellt werden können, welche losgelöst von nationalen Vorschriften betrachtet werden können.
Fair-Value-Definition nach IFRS
IFRS steht für International Financial Reporting Standards. Es handelt sich hierbei um internationale Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen. Zahlreiche Länder schreiben diese Standards zumindest für kapitalmarktorientierte Unternehmen vor. Der Hintergrund dieser Standards ist, dass viele Unternehmen international oder sogar weltweit agieren.
Würden diese Unternehmen nach nationalen Rechtsvorschriften bilanzieren, wäre eine Vergleichbarkeit sehr schwierig. Zudem würde dies einen großen Aufwand bedeuten.
Durch die internationalen Rechnungslegungsvorschriften wurde ein Standard geschaffen, der diese Vergleichbarkeit erhöht, da die Rahmenbedingungen und Vorschriften identisch sind. Der Fair Value ist Teil dieser klar definierten Standards. Vermögenswerte und Verbindlichkeit von Unternehmen müssen somit in allen betreffenden Ländern auf gleiche Weise bewertet werden.
Fair Value – die Bewertungshierarchie
Das Ziel bei der Berechnung des Fair Value ist es, einen Betrag zu ermitteln, welcher erzielt werden würde, wenn eine Vermögenswert oder eine Verbindlichkeit zum jeweiligen Stichtag transferiert wird. Um einen möglichst realistischen und fairen Wert zu erhalten, wurde eine Bewertungshierarchie erstellt. Diese umfasst 3 Kernpunkte:
An erster Stelle steht hierbei der aktuelle und öffentlich notierte Marktpreis. An zweiter Stelle steht der Preis, der lediglich von vergleichbaren Preisen abgeleitet wird. Ist auf einen Vermögenswert oder eine Verbindlichkeit keines der beiden genannten Verfahren anwendbar, werden weitere Faktoren angewendet, um zu einem Ergebnis zu gelangen.
Die Bewertungs-Level im Detail
Im Mittelpunkt der Bewertungshierarchie steht die Beobachtbarkeit der jeweiligen Werte. Es ist also vorrangig derjenige Wert zu nutzen, der tatsächlich zu beobachten ist.
In Level 1 der Bewertungshierarchie stehen somit Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, für die sich öffentlich notierte und nicht bereinigte Preise am Markt finden lassen – beispielsweise also Aktienkurse.
Diese Preise müssen für ein identisches Produkt bzw. Finanzinstrument gelten und der betrachtete Markt muss aktiv sein, so dass ein tatsächlicher Handel möglich wäre.
In Level 2 hingegen kann der Preis lediglich abgeleitet werden. Dies trifft zum Beispiel dann zu, wenn es beobachtbare Preise nur für ähnliche und vergleichbare Vermögenswerte und Verbindlichkeiten gibt. Anhaltspunkt kann hierbei beispielsweise der Marktpreis der letzten Transaktion oder der aktuelle Marktpreis eines ähnlichen Finanzinstruments sein.
Erst wenn Level 1 und Level 2 nicht anwendbar sind, sollte auf die Vorgehensweise von Level 3 zurückgegriffen werden.
Fair-Value-Ermittlung ohne beobachtbare Parameter
Hierbei werden Bewertungsmethoden angewendet, die überwiegend nicht auf aktuell beobachtbare Informationen an einem aktiven Markt zurückzuführen sind. Beispielsweise kann es sich um Erfahrungswerte aus früheren Marktbeobachtungen oder um Bewertungen mithilfe von theoretischen Modellen handeln.
Dies ist häufig bei bestimmten strukturierten Anleihen oder auch bei OTC-Derivaten der Fall, welche außerbörslich und damit ohne öffentlich beobachtbaren Kurs gehandelt werden. Dieses Verfahren ist freilich fehleranfälliger und manipulierbarer, als die Vorgehensweisen aus Level 1 und Level 2.
Um dennoch eine möglichst umfassende Transparenz zu erreichen, hat das IASB zudem festgelegt, dass im Anhang von Bilanzen weitere Angaben zu den Fair Values gemacht werden müssen.
Auf diese Weise soll nachvollziehbarer sein, mit welchen Daten und Annahmen der jeweilige Wert ermittelt wurde, so dass der Leser der Bilanzen selbst Rückschlüsse ziehen kann. Unfehlbar sind die Regelungen nach IFRS somit zwar nicht. Doch im Sinne der Transparenz und internationalen Vergleichbarkeit von Unternehmen sind sie ein wichtiger Baustein.
Fair Value: Anpassungen bei der Ermittlung
Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts gab und gibt es eine fortschreitende Weiterentwicklung. Dies hängt mit den Schwächen des Systems zusammen, die sich vor allem auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 offenbarten.
Das Kernproblem: In Aufschwungphasen konnten Unternehmen Gewinne ausweisen, obwohl diese noch gar nicht realisiert waren – beispielsweise durch hohe Kurse an den Börsen.
In Phasen des Abschwungs mussten hingegen teilweise sehr hohe Verluste ausgewiesen werden, was in der Finanzkrise einige Banken vor große Probleme stellte, da diese nun schlechter bewertet wurden.
In der Finanzkrise wurden deshalb die Vorschriften gelockert, wodurch bei vielen Banken Abschreibungen in Milliardenhöhe verhindert wurden. Stellenweise kam dies einer Rettung gleich.
Um derlei Schwierigkeiten zu minimieren und dennoch eine größtmögliche Transparenz und Fairness bei der Bewertung zu gewährleisten, werden die Standards also ständig weiterentwickelt und optimiert.