Produktlebenszyklus: Definition, Kritik, Beispiele

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Inhaltsverzeichnis

Der Produktlebenszyklus ist ein Erklärungsmodell aus der Betriebswirtschaftslehre, das den typischen Lebensweg eines neuen Produktes beschreibt.

Produktlebenszyklus: Definition

Der Begriff Produktlebenszyklus stammt aus dem Englischen (Produkt-Life-Cycle) und beschreibt den klassischen Lebenslauf eines Produktes von seiner Entstehung zur anschließenden Wachstumsphase, weiter über die Reife- und Sättigungsphase bis hin zur Degenerationsphase.

Im Lebenszyklusmodell spiegelt sich die Umsatz- und Gewinnentwicklung eines Produktes wider. Im Gegensatz zu anderen Modellen wird im Produktlebenszyklusmodell auch die Degenerationsphase im Detail abgebildet.

Die Degenerationsphase mündet in der Regel darin, dass das Produkt irgendwann vom Markt genommen wird, wenn sich die Produktion nicht mehr lohnt. Mit der letzten Phase des Produkts schließt sich der Kreislauf.

Produktlebenszyklus in der Praxis

Die Verwendung des Produktlebenszyklusmodells kommt sowohl im Marketing als auch bei der strategischen Produktplanung zum Einsatz.

Das Produktlebenszyklusmodell beeinflusst dabei vor allem den Marketing-Mix, insbesondere was den Preis des Produktes, die Werbung und den Vertrieb angeht.

Für jede Phase existieren andere Marketingstrategien, die es anzuwenden gilt, um entweder das Wachstum zu fördern oder Marktanteile zu verteidigen.

Dabei ist für Entscheidungsträger wichtig zu erkennen, in welcher Phase sich ein Produkt gerade befindet, um etwaige Maßnahmen einzuleiten.

Das Problem dabei: Beim Produktlebenszyklusmodell handelt es sich in erster Linie um ein Erklärungsmodell und kein Entscheidungsmodell.

Es ist zunächst keine Prognose möglich, wie lange eine einzelne Phase dauert. Erst im Nachhinein lässt sich meist bestimmen, in welcher Phase sich das Produkt befunden hat.

Das Produktlebenszyklusmodell folgt keiner allgemeingültigen Gesetzmäßigkeit, sondern hängt maßgeblich von der Marketingstrategie und der Innovationsfähigkeit des Unternehmens ab.

Produktlebenszyklus: Kritik an der Aussagekraft des Modells

Dieses klassische Produktlebenszyklusmodell hat inzwischen viele Kritiker auf den Plan gerufen. Einer der Hauptkritikpunkte am Produktlebenszyklus ist die unklare Abgrenzung der einzelnen Phasen.

Das heißt: Der Betrachter weiß im Augenblick nicht, ob schon die nächste Phase begonnen hat und sich das Produkt zum Beispiel bereits in der Sättigungsphase befindet.

Dadurch funktioniert das Produktlebenszyklusmodell nur im Nachhinein. Es ist in erster Linie ein Erklärungsmodell und kein Entscheidungsmodell.

Erst später lässt sich anhand von Verkaufszahlen ablesen, in welcher Phase sich ein Produkt befunden hat.

Manager und Entscheidungsträger können anhand des Produktlebenszyklusmodells also keine verlässlichen ökonomischen Entscheidungen treffen – ob sich weitere Investitionen in die Produktlinie noch lohnen oder nicht bleibt unklar.

Produktlebenszyklusmodelle vernachlässigen äußere Einflussfaktoren

Eine weitere Kritik am Produktlebenszyklusmodell ist, dass es wichtige Einflussfaktoren außer Acht lässt.

Dazu zählen beispielsweise das gesamtwirtschaftliche Umfeld, die aktuelle Politik (Gesetzesänderungen), der gesellschaftliche und demografische Wandel oder Umwelteinflüsse (Begrenzung der natürlichen Ressourcen).

Auf diese äußeren Einflussfaktoren haben Unternehmen keinen oder kaum Einfluss. Beeinflussen können Firmen jedoch ihre Absatz- und Modellpolitik.

Oft genügen schon wenige Änderungen am Produkt, um den Lebenszyklus wieder in Wachstumsphase zurückzuführen. Hier ist vor allem die Innovationsfähigkeit der Unternehmen gefordert.

Kritik: Produktlebenszyklusmodelle haben keine Allgemeingültigkeit

Darüber hinaus lässt durch das Produktlebenszyklusmodell keine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit ableiten. Der klassische Produktlebenszyklus kann nicht für alle Produkte und Marken angewendet werden.

Die berechtigte Kritik lautet: Nicht immer folgen Produkte dem klassischen Verlauf des Lebenszyklusmodells.

Als Gegenbeispiel dienen unter anderem Erfolgsprodukte und Dauerbrenner wie Coca-Cola. Coca-Cola verkauft seit Jahrzehnten sehr erfolgreich nahezu das gleiche Produkt.

Auch bei Mode- und typischen Lifestyle-Produkten lässt sich das klassische Produktlebenszyklusmodell nicht anwenden.

Diese Produkte zeichnen sich durch einen extremen Kurvenverlauf aus. Nach einer schnellen Wachstumsphase folgt eine schnelle Degenerationsphase.

Produktlebenszyklen werden kürzer

Doch nicht alle Produkte verhalten sich in der Realität so, wie das Modell es verlangt. In einigen Bereichen hat sich die Dauer des Lebenszyklus heutzutage drastisch verkürzt.

Besonders betroffen von dieser Entwicklung ist die Modebranche, aber auch viele Produkte der Computer- und Unterhaltungselektronikindustrie.

Ein ähnlicher Trend ist in der industriellen Produktion (Produktionsmittel) zu beobachten.

Auch hier steigt der Druck auf Lieferanten und Zulieferer, Produkte noch kostengünstiger herzustellen. Allerdings sind hier die Produktlebenszyklusphasen länger als in der Konsumgüterindustrie.

Durch die immer kürzeren Produktlebenszyklen steigt auch das Risiko für Unternehmen, die hohen Investitionskosten bei der Entwicklung neuer Produkte durch den späteren Produktverkauf nicht mehr decken zu können.

Beispiel: stark verkürzter Produktlebenszyklus beim Handy

Gute Beispiel dafür ist der Sektor der technischen Innovationen, also Handys, Computer, Fotoapparate und so weiter.

Zu früheren Zeiten, als Werbefachleute zum ersten Mal vom Produktlebenszyklus sprachen, ging man zum Beispiel von einer mehrjährigen Entwicklung aus. Bis das Produkt obsolet wurde, konnten sogar Jahrzehnte vergehen.

Doch heute ist das in vielen Marktsegmenten völlig anders, besonders im Bereich neue Medien und Technik-Innovationen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Handy.

Seien es Apple, Samsung, Sony Ericsson oder Nokia und Co. – die großen Hersteller bringen mittlerweile fast im Jahresrhythmus neue Modelle heraus und der Lebenszyklus der „älteren“ Versionen endet abrupt.

Dabei ist es nicht so, dass die neuen Handys keine Käufer fänden.

Ganz im Gegenteil: Ein Großteil der Kunden ist heutzutage darauf eingestellt, alle 12-24 Monate ein neues Handy zu benutzen, alleine schon bei Abschlüssen oder Verlängerungen von Mobilfunkverträgen sind neue Handys gang und gäbe.

Doch dieser stark verkürzte Produktlebenszyklus birgt auch Nachteile.

Auf der ökonomischen Seite ist es sehr schwer, diesem Innovationsdrang ständig nachzugeben.

Da der Mobilfunkmarkt eigentlich längst gesättigt ist, müssen sich die Hersteller beständig Neuerungen einfallen lassen, um nicht von der Konkurrenz abgehängt zu werden.

Man kämpft praktisch um das Interesse einer fast gleichbleibenden Kundenmenge (auch Teenager und jüngere Kinder sind heute bereits mit Handys ausgestattet und darum Teil dieser Menge). Die Kunden aber wollen erkennbare und herausstechende Innovationen im Regeltakt – das stellt viele Firmen vor große Herausforderungen.

Aus ökologischer Sicht ist diese Schnelllebigkeit im technischen Bereich ebenfalls kritisch zu bewerten.

Jedes Jahr entstehen auf dieser Weise zehntausende Tonnen Elektroschrott, der oftmals aufwändig entsorgt werden muss.

Wo dies nicht ordnungsgemäß geschieht, zum Beispiel in einigen Entwicklungsländern, geraten im Elektroschrott enthaltene chemische Schadstoffe und giftige Metalle ins Grundwasser.

Man sieht also, die starke Verkürzung eines Produktlebenszyklus wie zum Beispiel beim Handy hat insgesamt nicht nur Vorteile.

Beispiel: Der Produktlebenszyklus beim Auto

Je nach herangezogener Interpretation befindet sich auch der Automobil-Markt dauerhaft in einem Status der faktischen Sättigung.

Das bedeutet: So ziemlich jeder, der ein Auto benötigt oder gerne als Luxusgut hätte, besitzt bereits eines. Zumindest in den Zielmärkten der Industrieländer.

Der Anreiz, ein neues Auto zu erwerben, ist also eher gering, er muss durch geschicktes Marketing erst geschaffen werden. Dass dies sehr erfolgreich geschehen kann, zeigt sich am stark verkürzten Produktlebenszyklus beim Auto.

Dieser lag vor 4 Jahrzehnten bei durchschnittlich 8, in den 90ern bereits nur noch bei 3 Jahren.

Hier bedient sich die Autoindustrie einer wichtigen Erkenntnis der Verkaufspsychologie: Für die meisten Kunden ist nicht so sehr echte, hintergründige Innovation entscheidend für den Kaufimpuls.

Wesentlich wichtiger ist die erleb- und sichtbare Neuerung.

So erklärt sich auch die schier unendliche Fülle an neuen Fahrzeugmodellen, die alle paar Jahre von den großen Marken präsentiert werden. Oftmals verbirgt sich dahinter ähnliche Technik, die aber in einem aufgefrischtem Karosseriedesign steckt.

Auch beliebt: Kleine, aber sichtbare Änderungen im Innenraum oder an Details wie den Außenspiegeln, den Scheinwerfern oder einem Schiebedach.

Durch derlei Neuauflagen wird die Nachfrage auch in der Sättigungsphase aufrechterhalten und der Produktlebenszyklus beim Auto beginnt von neuem.

Fazit: Produktlebenszyklusmodelle unverzichtbar

Trotz der Nachteile und Kritikpunkte verzichtet heute kaum ein Unternehmen mehr auf den Einsatz von Produktlebenszyklusmodellen.

Für Unternehmen ist es wichtig, den Markt und den Produktlebenszyklus von konkurrierenden Produkten zu kennen, wenn das Unternehmen sein eigenes Produkt erfolgreich am Markt platzieren möchte.

Seit mehreren Jahren geht die Tendenz insbesondere in der Konsumgüterindustrie dazu, dass sich die Produktlebenszyklen immer mehr verkürzen.

Dadurch steigt der Druck auf Unternehmen, erfolgreiche Produkte in immer kürzeren Zeitabständen zu entwickeln.