Selbstfinanzierung einer AG: Gewinneinbehaltung statt Ausschüttung
Unter dem Begriff der Selbstfinanzierung versteht man die Finanzierung aus im Unternehmen zurückbehaltenen Gewinnen.
Das heißt, Selbstfinanzierung entsteht dann, wenn durch die Nichtausschüttung von Gewinnen dem Unternehmen Eigenkapital in Form von Rücklagen zufließt.
Aus diesem Grund ist die Selbstfinanzierung der Eigenfinanzierung zuzuordnen.
Die Arten der Selbstfinanzierung: Nichtausschüttung von Gewinnen zum Wohle des Unternehmens
Grundsätzlich gibt es 2 unterschiedliche Formen der Selbstfinanzierung eines Unternehmens:
- die offene Selbstfinanzierung und
- die stille Selbstfinanzierung.
Beide Finanzierungsarten verfolgen jedoch das gleiche Ziel: Liquide Mittel werden im Sinne einer internen Eigenfinanzierung für spätere Investitionen im Unternehmen einbehalten.
Die offene Selbstfinanzierung
Bei der offenen Selbstfinanzierung werden bereits versteuerte Bilanzgewinne entweder vollständig oder zu einem Teil einbehalten.
Das heißt, sie werden in Eigenkapital- oder Rücklagenkonten überführt und stehen dem Unternehmen somit in vollem Umfang zur Verfügung.
Werden sie ganz einbehalten, verzichten die Gesellschafter auf ihren Gewinn.
Mehr dazu: Außen- und Innenfinanzierung von Unternehmen: Woher das Geld kommt.
Diese Finanzierungsart wird deshalb als offen bezeichnet, weil der entsprechende Wert offen in der Bilanz ersichtlich ist.
Die stille Selbstfinanzierung
Die stille Selbstfinanzierung ist auf 2 unterschiedlichen Wegen möglich.
Zum einen ist ein Unternehmen zu bestimmten Gewinnermittlungsvorschriften verpflichtet, wie beispielsweise Abschreibungen oder Rückstellungen.
Zum anderen kann es Spielräume innerhalb des Bilanzierungssystems nutzen, um Bewertungen von Vermögenspositionen mit dem Ziel vorzunehmen, den ausgewiesenen Gewinn zu reduzieren.
Diese Art der Selbstfinanzierung einer AG kann wie folgt aussehen:
- Die Unterbewertung von Aktiva: Anrechnung von Abschreibungen auf Vermögensgegenstände, die den tatsächlichen Werteverzehr übersteigen.
- Die Überbewertung von Passiva: Erhöhte Rückstellungen und Vollausschöpfung aller gesetzlich zulässigen Möglichkeiten zur Bildung von Rücklagen.
Die Gewinnverwendung bei Aktiengesellschaften: Der Gewinnvortrag
Ein Gewinnvortrag kommt dann zustande, wenn ein Restgewinn des letzten Geschäftsjahres übrig bleibt.
Mehr dazu: Bilanzgewinn und Gewinnvortrag: Definition, Berechnung und Verwendung.
Am Ende jeden Geschäftsjahres ist die Hauptversammlung einer AG dazu befugt, den Gewinnvortrag in vollem Maße einzubehalten. In diesem Fall dient der Gewinn zu 100% der Selbstfinanzierung der AG.
Viel häufiger jedoch ist die Mischung aus Ausschüttung und Einbehaltung des Gewinns.
Die AG hat die Möglichkeit, zuerst zu entscheiden, welchen Betrag sie zur Selbstfinanzierung benötigt. Den Rest kann sie schließlich an ihre Aktionäre ausschütten.
Gleichzeitig führt das durch Selbstfinanzierung gewonnene Kapital in der Regel zu einem höheren Kurswert.
Die Vorteile und Nachteile der Selbstfinanzierung einer AG
Die Einbehaltung des Gewinns im Unternehmen führt zu einer Stärkung des Eigenkapitals und verbessert darüber hinaus die Haftungsbasis für das Fremdkapital.
Außerdem entstehen bei der Selbstfinanzierung einer AG weder Finanzierungsprobleme noch müssen Sicherheiten für Bankdarlehen geschaffen werden.
Bereits bestehende Kredite können nun aus den Gewinnen getilgt werden.
Bei AGs allerdings kann die Höhe der Selbstfinanzierung und die der Ausschüttung häufig zu Konflikten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einerseits und den Eigentümern andererseits führen.
Des Weiteren wird die Bilanz eines Unternehmens durch dessen Selbstfinanzierungsmaßnahmen für Außenstehende weitaus undurchsichtiger.