So sieht das Niederstwertprinzip in der Praxis aus
Dem Niederstwertprinzip unterliegt vom Grundsatz her dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip. Das übergeordnete Ziel dabei ist, die Kapitalerhaltung und den Gläubigerschutz zu gewährleisten. Sowohl im Hinblick auf das Umlaufvermögen von Unternehmen als auch im Erbrecht wird das Niederstwertprinzip als finanztechnisches Instrument angewendet.
Das Niederstwertprinzip besagt, dass bei der Bewertung von Aktiva, also den Vermögensgegenständen eines Unternehmens, jeweils der niedrigere Wert angesetzt werden muss.
Speziell bei Umlaufvermögen kommt zum Beispiel das sogenannte strenge Niederstwertprinzip geht zum Einsatz. Beim Anlagevermögen wird das gemilderte Niederstwertprinzip angewendet. Das Niederstwertprinzip ist als die oberste Wertgrenze zu verstehen, die nicht überschritten werden darf.
Das Niederstwertprinzip am Beispiel Erbrecht
Beim Erbrecht wird das Niederstwertprinzip zum Beispiel als mögliches Bewertungsprinzip für die Kalkulation von Pflichtteilen verwendet. Das trifft auch dann zu, wenn der Verstorbene einem Erben zuvor etwas geschenkt hat. Die anderen Erbberechtigten bekommen dann nach dem Niederstwertprinzip ihre Anteile davon.
Handelt es sich bei der Schenkung zum Beispiel um ein Grundstück, so wird nach dem Niederstwertprinzip der zum Zeitpunkt der Schenkung tiefste Preis angenommen. Anschließend wird dieser inflationär bereinigt. Das ergibt den Preis, der entsprechend der Pflichtteile an die Erben verteilt wird und anteilsmäßig zum Tragen kommt.
Beispiel Anlagevermögen: Mehr Spielraum
Ein Unternehmen erwirbt Aktien. Am Stichtag 31.12. hat sich der Wert dieser Aktien geringfügig gegenüber dem Kaufpreis vermindert. Es ist nun dem Unternehmen freigestellt, ob es weiterhin die Aktien zum Kaufpreis in der Bilanz führen oder sie auf den Kurs des Stichtages abschreiben möchte, weil es von einer dauerhaften Wertminderung ausgeht.
Bei Aktien hat man generell mehr bilanziellen Spielraum. So kann man gefallene Aktien für eine Abschreibung nutzen und den aktuell geringeren Wert in die Bilanz einfügen. Sollten die Aktien danach wieder steigen und sogar den ursprünglichen Kaufwert übertreffen, so muss man mindestens den Kaufpreis bilanzieren.
Wenn ein Unternehmen über ein großes Aktienpaket verfügt, kann somit allein die variable Darstellung der Aktien in der Bilanz für deutliche Unterschiede sorgen.
Beispiel Rohstoff-Umlaufvermögen: Das Prinzip gilt
Beim Umlaufvermögen muss am Bilanzstichtag der niedrigere Wert angesetzt, da beim Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip gilt. Werden beispielsweise Rohstoffe verbucht, so gehören sie zum Umlaufvermögen und müssen entsprechend des neuen Werts abgerechnet werden.
Kauft ein Unternehmen Rohstoffe für Kunden ein und zahlt am 1. Juni einen Preis von 100 € pro Tonne, so ist der Wert nicht endgültig. Sollte bis zum Bilanzstichtag am 31. Dezember der Wert pro Tonne auf 95 € gesunken sein, muss der geringere Wert per 31.12. bilanziert werden.
Andersherum läuft es, wenn der Wert der Rohstoffe steigen würde. Dann muss man in der Regel mindestens den Einkaufspreis für die Bilanz verwenden.