Benjamin Graham: Leben, Wertpapieranalyse und Strategie
Wissenswertes zu Benjamin Graham
Benjamin Graham: Pionier im Gebiet der fundamentalen Aktienanalyse
Theorie: Wertpapiere haben wahren, inneren Wert; Marktbewertungen sind meist falsch
Strategie: Unternehmensanteile unter Wert einkaufen; geduldig auf Wertsteigerungen warten (Value Investings)
Erfolg: Durchschnittliche jährliche Rendite von 17 % für Anleger
Werke: „Intelligent Investieren” und „Wertpapieranalyse”, sind Grundlagenliteratur für wertorientierte Kapitalanlage
Berühmtester Schüler: Warren Buffett, mit Grahams Anlagemethoden erfolgreichster Investor aller Zeiten
Columbia Universität: 1988 Gründung des Lehrstuhls „Graham/Dodd Chair” zu Ehren Grahams
Vater des Value Investings – der Wergegang von Benjamin Graham
Benjamin Graham wurde 1894 in London als Benjamin Grossbaum geboren. Im Jahr 1895, als Graham 1 Jahr alt war, immigrierte seine Familie von England in die Vereinigten Staaten. Er wuchs in Manhattan und Brooklyn, New York City, auf. Die ersten Jahre in den USA lebte Graham in Wohlstand. Doch mit dem Tod des Vaters im Jahr 1903 begann der wirtschaftliche Abstieg der Familie. Während der Finanzkrise 1907 verlor seine Mutter ihr ganzes Vermögen durch Spekulationen mit Aktien. Die harten Zeiten, die seine Familie nach dem Tod des Vaters durchleben musste, haben zu Grahams Wunsch nach finanzieller Sicherheit zeitlebens beigetragen.
Im Alter von 17 Jahren begann Graham am renommierten Columbia College zu studieren. Graham absolvierte sein Studium innerhalb von nur zweieinhalb Jahren – und das, obwohl die Mindeststudiendauer regulär 4 Jahre betrug. Obendrein schloss Graham es noch als Zweitbester seines Jahrgangs ab. Dies ist vor allem bemerkenswert, da Graham während des Studiums in Vollzeit arbeitete. Er erhielt anschließend Angebote der philosophischen, mathematischen und anglizistischen Institute, um dort eine akademische Karriere zu beginnen. Doch Graham entschied sich für einen anderen Weg und begann kurz nach seinem Abschluss als Bote an der Wall Street zu arbeiten.
Benjamin Grahams Anfänge an der Wall Street
Der Dekan seines Colleges empfahl dem 20-Jährigen eine Karriere an der Wall Street. 1914 trat Graham eine Stelle bei der Brokerfirma Newburger, Henderson & Loeb an, obwohl er zuvor nie einen wirtschaftswissenschaftlichen Kurs besucht hatte. Zunächst war Graham Laufbursche, machte dann aber schnell Karriere in der Anleihenabteilung der Firma. Er erkannte, dass er zwar kein guter Anleihenverkäufer war, aber ein guter „Statistiker“.
Im Jahr 1915 gelang ihm der erste große Coup beim Value Investing. Graham hatte festgestellt, dass die sich in Auflösung befindliche Guggenheim Exploration Company an der Börse deutlich geringer bewertet wurde als die einzeln gehandelten Unternehmensteile. Dadurch war es möglich, einen sogenannten Arbitrageprofit zu erzielen. Dieser Erfolg bestätigte Graham, weitere unterbewertete Aktien zu kaufen. Seine Firma ernannte Graham daraufhin im Jahr 1920 im Alter von gerade 26 Jahren zum Partner.
Sein damaliges Einkommen wird heute umgerechnet auf rund eine halbe Million US-Dollar geschätzt.
Gründung einer eigenen Vermögensverwaltung
Im Jahr 1923 gründet Graham eine eigene Vermögensverwaltung. 1926 ging Graham eine Investment-Partnerschaft mit Jerome Newman ein und begann, an der Columbia Universität Vorlesungen über das Finanzwesen zu halten.
Zu seinen Schülern zählten zahlreiche spätere Börsenlegenden wie Warren Buffett, Walter Schloss oder Irving Kahn. Der mit Abstand berühmteste Schüler von Graham war Warren Buffett, der als erfolgreichster Investor aller Zeiten gilt.
Bis zu seinem Rentenantritt 1956 war Graham als Universitäts-Dozent tätig.
Es heißt, Graham sei vom Börsencrash 1929 tief getroffen worden. Seine Investment-Partnerschaft soll die Krise jedoch überwunden und sich von ihr erholt haben. Von 2,5 Millionen US-Dollar verwaltetem Kapital blieben nach der Krise nur 375.000 $ übrig. In den darauffolgenden fünf Jahren arbeitete Graham ohne Vergütung, um das Vermögen der Kunden wiederaufzubauen.
Die Newman-Graham Partnerschaft florierte und erwirtschaftete bis zum Ende der Partnerschaft im Jahr 1956 einen durchschnittlichen Jahresertrag von 17 %.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen von Benjamin Graham
Die Erfahrungen, die er in dieser Zeit machen musste, flossen in sein Buch „Security Analysis” ein, dass er 1934 als Co-Autor herausbrachte. Das Buch gilt als Klassiker des Investments und bildete den Grundstein für die fundamentale Analyse von Wertpapieren. Das Werk liefert noch immer viele wertvolle Einblicke für professionelle Investoren und Analysten.
Im Jahr 1949 schrieb Graham das Buch „The Intelligent Investor”. In dem Buch diskutiert Graham sichere und renditeträchtige Strategien speziell für Privatinvestoren. Warren Buffett schreibt in der neuen Auflage das Vorwort zu diesem Buch. Dort gibt er dem Privatinvestor den folgenden wichtigen Ratschlag: „Ihre Aufgabe ist es, Ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten.”
Darüber hinaus wird Graham als Vater der Wertpapieranalyse und des Value Investings angesehen.
Die Fundamentalanalyse nach Benjamin Graham
Grahams Investment-Prinzipien besagen, dass jedes Investment mehr wert sein muss, als das, was es kostet.
Graham glaubte an eine sorgfältige Analyse – die Fundamentalanalyse. Er hielt Ausschau nach Firmen mit einer guten Bilanzaufstellung oder nach solchen mit geringen Schulden, überdurchschnittlichen Gewinnmargen sowie üppigem Bargeldumlauf.
Benjamin Graham: Der Lehrmeister von Warren Buffett
Einer der größten Bewunderer Grahams ist Großinvestor und Finanzgenie Warren Buffett, der sich immer noch an den Ideen seines Mentors orientiert.
Buffett sagt bis heute, dass „The intelligent Investor” das beste Buch sei, dass er jemals gelesen habe. Für den damals 19-jährigen Buffett stellte das Buch die Weichen für seine außergewöhnliche Karriere im Finanzsektor. Es war auch der Grund, warum Buffett anfing, bei Graham zu studieren.
Mit Warren Buffett hatte Benjamin Graham seinen Musterschüler gefunden: Buffett war der einzige Student, der jemals von Graham die Note A+ erhielt. Im Jahr 1954 wurde Buffett Mitarbeiter in der Graham-Newman-Gesellschaft.
Leider finden bis heute Benjamin Grahams Theorien nur an wenigen Hochschulen den Einzug in die Lehrpläne. Buffett sagt dazu: „Es ist alles nicht kompliziert genug. Also bringt man den Leuten lieber etwas bei, das schwierig, aber unnütz ist. Wirtschaftsschulen belohnen komplexe Verhaltensformen mehr als einfache, aber die einfachen sind effektiver.” Benjamin Graham übte, neben Buffetts Vater, nach eigener Aussage den stärksten Einfluss auf ihn aus.
Benjamin Grahams mechanische Anlagestrategie
Emotionen wie Angst und Gier führen zu unterdurchschnittlichen Anlage-Ergebnissen. Das hat Graham früh erkannt. Deshalb riet er den Privatanlegern zu mechanischen Anlage-Strategien. Bei einer mechanischen Anlage-Strategie gibt es feste Anlageregeln, die der Privatanleger „blind“ umsetzen muss. Der Privatanleger verfügt über keinerlei Ermessensspielräume.
Eine erfolgreiche mechanische Anlage-Strategie ist die Dow-Dividenden-Strategie, die 1991 von Michael O’Higgins popularisiert wurde. Es war aber Benjamin Graham, der hierfür die geistigen Grundlagen schuf. Graham hatte beobachtet, dass der Aktienmarkt populäre und „modische“ Aktien überbewertet und unpopuläre Aktien systematisch unterbewertet.
Die Wertpapier-Analyse: Was ist Value Investing?
Benjamin Graham gilt als der Urvater der Wertpapier-Analyse, insbesondere des Value Investments. Graham machte aus der Thematik der Geldanlage erstmalig eine regelrechte Wissenschaft mit nachvollziehbaren und quantifizierbaren Regeln.
„Intelligent investieren“ des legendären Investors Benjamin Graham ist eines der grundlegendsten Werke für alle Anleger. Das große Ziel ist der Gewinn. Und zwar die maximale Rendite einzustreichen und an der Börse langfristig erfolgreich zu investieren. Neben guten Kenntnissen über den Markt ist die richtige Taktik entscheidend. In „Intelligent investieren“ finden Leser einen Grundstock an zeitlosem Wissen, unentbehrlich für den erfolgreichen Umgang mit dem eigenen Depot.
Spekulation ist bei der Finanzanalyse ein wahres Fremdwort. Es geht nicht ums Spekulieren, sondern ums Investieren. Die Entscheidung, ob investiert wird oder nicht, beruht nach Grahams Regeln auf fundierter Analyse. Es soll ein hohes Maß an Kapitalsicherheit gewährt sein und eine nicht zu knapp ausfallende Rendite. „Intelligent investieren” geht auf gerade diese Kriterien ein, die bei der Auswahl von Papieren nach Grahams Auffassung im Vordergrund stehen sollten. Hoch spekulative Aktien, die durch Gerüchte oder Markttrends gepusht werden, seien ein rotes Tuch. Graham macht in seinem Werk klar: Man soll Trends nicht hinterherlaufen.
Viel entscheidender seien die Kennzahlen eines Unternehmens. Gerade auf diese Methodik bei der Auswahl der Depotwerte wird in „Intelligent investieren“ eingegangen. Viele von Grahams Thesen sind heute noch populär und finden ihre Anwendung.
Was ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) einer Aktie?
Die meistgenutzte Kennzahl ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV (Englisch: price/earnings ratio). Es hat den Vorteil, dass es unkompliziert zu berechnen ist:
KGV = Kurs einer Aktie / Gewinn einer Aktie |
Es gilt: Je niedriger der ermittelte Wert, desto günstiger ist die Aktie. Welcher Wert beim KGV günstig und welcher teuer ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Es hängt von vielerlei Faktoren ab. Hierzu gehören die Wachstumsaussichten des Unternehmens. Bei guten Wachstumsperspektiven wird dem Unternehmen ein höheres KGV zugestanden. Unternehmen mit einem KGV von weniger als zehn bis zwölf gelten in der Regel als günstig bewertet. Der Aktionär muss zwölf Jahre warten, bevor er das investierte Geld durch Wertsteigerung oder Dividendenzahlungen wieder erwirtschaftet hat.
Unternehmen mit einem KGV von über 20 gelten in der Regel als teuer. Aber es gibt Ausnahmen. In wirtschaftlich schwachen Zeiten sinkt die Aussagekraft des KGV. Denn es bezieht sich auf Schätzungen für zukünftige Unternehmensgewinne (üblicherweise das laufende Geschäftsjahr). Wenn die Geschäfte der Unternehmen einbrechen, ist eine zuverlässige Gewinnprognose schwierig und fehleranfällig.
Ein weiterer oftmals angeführter Kritikpunkt gegen das KGV: Unternehmen können ihren Jahresgewinn beeinflussen, beispielsweise indem sie Immobilienbesitz oder Tochterunternehmen verkaufen. Auch dies vermindert die Aussagekraft des KGV.
Aktienauswahl: Investieren wie Benjamin Graham
Neben der Kaufentscheidung kommt auch der Verkaufsentscheidung eine wichtige Bedeutung für den Anlageerfolg zu. Nach Graham sollten Aktien verkauft werden, wenn sie nach dem Einstieg um über 50 % gestiegen sind oder nach Ablauf von zwei Jahren. Ebenso empfiehlt er den Verkauf, sobald Dividenden-Zahlungen eingestellt werden oder die Gewinne sich so verschlechtern, dass die Kriterien zum Kauf nicht mehr erfüllt sind.
Aktienauswahl nach Benjamin Graham: Bewertungs-Kriterien
- Die Ertragsrendite (Gewinn pro Aktie / Kurs) sollte mindestens doppelt so hoch sein wie die durchschnittliche Rendite von Anleihen mit einem Rating von AAA.
- Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Aktie sollte weniger als 40 % des höchsten KGV der vergangenen fünf Jahre betragen.
- Die Dividendenrendite sollte zwei Drittel der Anleihenrendite betragen.
- Der Aktienkurs sollte nicht mehr als zwei Drittel des Buchwerts betragen.
- Die Börsenkapitalisierung des Unternehmens sollte nicht höher sein als zwei Drittel des Netto-Umlaufvermögens.
Aktienauswahl nach Benjamin Graham: Sicherheits-Kriterien
- Das Fremdkapital sollte nicht das Eigenkapital übersteigen.
- Das Umlaufvermögen sollte so hoch sein wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten.
- Das Fremdkapital sollte geringer sein als das zweifache Netto-Umlaufvermögen.
- Das Gewinnwachstum sollte in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 7 % betragen haben.
- In den letzten zehn Jahren sollte der Gewinnrückgang nicht mehr als zweimal 5 % oder mehr pro Jahr betragen haben.
Was ist der Sicherheitsabschlag nach Benjamin Graham?
Benjamin Graham prägte den Begriff der Sicherheitsmarge („Margin of Safety“). Die Formel besagt, dass man unterschätzte Firmen mit zeitweise niedrigen Aktienpreisen kaufen sollte, falls ihre Grundbestandteile auf längere Sicht vielversprechend sind. Die Sicherheitsmarge im Investment-Bereich ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem eigentlichen Wert. Je größer dieser Unterschied ist, desto attraktiver wird das Investment.
Für Graham sollte eine Aktie unter ihrem fundamentalen, inneren Wert gekauft werden. Graham war darüber hinaus der Meinung, dass Marktbewertungen oft falsch sind. Er verwendete die bekannte „Mr. Market”-Parabel, um eine einfache Wahrheit hervorzuheben: Aktienkurse werden sich in ihrem Wert ständig verändern. Diese Tatsache bietet für Graham als gewitzten Investoren „eine Möglichkeit, klug zu kaufen, wenn die Preise fallen“.
Benjamin Grahams Grundregeln:
- Man sollte nicht auf den Gesamtmarkt achten! Auch in einem teuren Markt gibt es „Sonderangebote“.
- Man sollte keine Aktie kaufen, weil sie gerade gestiegen oder gefallen ist.
- Wenn man eine Aktie kauft, sollte man so tun, als würde man das ganze Unternehmen kaufen.
- Nach spezifischen Zeichen für Value (Wert) sollte gesucht werden. Die attraktivsten Aktien haben ein unterdurchschnittliches KGV, eine hohe Dividendenrendite und ihr Gewinne haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
- Qualität ist relevant. Anfänger sollten nur Standardwerte mit langjährigem Gewinnwachstum kaufen.
- Man muss geduldig sein. Die größten Gewinne kommen aus unterbewerteten Wachstumsaktien, die fünf Jahre oder länger gehalten werden.
Benjamin Grahams Dow-Jones-Strategie
Graham legte sein Augenmerk besonders auf die großen Substanzwerte im Dow Jones. Er schreibt in seinem Buch für Privatanleger „The Intelligent Investor“: „Wichtig bei dieser Anlage-Strategie ist, dass man sich ausschließlich auf die sehr großen Gesellschaften konzentriert. […] Kleinere Gesellschaften erholen sich nach aller Erfahrung kursmäßig nicht so schnell wie die großen. Hinzu kommt, dass die kleineren Gesellschaften untergehen können, während die größeren Unternehmen sich im Normalfall schnell wieder erholen.”
Graham konzentrierte sich also auf die großen Substanzwerte im Dow Jones, weil diese Aktien über eine hohe fundamentale Sicherheit verfügen. Prinzipiell werfen sie eine hohe und sichere Dividende ab. Er riet dann den Anlegern, aus den 30 Dow-Jones-Werten die sechs bis zehn Werte mit dem niedrigsten KGV auszuwählen.
Ausgangslage: Unpopuläre Dow-Aktien werden mit der Zeit populär
Die Werte mit dem niedrigsten KGV erschienen Graham als unpopulär und unterbewertet. Die erworbenen Aktien sollten erst nach Ablauf von ein bis fünf Jahren veräußert werden. Graham ging davon aus, dass der Aktienmarkt Zeit benötigt, um die Unterbewertung einer Aktie abzubauen. Bei Dow-Jones-Werten kann der Anleger neben den Kursgewinnen hohe Dividendenerträge vereinnahmen.
Graham verwies darauf, dass seine Strategie, die unpopulären Aktien im Dow Jones zu kaufen, erfolgreich getestet wurde. In der Zeit von 1937 bis 1969 war die Kursentwicklung der unpopulären Dow-Aktien nur in drei Jahren schlechter als die Dow-Jones-Performance.
Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse der Untersuchung, auf die Graham hinwies. Dabei wurde ein Anfangskapital von 10.000 $ jährlich neu in die zehn Dow-Jones-Aktien mit dem niedrigsten KGV umgeschichtet.
Hier sieht man die jährlichen Durchschnittsergebnisse (in %) von 1937 bis 1969:
Zeitperiode | 10 Dow-Aktien nach Graham | Alle 30 Dow-Aktien |
1937-1942 | -2,2 % | -6,3 % |
1943-1947 | 17,3 % | 14,9 % |
1948-1952 | 16,4 % | 9,9 % |
1953-1957 | 20,9 % | 13,7 % |
1958-1962 | 10,2 % | 3,6 % |
1963-1969 | 8,0 % | 4,0 % |
Wir stellen fest, dass die mechanische Anlage-Strategie von Graham eine deutliche Überperformance gegenüber dem US-Industrieindex Dow Jones aufwies. Graham verschwieg die Tatsache nicht, dass seine Anlage-Strategie nicht in jedem Jahr funktioniert.
Die Anlageergebnisse von 1917 bis 1933 waren nicht überzeugend. Diese Strategie bietet keine absolute Erfolgsgarantie.
Graham lehnt Volatilität als Risiko-Indikator ab
Es bleibt anzumerken, dass Benjamin Graham keine Angaben über die Kursvolatilität der Aktien im Dow Jones machte. Die moderne Wirtschaftswissenschaft setzt die Volatilität der Aktien mit ihrem Risiko gleich. Das lehnt Graham speziell im Falle der 30 führenden Industriewerte im Dow Jones kategorisch ab.
Die Dow-Werte verfügen über ein geringes fundamentales Risiko, sodass eine hohe Kursvolatilität nicht mit einem Vermögensrisiko verbunden ist. Er empfiehlt konservativen Anlegern, sich an bekannten und konservativ finanzierten Aktiengesellschaften zu beteiligen, um das Risiko zu minimieren.
Die Dow-Strategie erfüllt seine Kriterien:
- Man kauft die sechs bis zehn „unpopulärsten” Dow-Jones-Werte.
- Das KGV ist das Primärkriterium für den Grad der Popularität bzw. Unterbewertung der Aktien im Dow Jones. Je niedriger das KGV, desto unpopulärer die Aktie.
- Man hält die Aktien ein bis fünf Jahre lang im Depot, damit der Aktienmarkt die Unterbewertung abbaut.
- Die Strategie ist einfach und besitzt klar definierte Kriterien (emotionslose Strategie).
- Die Strategie erfordert wenig Research-Aufwand.
Was man von Benjamin Graham lernen kann
Nach Grahams Überzeugung ist es die Aufgabe eines Investors, den wahren, objektiven Wert eines Wertpapiers zu ermitteln. Gezahlt wird anschließend weniger als das Papier wert ist. Aus dieser einfachen Feststellung lassen sich mehrere Grundregeln.
Grundregeln von Graham
- Nur investieren, wenn ausreichend viele Informationen für eine realistische Beurteilung des inneren Wertes zur Verfügung stehen.
- Nur investieren, wenn eine Sicherheitsmarge gegeben ist (man weit unter dem Substanzwert kaufen kann).
- Nur investieren, wenn man so lange warten kann, bis der Markt den inneren Wert anerkennt und der Aktienkurs entsprechend steigt.
Dies sind klare Vorgaben der fundamentalen Aktienanalyse nach Benjamin Graham. Emotionen werden kategorisch ausgeschlossen. Kursschwankungen dürfen einen intelligenten Investor nicht zu Panikkäufen oder -verkäufen animieren. Es zählen ausschließlich die Kennzahlen des Unternehmens.
Menschen, die ihre Emotionen nicht kontrollieren können, können nach Graham keinen Erfolg an der Börse haben. Geduld war für ihn immer die oberste Tugend am Aktienmarkt. Die Kunst ist es ein Wertpapier unter Wert einzukaufen. Wenn man das anhand seiner Fundamentalanalyse geschafft hat, benötigt man nur noch genügend Geduld. Denn früher oder später wird der Aktienmarkt die Unterbewertung eines soliden Unternehmens ausgleichen. Dann fährt der intelligente Investor seine Gewinne ein.
1948 fädelt Benjamin Graham seinen berühmtesten Kauf ein. Benjamin Graham investiert ganze 25 % seines Kapitals in den Versicherer GEICO. In den nächsten acht Jahren erzielte er damit eine Rendite von 1.635 %. 1956 löste Benjamin Graham seine Firma auf und verkaufte seine GEICO Anteile.
Wertpapieranalyse ist für Benjamin Graham keine Kunst, sondern ein Zweig der Mathematik. Benjamin Grahams Ansatz ist rein mathematisch und hat den großen Vorteil der Objektivität und der Regelhaftigkeit.
Graham kaufte grundsätzlich nur, wenn der börsennotierte Marktwert unter dem inneren, wahren Unternehmenswert lag. Sein Motto: „Zahle nur 50 Cent für einen Dollar.” Dann wartete Graham, bis der Markt den wahren Wert erkannte. Übrigens: Nichts anderes tut sein Schüler Warren Buffett bis heute!
Die besten Zitate von Benjamin Graham
- „Menschen, die ihre Emotionen nicht kontrollieren können, sind von Gewinnen an der Börse ausgeschlossen.“
- „Geduld ist die oberste Tugend des Investors.“
- „Wenn man billig einkauft, muss man Geduld mitbringen und abwarten, bis der Markt einem zustimmt.“