Das steckt hinter Jevons` Paradoxon und Rebound-Effekt
Wirtschaftstheorien sind das Fundament, auf dem unser Finanzsystem beruht. Einer der Klassiker, oder besser Neoklassiker, ist die Denkschule des Briten William Stanley Jevons (1835 – 1882).
Das sog. Jevons` Paradoxon beschreibt die Beobachtung, dass Sparmaßnahmen letztlich zum vermehrten Verbrauch bestimmter Güter führen. Daraus entsteht eine Dynamik, die auch der Wirtschaft und den Börsen hilft.
Jevons` Wirtschaftstheorie – vom Grenznutzen zum Paradoxon
Jevons, der als Begründer der anglo-amerikanischen Schule gilt, wird meist mit seiner Theorie zum Grenznutzen in Verbindung gebracht. Die Erkenntnis: Mit zunehmendem Verbrauch nimmt der Nutzen eines Gutes für den Konsumenten ab.
Als Jevons dann die Auswirkungen von höherer Effizienz bei technischen Verfahren in der Produktion unter die Lupe nahm, kam er zu folgendem Ergebnis: Die anfänglich beabsichtigten Einsparungen verkehren sich schnell ins Gegenteil und bewirken eine noch stärkere Nachfrage. Deshalb der Begriff Jevons´ Paradoxon.
Zu seiner Zeit ging es um die Auswirkung von neuer Dampfmaschinentechnik auf den Verbrauch von Kohle. Zuvor hatte James Watt mit seiner Dampfmaschine und ihrem dreifach höheren Wirkungsgrad die Produktionstechnik revolutioniert. Zwar verbrauchte jede einzelne Maschine viel weniger Kohle, doch anders als erwartet, legte der Energiebedarf Englands nun erst recht zu.
Effizientere Produktion, sinkende Preise, steigende Nachfrage
Mit effizienterer Produktion sanken die Preise, weshalb die Nachfrage stieg und immer neue Fabriken entstanden. Statt den Rohstoff Kohle einzusparen schoss der Verbrauch nach oben, womit sich bald die bange Frage nach dem Fördermaximum stellte.
Das wiederum wurde in Großbritannien erst in den 1930er Jahren erreicht. Die Frage nach dem weltweiten Ölfördermaximum übrigens wurde ab 1973 durch die Ölkrise aufgeworfen. Ob es 2020 erreicht wird, ist umstritten.
Ähnlich wie bei der Dampfmaschine war der Effekt als ab 1910 die alten Kohlefadenlampen durch neue Glühbirnen mit Wolfram-Fäden abgelöst wurden. Der über ein Viertel geringere Energieverbrauch machte elektrisches Licht für die Massen erschwinglich, der Stromverbrauch stieg rapide an.
Rebound-Effekt – Einsparlücke wird aufgefüllt
Die zentrale Erkenntnis: Die effizientere Nutzung von Ressourcen führt insgesamt zu mehr Nachfrage, mehr Verbrauch und sinkenden Preisen. An der Stelle zeigt sich ein Phänomen, das heute als Rebound-Effekt bezeichnet wird: Einsparpotenziale lassen sich nur zum Teil verwirklichen.
Um genau diesen Rebound-Effekt geht es, wenn aktuell festgestellt wird, dass trotz energiesparender Haushaltsgeräte und Energiesparlampen letztlich mehr Strom verbraucht wird. Nicht anders der Effekt bei spritsparenden Fahrzeugmotoren, Heizungen mit höherem Wirkungsgrad, wärmeisolierten Gebäuden und ähnlichem mehr.
Wohnungen werden nicht mehr verhalten geheizt, jetzt es jetzt schön warm. LED-Lampen erlauben Beleuchtung überall und jederzeit, neue Kühlschränke sind luxuriöser und selbst Kleinwagen haben mehr PS und stromfressende Zusatzgeräte.
Basis für Fortschritt und neue Märkte
Auch heute gilt die Aussage von Jevons: „Anzunehmen, dass die wirtschaftliche Nutzung von Brennstoffen mit einem geringeren Verbrauch einhergeht, ist eine völlige Begriffsverwirrung. Das genaue Gegenteil ist der Fall.”
Jevons` Paradoxon steht zwar für einen verschenkten Effizienzgewinn, doch es ist kein Anlass, für pessimistische Denkmuster. Im Gegenteil. Die beschriebene Dynamik sorgt stets für technische Weiterentwicklungen, sowohl bei Konsumgütern als auch bei der Produktion sowie der Auswahl von Rohstoffen und Energie. Vom Entstehen neuer Märkte, Produkte und Dienstleistungen profitieren nicht zuletzt auch Anleger.